Nachlasspflegschaft kann nicht auf Beendigung Mietverhältnis beschränkt werden

August 16, 2017

OLG München 31 Wx 81/12

Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben kann nicht auf die Beendigung des Mietverhältnisses beschränkt werden.

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht München (OLG München) hat in seinem Beschluss vom 20. März 2012 entschieden,

dass die Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben einer verstorbenen Mieterin nicht auf die bloße Beendigung des Mietverhältnisses beschränkt werden kann.

Vielmehr muss der Nachlasspfleger auch die Abwicklung des Mietverhältnisses, einschließlich der Räumung der Wohnung, übernehmen.

Der Fall:

Eine Mieterin verstarb, ohne ein Testament zu hinterlassen und ohne dass die Anschriften ihrer Erben bekannt waren.

Die Vermieterin beantragte daraufhin die Bestellung eines Nachlasspflegers, um das Mietverhältnis kündigen und die Wohnung räumen zu können.

Das Amtsgericht bestellte daraufhin eine Nachlasspflegerin, deren Wirkungskreis jedoch „ausschließlich die Beendigung des Mietverhältnisses“ umfasste.

Die Vermieterin beantragte daraufhin die Erweiterung des Wirkungskreises auf die Räumung und Abwicklung von Ansprüchen aus dem Mietverhältnis.

Nachlasspflegschaft kann nicht auf Beendigung Mietverhältnis beschränkt werden

Das Amtsgericht lehnte dies jedoch ab.

Die Entscheidung des OLG München:

Das OLG München gab der Beschwerde der Vermieterin statt und hob den Beschluss des Amtsgerichts auf.

Das OLG stellte klar, dass die Nachlasspflegschaft gemäß §§ 1960, 1961 BGB anzuordnen ist

und der Wirkungskreis die Vertretung der unbekannten Erben bei Beendigung und Abwicklung des Mietverhältnisses umfasst.

Begründung:

Das OLG begründete seine Entscheidung wie folgt:

  • Zwingende Vorschrift des § 1961 BGB: Nach § 1961 BGB muss das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger bestellen, wenn der Erbe unbekannt ist und ein Nachlassgläubiger die Bestellung zum Zwecke der Geltendmachung eines Anspruchs gegen den Nachlass beantragt hat. Im vorliegenden Fall war die Vermieterin als Gläubigerin antragsberechtigt, da sie einen Anspruch auf Rückgabe der Mietsache hatte.
  • Unmöglichkeit der gerichtlichen Durchsetzung ohne Nachlasspfleger: Ohne die Bestellung eines Nachlasspflegers konnte die Vermieterin ihren Anspruch auf Rückgabe der Mietsache nicht gerichtlich durchsetzen, da eine Klage gegen die unbekannten Erben nicht möglich ist.
  • Unsinnigkeit einer Beschränkung auf die Kündigung: Die Bestellung eines Nachlasspflegers allein zur Entgegennahme der Kündigung wäre unsinnig, da mit der Kündigung das Mietverhältnis nicht vollständig beendet ist. Der Vermieter wäre weiterhin gehindert, die Wohnung selbst zu räumen.
  • Berücksichtigung der Überschuldung des Nachlasses: Das OLG betonte, dass eine Räumung nicht auf Staatskosten erfolgen darf, falls der Nachlass überschuldet ist. Dies kann jedoch nicht dadurch erreicht werden, dass entgegen § 1961 BGB kein Nachlasspfleger bestellt wird. Vielmehr muss das Nachlassgericht prüfen, ob ein Nachlasspfleger bestellt werden kann, der für die unbekannten Erben einen Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens stellen kann (§ 1980 BGB). Kommt dies nicht in Betracht, kann der Wirkungskreis des Nachlasspflegers so erweitert werden, dass er die Dürftigkeitseinrede nach §§ 1990, 1991 BGB erheben kann.

Nachlasspflegschaft kann nicht auf Beendigung Mietverhältnis beschränkt werden

Folgen der Entscheidung:

Das OLG München hat mit seiner Entscheidung klargestellt, dass der Wirkungskreis eines Nachlasspflegers

im Falle eines unbekannten Erben nicht auf die bloße Beendigung des Mietverhältnisses beschränkt werden kann.

Der Nachlasspfleger muss vielmehr auch die Abwicklung des Mietverhältnisses, einschließlich der Räumung der Wohnung, übernehmen.

Dies dient dem Schutz der Interessen des Vermieters und ermöglicht es ihm, seine Ansprüche gegen den Nachlass geltend zu machen.

Fazit:

Die Entscheidung des OLG München ist von großer Bedeutung für die Praxis, da sie die Rechte von Vermietern im Falle des Todes eines Mieters mit unbekannten Erben stärkt.

Sie verdeutlicht, dass die Nachlasspflegschaft ein wichtiges Instrument ist,

um die Abwicklung des Mietverhältnisses zu gewährleisten und die Interessen des Vermieters zu schützen.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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