Nachrücken eines Abkömmlings als Ersatzerbe – OLG Frankfurt Beschluss 9.1.1998 – 20 W 595/95
RA und Notar Krau
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschied am 09. Januar 1998 (Beschluss – 20 W 595/95) in einem Fall über die Ersatzerbeneinsetzung bei einem gemeinschaftlichen Testament.
Es ging um die Frage, ob Abkömmlinge eines vorverstorbenen Erben als Ersatzerben nachrücken und ob die Wechselbezüglichkeit der ursprünglichen Erbeinsetzung auch für Ersatzerben gilt.
Eine Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann hatten 1984 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben und ihre beiden Töchter zu gleichen Teilen als Schlusserben eingesetzt hatten.
Nach dem Tod des Ehemanns erhielt die Erblasserin 1987 einen Erbschein, der sie als Alleinerbin auswies. Sie errichtete später zwei weitere Testamente (1991 und 1994), in denen sie eine ihrer Töchter zur Alleinerbin einsetzte.
Die andere Tochter war bereits 1990 verstorben und hinterließ zwei adoptierte Kinder.
Das Amtsgericht Wolfhagen hatte am 25. Januar 1995 einen Vorbescheid erlassen, der die Erteilung eines Erbscheins an die beiden Adoptivkinder (Beteiligte zu 2 und 3) ankündigte.
Die Beschwerde der noch lebenden Tochter wurde vom Landgericht Kassel am 20. Oktober 1995 zurückgewiesen.
Daraufhin legte diese Tochter eine weitere Beschwerde beim OLG Frankfurt ein.
Das OLG Frankfurt wies die weitere Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen.
Die wesentlichen Erwägungen waren wie folgt:
Auslegungsregel des § 2069 BGB:
Diese Regel besagt, dass bei Wegfall eines eingesetzten Abkömmlings dessen Abkömmlinge als Ersatzerben nachrücken, sofern nichts anderes im Testament bestimmt ist.
Das OLG entschied, dass diese Regel auch für die Schlusserbeneinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament gilt.
Dies bedeutet, dass die beiden adoptieren Kinder der vorverstorbenen Tochter als Ersatzerben nachrücken.
Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung:
Nach § 2270 BGB sind wechselbezügliche Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament bindend.
Das OLG stellte fest, dass die Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung sich auch auf die Ersatzerben erstreckt, weil diese zu dem Personenkreis nach § 2270 Abs. 2 BGB gehören.
Kein entgegenstehender Wille der Erblasser:
Das Landgericht und das OLG fanden keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Erblasser die Ersatzerbfolge der adoptierten Enkelkinder ausschließen wollten.
Trotz vorgebrachter Zeugenaussagen, die behaupteten, dass die Erblasser keine Adoptivenkel als Erben wollten, sah das OLG keinen Grund, diesen Aussagen zu folgen, da sie sich teilweise widersprachen und keine klare Testierabsicht belegen konnten.
Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments:
Die nachträglichen Testamente der Erblasserin (1991 und 1994) wurden als unwirksam betrachtet, da sie gegen die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments verstießen.
Die Erblasserin konnte nach dem Tod ihres Ehemanns die Schlusserbeneinsetzung der Beteiligten zu 2 und 3 nicht mehr aufheben.
Das OLG Frankfurt bestätigte die Entscheidung, dass die Adoptivkinder der vorverstorbenen Tochter als Ersatzerben nach § 2069 BGB nachrücken und somit Anspruch auf den Nachlass haben.
Die späteren Testamente der Erblasserin, die eine andere Erbeinsetzung vorsahen, wurden als unwirksam erklärt, da sie gegen die Wechselbezüglichkeit des gemeinschaftlichen Testaments verstießen.
Kostenentscheidung
Die Beteiligten zu 1 a bis c wurden zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2 und 3 im Verfahren der weiteren Beschwerde verurteilt.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wurde auf 64.302,50 DM festgesetzt.
Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung der gesetzlichen Auslegungsregeln und der Wechselbezüglichkeit bei gemeinschaftlichen Testamenten sowie die Notwendigkeit klarer Testierabsichten, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.