Nachlassverfahren Einziehung eines Eröffnungsprotokolls 

August 21, 2017

Nachlassverfahren Einziehung eines Eröffnungsprotokolls

AG Halle (Saale) 40 VI 128/12

Nachlassverfahren:

Anspruch auf Einziehung eines Eröffnungsprotokolls nebst notariellem Testament bzw. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen ein Mitglied der Erbengemeinschaft

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Amtsgericht Halle (Saale) hat entschieden, dass die Einziehung eines Eröffnungsprotokolls nebst notariellem Testament im Nachlassverfahren nicht möglich ist.

Ebenso wenig kann das Nachlassgericht eine einstweilige Anordnung gegen ein Mitglied der Erbengemeinschaft erlassen, um ein bestimmtes Verhalten zu verbieten.

Sachverhalt:

Nach dem Tod der Erblasserin stritten die Beteiligten über die Gültigkeit eines notariellen Testaments.

Die Antragsteller beantragten im Wege der einstweiligen Anordnung

  1. die Einziehung des Eröffnungsprotokolls und des Testaments und
  2. den Antragsgegnern zu verbieten, diese Unterlagen im Rechtsverkehr zu verwenden.

Entscheidung des Amtsgerichts:

Das Amtsgericht wies beide Anträge zurück.

Begründung:

Nachlassverfahren Einziehung eines Eröffnungsprotokolls

  • Einziehung des Eröffnungsprotokolls:

    • Die §§ 352 Abs. 3, 353 FamFG erlauben nicht die Einziehung eines Eröffnungsprotokolls nebst notarieller letztwilliger Verfügung.
    • Ein Einziehungsverfahren ist im FamFG nur für Erbscheine vorgesehen.
    • Das Eröffnungsprotokoll und die Mitteilung über den Inhalt des Testaments genießen keinen öffentlichen Glauben, der durch eine Einziehung geschützt werden müsste.
    • Das Gesetz schreibt im Gegenteil vor, dass das Gericht den Beteiligten den Inhalt der letztwilligen Verfügung bekannt gibt.
    • Die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen die Ankündigung der Eröffnung einzulegen, ist mit dem FamFG entfallen.
    • Sollten die Antragsteller befürchten, dass die Antragsgegner die Unterlagen beim Grundbuchamt als Erbnachweis verwenden, können sie eine einstweilige Anordnung nach § 76 GBO beantragen.
    • Auch eine analoge Anwendung der §§ 2361 BGB, 352 Abs. 3, 353 FamFG auf das Eröffnungsprotokoll ist nicht möglich.
    • Banken haben ein Ermessen, ob sie die Vorlage eines Erbscheins verlangen oder sich mit anderen Unterlagen begnügen. Gegen die Ausübung dieses Ermessens haben die Antragsteller die normalen Rechtsschutzmöglichkeiten.
  • Verbotsantrag:

    • § 49 FamFG erlaubt dem Nachlassgericht nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen ein anderes Mitglied einer Erbengemeinschaft auf Verbot eines bestimmten Verhaltens.
    • Der Verbotsantrag betrifft keine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
    • Für die mit dem Verbotsantrag verfolgten Ziele gelten die allgemeinen Regelungen über den vorläufigen Rechtsschutz.
    • Die Antragsteller müssten die Zivilgerichte anrufen, um ein solches Verbot zu erwirken.
    • Im Übrigen haben die Antragsteller keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
    • Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegner die Rechte der Antragsteller gefährden.
    • Es spricht eher dafür, dass alle Beteiligten aufgrund des vorausgegangenen Betreuungsverfahrens über die Unwirksamkeit der Vollmachten informiert und entsprechend vorsichtig im Umgang mit dem Testament sind.

Nachlassverfahren Einziehung eines Eröffnungsprotokolls

Fazit:

Der Beschluss verdeutlicht, dass die Einziehung eines Eröffnungsprotokolls im Nachlassverfahren nicht möglich ist.

Ebenso wenig kann das Nachlassgericht eine einstweilige Anordnung gegen ein Mitglied der Erbengemeinschaft erlassen, um ein bestimmtes Verhalten zu verbieten.

Für solche Anliegen müssen die Zivilgerichte angerufen werden.

RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein konstenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Trauer Grabstein

Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDR

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDRZusammenfassung: BGH, Urteil vom 07.03.2001 – IV ZR…
Portrait Lana Berloznik Kanzlei Krau Rechtsanwälte

Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als Gesamtschuldner

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als GesamtschuldnerHier ist eine Zusammenfassung des Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm (Az.: 1…
Apartmenthaus Wohnungseigentum

Beschlussmängelverfahren: Verwalterbestellung durch den teilenden Eigentümer in der „Aufteilungsphase“

November 5, 2025
Beschlussmängelverfahren: Verwalterbestellung durch den teilenden Eigentümer in der „Aufteilungsphase“ – Heilung von Einberufungsmängeln durch „Voll…