Nachlassgericht kann kein Zwangsgeld festsetzen

Juli 19, 2017

Nachlassgericht kann kein Zwangsgeld festsetzen

OLG Karlsruhe 11 W 41/16 (Wx)

Beschluss vom 18. Mai 2016

§ 35 FamFG gibt dem Gericht nicht die Befugnis, einem Beteiligten Verpflichtungen beliebigen Inhalts aufzuerlegen und diese durch Zwangsmittel zu erzwingen.

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Das Nachlassgericht hatte den Beschwerdeführer, den testamentarischen Alleinerben der Erblasserin, aufgefordert, die Anschriften seiner Geschwister mitzuteilen.

Nachdem er dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, verhängte das Nachlassgericht ein Zwangsgeld gegen ihn.

Rechtsfrage:

Kann das Nachlassgericht ein Zwangsgeld verhängen, um die Mitteilung von Anschriften zu erzwingen?

Entscheidung des OLG Karlsruhe:

Das OLG Karlsruhe hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf.

Begründung:

  • Zulässigkeit der Beschwerde:
    • Das OLG Karlsruhe entschied zunächst, dass die Beschwerde des Erben zulässig ist, obwohl das Nachlassgericht das Abhilfeverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt hatte.
    • Die Beschwerde war auch trotz der nicht eingehaltenen Beschwerdefrist zulässig, da dem Erben aufgrund der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung des Nachlassgerichts Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war.
  • Begründetheit der Beschwerde:
    • Das OLG Karlsruhe stellte fest, dass das Nachlassgericht nicht berechtigt war, ein Zwangsgeld zu verhängen, um die Mitteilung der Anschriften zu erzwingen.
    • § 35 FamFG ermächtigt das Gericht zwar, ein Zwangsgeld festzusetzen, wenn die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung durchzusetzen ist.
    • Diese Vorschrift setzt jedoch voraus, dass eine andere Norm des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts dem Gericht die Befugnis zur Auferlegung der jeweiligen Verpflichtung gibt.
    • Eine solche Ermächtigungsgrundlage fehlte im vorliegenden Fall.
    • Weder die Amtsermittlungspflicht des § 26 FamFG noch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten nach § 27 FamFG stellen eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar, um ein Zwangsgeld zur Erzwingung der Mitteilung von Anschriften zu verhängen.

Nachlassgericht kann kein Zwangsgeld festsetzen

Konsequenzen des Beschlusses:

Der Beschluss des OLG Karlsruhe verdeutlicht die Grenzen der Befugnis des Nachlassgerichts, Zwangsmittel anzuordnen.

Das Gericht darf nur dann ein Zwangsgeld verhängen, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage hierfür besteht.

Wichtige Hinweise:

  • § 35 FamFG gibt dem Gericht nicht die Befugnis, einem Beteiligten Verpflichtungen beliebigen Inhalts aufzuerlegen und diese durch Zwangsmittel zu erzwingen.
  • Die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 26 FamFG und die Mitwirkungspflicht der Beteiligten nach § 27 FamFG stellen keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Verhängung eines Zwangsgeldes dar.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Beschluss des OLG Karlsruhe eine wichtige Klarstellung

zu den Voraussetzungen für die Verhängung eines Zwangsgeldes im Nachlassverfahren darstellt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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