Miteigentum in der Grundstückszwangsversteigerung
Gerne fasse ich den Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 6. Juni 2024 zum Miteigentum in der Grundstückszwangsversteigerung (V ZB 31/23) zusammen.
Dieser Beschluss klärt zwei wichtige Punkte für die Zwangsversteigerung von Grundstücken, die mehreren Personen gemeinsam gehören (Miteigentum oder Bruchteilseigentum):
Der BGH hat die strenge Regel bestätigt, wie Miteigentumsanteile in einer Zwangsversteigerung angeboten werden müssen.
Wenn ein Grundstück im Miteigentum steht – zum Beispiel, weil zwei Personen jeweils eine Hälfte besitzen – muss das Versteigerungsgericht grundsätzlich jeden einzelnen Miteigentumsanteil separat zum Kauf anbieten (§ 63 Abs. 1 S. 1 ZVG).
Im konkreten Verfahren wurde das Grundstück, das zwei Personen je zur Hälfte gehörte, fehlerhaft als Ganzes versteigert. Die Eigentümer hatten dieser Gesamtversteigerung nicht zugestimmt.
Das Gesetz sieht die getrennte Versteigerung vor, weil dadurch in der Regel der höchstmögliche Erlös erzielt werden soll. Die Versteigerung als Ganzes ohne Zustimmung der Eigentümer war ein Verfahrensfehler und hätte eigentlich zur Ablehnung des Zuschlags führen müssen (§ 83 Nr. 2 ZVG).
Ein solcher Verfahrensfehler darf nur in Ausnahmefällen „geheilt“ werden, d.h., der Zuschlag darf trotzdem erteilt werden. Eine Heilung (§84 Abs. 1 ZVG) ist nur möglich, wenn die Rechte des Eigentümers durch den fehlerhaften Zuschlag nicht beeinträchtigt werden.
Der BGH hat klargestellt, dass dies nur dann der Fall ist, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die getrennte Versteigerung der einzelnen Anteile keinen höheren Erlös gebracht hätte als die durchgeführte Gesamtversteigerung.
Es reicht nicht aus, einfach anzunehmen, dass das Gesamtgrundstück leichter zu verkaufen ist als einzelne Anteile. Bereits die Möglichkeit eines niedrigeren Erlöses schließt die Heilung aus. Das Ziel ist immer der bestmögliche Preis für den Schuldner.
Da im Fall nicht bewiesen werden konnte, dass der Erlös bei getrennter Versteigerung nicht höher gewesen wäre, sah der BGH die Rechte des Schuldners als verletzt an. Der Fehler konnte nicht geheilt werden, und der Zuschlag auf das höchste Gebot wurde aufgehoben.
Der zweite Teil des Beschlusses betrifft die Frage, wann und wie Entscheidungen, die das Zwangsversteigerungsverfahren betreffen, angefochten werden können.
Schuldner können wegen einer unzumutbaren Härte die Einstellung der Versteigerung beantragen (Vollstreckungsschutz nach §765a ZPO). Das Gericht hatte einen solchen Antrag des Schuldners abgelehnt.
Der BGH erklärte, dass es einen entscheidenden Unterschied gibt, ob man eine solche Ablehnung vor oder nach dem „Zuschlag“ (dem Moment, in dem das Gericht das Eigentum an den Höchstbietenden überträgt) anfechtet:
Die Ablehnung des Vollstreckungsschutzantrags kann selbstständig mit der sogenannten „sofortigen Beschwerde“ angefochten werden.
Sobald der Zuschlag erteilt ist, kann eine Beschwerde gegen eine Ablehnung der Verfahrenseinstellung nicht mehr isoliert geltend gemacht werden.
Der Schuldner hätte den Punkt des abgelehnten Vollstreckungsschutzes nicht mehr separat verfolgen dürfen. Stattdessen hätte er diesen Ablehnungsgrund nur noch innerhalb seiner Beschwerde gegen den Zuschlag selbst vorbringen können.
Die separat eingelegte Beschwerde gegen die Ablehnung des Härtefallantrags wurde als unzulässig abgewiesen, weil der Zuschlag bereits erteilt war. Ein bereits laufendes Rechtsmittel gegen die Ablehnung des Vollstreckungsschutzes wird durch den Zuschlag gegenstandslos.
Wegen des Verfahrensfehlers bei der Gesamtausbietung der Miteigentumsanteile wurde der Zuschlag auf das Höchstgebot aufgehoben. Der Zuschlag wurde versagt.
Die Beschwerde des Schuldners gegen die Ablehnung des Vollstreckungsschutzes wurde als unzulässig verworfen, da der Zuschlag bereits erfolgt war und dieser Punkt nicht mehr isoliert angefochten werden konnte.
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