Nachholung einer im Erbscheinserteilungs– und -einziehungsverfahren nicht getroffenen Kostenentscheidung
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Jena vom 23.01.2014 (Az.: 6 W 549/13) befasst sich mit der Nachholung einer vergessenen Kostenentscheidung in einem Erbscheinserteilungs- und Erbscheinseinziehungsverfahren.
Die Erblasserin verstarb im Oktober 2010. Zuvor hatte sie einen Ehe- und Erbvertrag mit ihrem 1986 verstorbenen Ehemann geschlossen, in dem sie sich gegenseitig als Vorerben und dessen Kinder (Beteiligte zu 1 und 2) als Nacherben bestimmten. Nach dem Tod ihres Mannes schlug die Erblasserin jedoch die Erbschaft form- und fristgerecht aus. Später errichtete sie ein handschriftliches Testament, in dem sie ihre Nichte (Beteiligte zu 3) zur Alleinerbin bestimmte.
Das Nachlassgericht Altenburg erteilte zunächst im November 2012 in Unkenntnis der Ausschlagung einen Erbschein zugunsten der Beteiligten zu 1 und 2 aufgrund des Erbvertrags. Nach Einwänden der Beteiligten zu 3 zog das Nachlassgericht diesen Erbschein im Mai 2013 wegen Unrichtigkeit nach § 2361 BGB ein. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 1 wies das OLG Jena im August 2013 zurück.
Sowohl im Erbscheinserteilungsverfahren als auch im Erbscheinseinziehungsverfahren unterblieb eine Kostenentscheidung.
Nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens beantragte die Beteiligte zu 3 im September 2013 nachträglich eine Kostenentscheidung für die erste Instanz, um die Kosten den Beteiligten zu 1 und 2 aufzuerlegen. Das Nachlassgericht gab dem Antrag teilweise statt und auferlegte dem Beteiligten zu 1 die erstinstanzlichen Kosten. Gegen diesen Kostenbeschluss legte der Beteiligte zu 1 Beschwerde ein.
Das OLG Jena gab der Beschwerde des Beteiligten zu 1 statt und verwarf den Kostenantrag der Beteiligten zu 3 als unzulässig.
Im Erbscheinserteilungsverfahren (§§ 2253 ff. BGB) ist eine Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 FamFG Ermessenssache des Nachlassgerichts und muss nur auf Antrag eines Beteiligten getroffen werden.
Eine nachträglich vergessene Kostenentscheidung kann nur im Ergänzungsverfahren nach § 43 FamFG nachgeholt werden (amtlicher Leitsatz). Eine Berichtigung nach § 42 FamFG scheidet mangels offenbarer Unrichtigkeit aus.
Der Antrag auf Ergänzung muss binnen zwei Wochen nach schriftlicher Bekanntgabe der Endentscheidung gestellt werden (§ 43 Abs. 2 FamFG).
Da der Feststellungsbeschluss vom 05.11.2012 dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3 spätestens am 15.03.2013 förmlich bekanntgegeben wurde, begann die Zweiwochenfrist des § 43 Abs. 2 FamFG zu laufen.
Der erst im September 2013 gestellte Kostenantrag war somit deutlich verfristet und die nachgeholte Kostenentscheidung daher unzulässig.
Mangels gerichtlicher Kostenentscheidung tragen die Antragsteller (Beteiligte zu 1 und 2) die Gerichtskosten nach § 2 Nr. 1 KostO (Altfall), aber es findet keine Erstattung außergerichtlicher Kosten statt.
Das Einziehungsverfahren (§ 2361 BGB) ist ein selbstständiges, amtswegiges Verfahren.
Hier muss der Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten (§ 353 Abs. 1 FamFG). Das Fehlen einer solchen Entscheidung stellt eine Entscheidungslücke dar, die ebenfalls nur durch das Ergänzungsverfahren nach § 43 FamFG geschlossen werden kann.
Auch hier war der Antrag der Beteiligten zu 3 im September 2013 verfristet, da die Zweiwochenfrist des § 43 Abs. 2 FamFG durch die Zustellung des Einziehungsbeschlusses vom 15.05.2013 am 27.05.2013 in Gang gesetzt wurde.
Eine Wiedereinsetzung in die Frist (§ 17 FamFG) wurde vom OLG geprüft, aber mangels rechtzeitiger Nachholung der versäumten Rechtshandlung (§ 18 Abs. 2 Satz 2 FamFG) abgelehnt. Das Hindernis (laufendes Beschwerdeverfahren gegen die Einziehungsanordnung) war mit Zugang des abweisenden OLG-Beschlusses am 30.08.2013 weggefallen. Der Kostenantrag ging aber erst am 16.09.2013, und damit nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 18 Abs. 2 Satz 2 FamFG, ein.
Auch in Bezug auf das Einziehungsverfahren war der Ergänzungsantrag unzulässig und wurde verworfen. Die Beteiligte zu 3 wird als Kostenschuldnerin für die Gerichtskosten herangezogen (§ 2 Nr. 5 KostO). Die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Kostenantrag der Beteiligten zu 3 wurde insgesamt als verfristet und unzulässig verworfen, da die Frist zur Nachholung der Kostenentscheidung nach § 43 Abs. 2 FamFG in beiden Verfahren abgelaufen war. Die ursprüngliche Entscheidung des Nachlassgerichts über die Kosten wurde entsprechend abgeändert.
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