Nachlassgerichtliche Genehmigung der dem Nachlasspfleger erteilten Belastungsvollmacht

April 23, 2025

Nachlassgerichtliche Genehmigung der dem Nachlasspfleger erteilten Belastungsvollmacht auch bei der dem Grundstücksverkauf nachfolgenden Grundschuldbestellung

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln) hat in seinem Beschluss vom 18. November 2024 (Az. 2 Wx 192/24) entschieden, dass die nachlassgerichtliche Genehmigung einer Belastungsvollmacht, die ein

Nachlasspfleger im Namen unbekannter Erben erteilt hat, auch dann erforderlich ist, wenn die Vollmacht zur Bestellung einer Grundschuld dient,

die nach dem Verkauf des Nachlassgrundstücks durch die Erwerber erfolgt.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall war die Erblasserin als Eigentümerin eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Nachlassgericht hatte für die unbekannten Erben eine Nachlasspflegerin bestellt.

Diese verkaufte das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 18. April 2024 im Namen des Nachlasses an zwei Käufer.

Der Kaufvertrag enthielt neben der Auflassung und Grundbuchanträgen auch eine umfassende, unwiderrufliche Belastungsvollmacht zugunsten der Käufer.

Diese Vollmacht berechtigte die Käufer, alle zweckmäßigen Erklärungen im Zusammenhang mit der Bestellung und rangrichtigen Eintragung

von Grundpfandrechten am Kaufgegenstand abzugeben, einschließlich der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung.

Die Vollmacht war sofort wirksam und galt über den Tod des Verkäufers hinaus.

Das Nachlassgericht genehmigte am 11. Juni 2024 die Erklärungen der Nachlasspflegerin in der notariellen Urkunde „betreffend Veräußerung des Grundbesitzes“.

Nachlassgerichtliche Genehmigung der dem Nachlasspfleger erteilten Belastungsvollmacht

Gestützt auf die ihnen erteilte Belastungsvollmacht bestellten die Käufer am 11. September 2024 eine Grundschuld auf dem Grundstück zugunsten einer Bank.

In der entsprechenden Urkunde bevollmächtigten die Beteiligten den Notar, die nachlassgerichtliche Genehmigung einzuholen.

Der Notar reichte den Antrag auf Genehmigung am 12. September 2024 beim Nachlassgericht ein.

Das Nachlassgericht lehnte die Genehmigung am 25. September 2024 ab.

Zur Begründung führte es an, dass es keiner Genehmigung nach §§ 1850, 1888 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedürfe, da die Nachlasspflegerin an der Grundschuldbestellung nicht beteiligt gewesen sei.

Zudem liege eine umgrenzte Finanzierungsvollmacht vor, die keine Genehmigungsbedürftigkeit auslöse.

Schließlich fehle es am Rechtsschutzbedürfnis, da das Grundbuchamt eine zusätzliche Genehmigung für entbehrlich halte.

Entscheidung des OLG Köln

Das OLG Köln wies die Auffassung des Nachlassgerichts zurück und gab der Beschwerde der Antragsteller vorläufig statt.

Rechtsschutzbedürfnis

Das OLG stellte zunächst klar, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf nachlassgerichtliche Genehmigung bestehe.

Die Antragsteller seien nicht darauf zu verweisen, zunächst den Eintragungsantrag beim Grundbuchamt zu stellen.

Nachlassgerichtliche Genehmigung der dem Nachlasspfleger erteilten Belastungsvollmacht

Vielmehr könnten sie unabhängig davon vorab die Genehmigung beim Nachlassgericht beantragen, das die Genehmigungsbedürftigkeit selbstständig zu prüfen habe.

Ein Interesse an der Genehmigung bestehe unabhängig von der Auffassung des Grundbuchamts, da andernfalls eine möglicherweise rechtswidrige Eintragung erfolgen würde.

Genehmigungsbedürftigkeit

Das OLG Köln widersprach der Ansicht des Nachlassgerichts, dass die Grundschuldbestellung keiner nachlassgerichtlichen Genehmigung bedürfe.

Die Begründung, dass die Nachlasspflegerin an der Beurkundung der Grundschuld nicht persönlich beteiligt gewesen sei, greife nicht durch.

Denn die Käufer hätten die Zustimmung zur Grundpfandrechtsbestellung im Namen der unbekannten Erben als Verkäufer aufgrund der ihnen von der Nachlasspflegerin erteilten Vollmacht erklärt.

Somit handele es sich um eine Verfügung der Nachlasspflegerin.

Auch die bereits am 11. Juni 2024 erteilte Genehmigung des Kaufvertrags umfasse nicht automatisch die Genehmigung der auf der Belastungsvollmacht beruhenden Grundschuldbestellung.

Das OLG Köln grenzte sich ausdrücklich von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG Düsseldorf) vom 1. August 2023 ab, auf die sich das Nachlassgericht berufen hatte.

Das OLG Düsseldorf hatte in einem obiter dictum die Auffassung vertreten, dass bei einer exakt umgrenzten Belastungsvollmacht

zur Kaufpreisfinanzierung das Betreuungsgericht bereits bei der Genehmigung des Kaufvertrags die Belange des Betreuten berücksichtigen müsse.

Eine spätere Genehmigung der Grundschuldbestellung sei in solchen Fällen eine bloße Förmelei.

Das OLG Köln stellte jedoch fest, dass die Voraussetzungen für eine Übertragung dieser Rechtsauffassung auf den vorliegenden Fall nicht gegeben seien.

Nachlassgerichtliche Genehmigung der dem Nachlasspfleger erteilten Belastungsvollmacht

Zum einen sei die Belastungsvollmacht im Kaufvertrag nicht eng umgrenzt. Zum anderen lasse die Genehmigung vom 11. Juni 2024 nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen,

dass auch die Belastungsvollmacht Gegenstand der Prüfung gewesen sei.

Der Wortlaut des Genehmigungsbeschlusses („betreffend Veräußerung des Grundbesitzes“) deute eher darauf hin, dass sich die Genehmigung allein auf die zur Veräußerung notwendigen Erklärungen bezog.

Auch der Aufbau der Kaufvertragsurkunde spreche dafür, dass die vorgesehene nachlassgerichtliche Genehmigung sich nur auf die vorangehenden Regelungen

und nicht auf die erst später erwähnte Belastungsvollmacht erstrecken sollte.

Da somit eine andere Sachlage als im Fall des OLG Düsseldorf vorliege, ließ das OLG Köln offen, ob der von diesem Gericht vertretenen Abkehr von der herrschenden Meinung zu folgen sei.

Die herrschende Meinung erachte eine eigenständige Genehmigung der auf der Grundlage der Finanzierungsvollmacht vorgenommenen Belastung für erforderlich.

Hinweise für das weitere Verfahren

Das OLG Köln wies das Nachlassgericht an, von der Genehmigungsbedürftigkeit der Grundschuldbestellung auszugehen

und die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung zu prüfen.

In diesem Zusammenhang müsse das Nachlassgericht auch prüfen, ob die Nachlasspflegschaft (und die Verfahrenspflegschaft für die unbekannten Erben)

möglicherweise aufzuheben sei, da die Voraussetzungen dafür entfallen sein könnten.

Aus den Akten ergebe sich, dass die Nachlasspflegerin eine mögliche Erbin benannt habe und deren Betreuerin einen Antrag auf Genehmigung der Erbausschlagung zurückgenommen habe.

Nachlassgerichtliche Genehmigung der dem Nachlasspfleger erteilten Belastungsvollmacht

Die Person des Erben sei bekannt, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit feststehe, wer Erbe sei, ohne dass es eines Erbscheins bedürfe.

Im Falle der Aufhebung der Nachlasspflegschaft trete an die Stelle der Genehmigung des Nachlassgerichts die Genehmigung des Erben (§ 1888 Abs. 1, § 1856 Abs. 3 BGB).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sah das OLG Köln als nicht gegeben an.

Zusammenfassend

Das OLG Köln hat klargestellt, dass die Bestellung einer Grundschuld durch Grundstückserwerber aufgrund einer von einem Nachlasspfleger für unbekannte Erben erteilten Belastungsvollmacht

grundsätzlich der nachlassgerichtlichen Genehmigung bedarf.

Die Genehmigung des Kaufvertrags umfasst nicht automatisch die Genehmigung der auf der Vollmacht beruhenden Grundschuldbestellung,

insbesondere wenn die Belastungsvollmacht nicht eng umgrenzt ist und nicht sicher feststeht, dass sie Gegenstand der Genehmigungsprüfung war.

Diese Entscheidung stärkt den Schutz der Interessen unbekannter Erben im Rahmen der Nachlassverwaltung.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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