Nachbarrecht – Wiederherstellung der durch einen Brand freigelegten gemeinsamen Giebelwand
RA und Notar Krau
Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 22. Januar 2021 (Aktenzeichen V ZR 12/19) dreht sich um einen Nachbarschaftsstreit und eine Hauswand, die durch einen Brand freigelegt wurde. Es geht darum, wer die Kosten für die Wiederherstellung der Wand trägt und ob die Versicherung des Nachbarn dafür aufkommt.
Zwei Nachbarn besaßen Grundstücke, die ursprünglich ein großes Grundstück mit einer Scheune und einem Wohnhaus waren. Das Wohnhaus wurde an die Scheunenwand angebaut. Später wurde das Grundstück geteilt, und die Mauer zwischen Scheune und Wohnhaus wurde zur gemeinsamen Grenze der beiden neuen Grundstücke. Sie wurde also zu einer sogenannten „Nachbarwand“.
Im Jahr 2011 brannte die Scheune ab. Dadurch wurde die vormals geschützte Scheunenwand freigelegt und war nun den Wettereinflüssen ausgesetzt. Der Eigentümer des Wohnhauses (der Kläger) erhielt von seiner Gebäudeversicherung Geld für die Schäden an seinem Haus, die durch den Brand entstanden waren. Nun wollte er aber auch, dass die Nachbarn (die Beklagten), denen das abgebrannte Scheunengrundstück gehörte, die gemeinsame Wand wieder instand setzen. Er forderte, dass die Wand vor Witterung geschützt, gegen Wärmeverlust gedämmt und vor Feuchtigkeit geschützt werde.
Der BGH hat in seinem Urteil mehrere wichtige Punkte geklärt:
Wenn ein Grundstück so geteilt wird, dass eine Giebelmauer, an die auf beiden Seiten angebaut ist, genau auf der neuen Grundstücksgrenze steht, dann wird diese Mauer im Zweifel zu einer gemeinschaftlichen Grenzeinrichtung. Das bedeutet, dass beide Nachbarn Rechte und Pflichten an dieser Wand haben. Dies war hier der Fall, da die Grenze mittig durch die Wand verlief.
Wenn ein Gebäude, das an eine solche gemeinsame Wand angebaut ist, durch einen Brand abbrennt und die Wand dadurch freigelegt wird, sodass ihre Funktion als Abschlusswand für das Nachbargebäude beeinträchtigt wird, dann hat der Nachbar einen Anspruch darauf, dass die Wand wieder funktionsfähig gemacht wird.
Wer ist verantwortlich? Auch wenn der Nachbar, dessen Gebäude abgebrannt ist, nicht unbedingt für den Brand selbst verantwortlich war, ist er dennoch als „Zustandsstörer“ anzusehen. Das bedeutet, dass der Zustand der freigelegten Wand, der die Funktion der Wand beeinträchtigt, von seinem Grundstück ausgeht und er dafür verantwortlich ist, diesen Zustand zu beseitigen.
Was bedeutet „Funktionstüchtigkeit wiederherstellen“? Die Wand muss mindestens wieder so geschützt werden, dass sie keinen Schaden nimmt und keine Feuchtigkeit in das Nachbargebäude eindringt. Das kann durch eine Abdichtung, Verkleidung oder einen Außenputz geschehen.
Es kommt auf den vorherigen Zustand an.
Ob und in welchem Umfang die Wand gedämmt werden muss, hängt davon ab, welche Funktion sie vor dem Brand hatte. Wenn die Scheune das Wohngebäude bereits vor Wärmeverlust geschützt hat, dann muss dieser Schutz wiederhergestellt werden. Es kommt also darauf an, welchen Zustand die Wand zuletzt aufgrund der ursprünglichen Nutzung oder einer gemeinsamen Verbesserung durch die Nachbarn aufwies. Im vorliegenden Fall musste das Gericht noch klären, welchen Wärmeschutz die Scheune vor dem Brand geboten hat.
Der Anspruch des Nachbarn auf Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der freigelegten Giebelwand geht nicht auf seine Gebäudeversicherung über, selbst wenn diese den Brandschaden an seinem eigenen Gebäude reguliert hat.
Warum nicht?
Der Grund dafür ist, dass dieser Anspruch eng mit dem Eigentum am Grundstück verbunden ist und nicht einfach abgetreten werden kann. Es handelt sich um einen sogenannten dinglichen Anspruch, der dazu dient, den Zustand des Eigentums wiederherzustellen.
Die Leistung der Gebäudeversicherung deckt Schäden am versicherten Gebäude ab, nicht aber die Wiederherstellung der Funktion einer gemeinsamen Grenzeinrichtung, die durch das Abrennen des Nachbargebäudes beeinträchtigt wurde. Die Versicherung zahlt für den Schaden, der am eigenen Gebäude entstanden ist, aber nicht für die Pflicht des Nachbarn, die gemeinsame Wand wieder instand zu setzen.
Der BGH hat das Urteil der Vorinstanz teilweise aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Das bedeutet, dass das Gericht noch klären muss, wie stark die Wand gedämmt werden muss, basierend auf dem Zustand der Scheune vor dem Brand. Das Gericht muss auch berücksichtigen, dass die Beklagten wählen können, ob sie die Wand dämmen oder ein neues Gebäude errichten, das die Wand wieder schützt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Nachbar, dessen Gebäude an die gemeinsame Wand angebaut ist, einen Anspruch darauf hat, dass die Wand wieder so funktionsfähig gemacht wird, wie sie vor dem Brand war. Dieser Anspruch muss jedoch von dem Nachbarn, dessen Gebäude abgebrannt ist, erfüllt werden und geht nicht auf die Gebäudeversicherung des betroffenen Nachbarn über.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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