Nachlaßverwaltung bei Personengesellschaft – BGH Urteil vom 30. März 1967 – II ZR 102/65
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. März 1967 befasst sich mit der Nachlassverwaltung bei einer Personengesellschaft
und den rechtlichen Konsequenzen einer widerrechtlichen Drohung oder arglistigen Täuschung im Zusammenhang mit einem Gesellschaftsvertrag.
Im Kern geht es darum, ob ein Gesellschaftsvertrag, der unter solchen Bedingungen zustande gekommen ist, angefochten
und rückgängig gemacht werden kann, und welche Rechte der Nachlassverwalter in diesem Kontext hat.
Der Erblasser, ein Zimmermeister namens W P, betrieb ein Sägewerk mit Zimmerei und Bautischlerei.
Nachdem sein ältester Sohn W im Januar 1957 starb, schloss W P mehrere Verträge, unter anderem einen Gesellschaftsvertrag
mit einem anderen Sohn W P am 16. Februar 1957, wonach das Unternehmen als offene Handelsgesellschaft fortgeführt werden sollte.
Später, am 23. Oktober 1957, trat W P jedoch in einen neuen Gesellschaftsvertrag mit der Beklagten (seiner Tochter) ein und kündigte den Vertrag mit seinem Sohn.
Dieser neue Vertrag wurde im Handelsregister eingetragen.
Der Kläger, Nachlassverwalter nach dem Tod des Erblassers, behauptete, der Vertrag mit der Beklagten sei aufgrund Geschäftsunfähigkeit
des Erblassers sowie arglistiger Täuschung und Drohung durch die Beklagte nichtig.
Das Landgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht hingegen wies sie ab.
Der Kläger legte Revision ein.
Der BGH stellte fest, dass der Nachlassverwalter gemäß § 1985 Abs. 1 BGB die Nachlassgegenstände verwalten und über sie verfügen kann.
Diese Befugnisse erstrecken sich allerdings nicht auf persönliche Rechte des Erben als Gesellschafter.
Der Nachlassverwalter kann daher nicht in eigenen Namen prozessual tätig werden, wenn es um die Frage geht, ob der Erbe als Gesellschafter in einer Personengesellschaft bleibt oder ausscheidet.
Geschäftsfähigkeit des Erblassers
Das Berufungsgericht hatte geprüft, ob der Erblasser beim Abschluss des Gesellschaftsvertrages am 23. Oktober 1957 geschäftsunfähig war, und dies verneint.
Es argumentierte, dass die altersbedingte Gefäßerkrankung des Erblassers einen langsam fortschreitenden Verlauf hatte
und die Krankheitssymptome im September und Oktober 1957 noch nicht so schwerwiegend waren, dass die freie Willensbildung des Erblassers ausgeschlossen gewesen wäre.
Arglistige Täuschung und Drohung
Der Kläger behauptete, die Beklagte habe den Erblasser durch Drohungen und Täuschungen zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages veranlasst.
Das Berufungsgericht hatte festgestellt, dass der Erblasser den Vertrag aus verständlichen Gründen abgeschlossen habe,
nachdem er sich durch einen Entwurf eines Übergabevertrages seines Sohnes unter Druck gesetzt gefühlt hatte.
Der Erblasser habe den Eindruck gehabt, sein Sohn wolle das Unternehmen noch zu Lebzeiten ganz übernehmen, was zu einem Bruch und zur Kündigung des Vertrages führte.
Es bestand somit kein ausreichender Beweis für eine geschäftsunfähige Willensbildung aufgrund von Täuschung oder Drohung durch die Beklagte.
Übernahmerecht und Anfechtung
Der BGH erörterte, ob die Anfechtung des Gesellschaftsvertrages durch den Gebrechlichkeitspfleger des Erblassers wirksam gewesen sei.
Die Anfechtung aus Gründen der arglistigen Täuschung oder Drohung könnte rechtlich anerkannt werden,
wenn sie von schutzwürdigen Interessen des Erblassers getragen wäre, da eine solche Täuschung oder Drohung die Grundlage des Vertragsverhältnisses zerstören würde.
Rechtsgestaltende Übernahmeerklärung
Der BGH prüfte, ob eine rechtsgestaltende Übernahmeerklärung als Folge der Anfechtung rechtlich möglich ist.
Die Zuerkennung eines Übernahmerechts im Fall von Täuschung oder Drohung sei unter gewissen Umständen gerechtfertigt,
um den betroffenen Gesellschafter vor den Konsequenzen eines auf Täuschung oder Drohung beruhenden Vertrages zu schützen.
Der BGH bejahte dies im Grundsatz, was dem Kläger die Möglichkeit eröffnen könnte, durch eine solche Erklärung das Unternehmen ohne Liquidation zu übernehmen.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
Das Berufungsgericht muss nun prüfen, ob die Beklagte den Erblasser tatsächlich durch Täuschung oder Drohung zum Vertragsabschluss veranlasst hat
und ob der Gebrechlichkeitspfleger wirksam den Gesellschaftsvertrag angefochten und eine Übernahmeerklärung abgegeben hat.
Sollte dies der Fall sein, könnte der Kläger die Herausgabe des Geschäftsvermögens verlangen.
Zusammenfassend stellt das Urteil klar, dass der Nachlassverwalter nicht über persönliche Rechte des Erben in einer Gesellschaft verfügen kann, dass Geschäftsunfähigkeit streng nachgewiesen werden muss,
und dass unter Umständen ein durch Drohung oder Täuschung geschlossener Gesellschaftsvertrag durch eine rechtsgestaltende Übernahmeerklärung angefochten werden kann,
um dem benachteiligten Gesellschafter umfassenden Rechtsschutz zu gewähren.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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