Anordnung einer Nachlasspflegschaft trotz transmortaler Generalvollmacht
OLG Stuttgart 8 W 147/15
Testamentsvollstrecker
m vorliegenden Fall streiten die Schwestern der Erblasserin (Beteiligte Nr. 1 und 2) mit ihrem Bruder (Beteiligter Nr. 3) über die Gültigkeit eines Testaments vom 16.02.2012.
Nach diesem Testament wären die Schwestern Erben und die Beteiligte Nr. 1 Testamentsvollstreckerin.
Der Bruder hält das Testament aufgrund vermeintlicher Testierunfähigkeit der Erblasserin für unwirksam.
Sollte er Recht behalten, würde ein älteres gemeinschaftliches Testament der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemanns aus dem Jahr 1976 greifen.
In diesem Fall wäre der Bruder neben seinen Schwestern und weiteren Personen Miterbe und Testamentsvollstrecker.
Der Bruder hat Klage vor dem Landgericht Stuttgart erhoben, um die Gültigkeit des älteren Testaments feststellen zu lassen.
Das Landgericht hat beschlossen, Beweis über die Testierunfähigkeit der Erblasserin zu erheben.
Das Nachlassgericht hat daraufhin eine Nachlasspflegschaft angeordnet und einen neutralen Dritten (Beteiligter Nr. 12) zum Nachlasspfleger bestellt.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Schwestern mit der vorliegenden Beschwerde.
Sie argumentieren, dass die Anordnung einer Nachlasspflegschaft unnötig sei, da die Erblasserin ihnen eine über den Tod hinauswirkende Generalvollmacht erteilt habe.
Entscheidung des OLG Stuttgart:
Das OLG Stuttgart hat die Beschwerde der Schwestern zurückgewiesen und die Anordnung der Nachlasspflegschaft bestätigt.
Begründung:
Das Gericht führt aus, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft gemäß § 1960 BGB vorliegen.
Ein Erbe ist im Sinne dieser Vorschrift unbekannt, wenn das Nachlassgericht nicht ohne umfangreiche Ermittlungen feststellen kann, wer Erbe geworden ist.
Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn konkrete Zweifel an der Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung bestehen,
wie hier durch die Klage des Bruders und die beabsichtigte Beweisaufnahme des Landgerichts.
Zwar entfällt das Bedürfnis für eine Nachlasspflegschaft in der Regel, wenn ein Testamentsvollstrecker vorhanden
ist oder der Erblasser eine transmortale Generalvollmacht erteilt hat.
Im vorliegenden Fall ist jedoch beides nicht gegeben.
Die Person des Testamentsvollstreckers ist ungewiss, da im angefochtenen Testament die Schwester zur Testamentsvollstreckerin
bestimmt wurde, während nach dem älteren Testament der Bruder Testamentsvollstrecker wäre.
Auch die von der Erblasserin erteilte transmortale Generalvollmacht führt nicht zum Entfallen des Fürsorgebedürfnisses.
Zum einen bestehen an der Wirksamkeit der Vollmacht dieselben Zweifel wie an der Gültigkeit des Testaments,
da beide zum gleichen Zeitpunkt und unter Umständen erstellt wurden, die die Testierfähigkeit der Erblasserin infrage stellen.
Zum anderen sind die Schwestern als Bevollmächtigte selbst am Nachlass beteiligt und in einen Rechtsstreit mit ihrem Bruder verwickelt.
Um Zweifel an ihrer Neutralität zu vermeiden, ist die Bestellung eines neutralen Nachlasspflegers nicht ermessensfehlerhaft.
Fazit:
Das OLG Stuttgart bestätigt die Anordnung der Nachlasspflegschaft, da aufgrund des Rechtsstreits über die Gültigkeit des Testaments
und der damit verbundenen Ungewissheit über die Person des Erben und Testamentsvollstreckers ein Sicherungs- und Verwaltungsbedürfnis für den Nachlass besteht.
Die transmortale Generalvollmacht steht dem nicht entgegen, da auch an ihrer Wirksamkeit Zweifel bestehen und die Bevollmächtigten selbst am Nachlass beteiligt sind.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.