Nacherbschaft Einziehung eines zugunsten einer Stiftung erteilten Erbscheins – KG Berlin Beschluss 30.12.2015 – 6 W 46/15
RA und Notar Krau
Das Kammergericht Berlin (KG) hat in seinem Beschluss vom 30. Dezember 2015 (Az. 6 W 46/15) über die Einziehung eines zugunsten einer Stiftung erteilten Erbscheins entschieden.
Der Fall betraf die Nacherbschaft einer 1927 errichteten Stiftung und den Umgang mit einem 1972 erteilten Erbschein.
Hier sind die wesentlichen Punkte zusammengefasst:
Der Erblasser hatte in seinem handschriftlichen Testament von 1927 festgelegt, dass seine Tochter seine alleinige Erbin sein sollte.
Für den Fall, dass seine Tochter kinderlos und ohne hinterbliebenen Ehemann verstirbt, verfügte er, dass ¾ seines Nachlasses in eine noch zu errichtende Stiftung („N… L…-Stiftung“) übergehen sollen, die verarmte, würdige Mitglieder seiner Familie unterstützen soll.
Nach dem Tod der Tochter des Erblassers im Jahr 1968, die kinderlos und verwitwet verstarb, wurde 1972 ein Teil-Erbschein zugunsten der „N… L…-Stiftung“ in der Schweiz erteilt.
Einziehung des Erbscheins (§ 2361 BGB):
Das Nachlassgericht muss bei der Entscheidung über die Einziehung eines Erbscheins die Rechtslage berücksichtigen, die zum Zeitpunkt der ursprünglichen Erteilung galt.
Der 1972 erteilte Erbschein musste nach den damals geltenden Vorschriften des BGB geprüft werden.
Einsetzung einer noch zu errichtenden Stiftung als Erbin:
Der Erblasser kann auch eine noch zu errichtende Stiftung als Erbin einsetzen, sofern der Stiftungszweck, der Name, der Sitz, das Vermögen und die Bildung des Stiftungsorgans benannt wurden (§ 2065 Abs. 2 BGB).
Nacherbeneinsetzung (§ 2109 BGB):
Die Einsetzung der Nacherben bleibt auch nach Ablauf von dreißig Jahren nach dem Erbfall wirksam, wenn bestimmte Ereignisse wie der Tod der Vorerbin eintreten, wobei die Person, auf die sich das Ereignis bezieht, zum Zeitpunkt des Erbfalls noch leben muss (§ 2109 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB).
Fiktion der Stiftungserrichtung (§ 84 BGB):
Eine Stiftung gilt für Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tode entstanden, wenn sie erst nach dem Tod genehmigt wurde.
Diese Regelung kann auch auf Stiftungen unter Lebenden angewendet werden, sofern der Stifter vor der Genehmigung stirbt.
Ermittlung des wirklichen Willens des Erblassers:
Das Gericht muss den wirklichen Willen des Erblassers herausfinden und dabei auch ergänzende Testamentsauslegungen nutzen (§§ 133, 2084 BGB).
Es musste geprüft werden, ob die nachträglich errichtete Stiftung den vom Erblasser vorgegebenen Zweck erfüllt.
Gerichtliche Entscheidung
Das Kammergericht hob den Beschluss des Nachlassgerichts Schöneberg vom 27. November 2014 auf und wies das Nachlassgericht an, den Erbschein zugunsten der „N… L…-Stiftung“ einzuziehen.
Unstimmigkeiten zwischen Testament und Stiftung:
Die im Jahr 1971 in der Schweiz errichtete Stiftung entsprach nicht der im Testament von 1927 vorgesehenen Stiftung.
Es bestanden erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Stiftungszwecks, des Sitzes und der Organisation der Stiftung.
Fehlende Übereinstimmung:
Die nachträglich errichtete Stiftung in der Schweiz hatte nicht den spezifischen, im Testament genannten Zweck, nämlich die Unterstützung verarmter, würdiger Familienmitglieder.
Stattdessen verfolgte sie allgemeine wohltätige Zwecke ohne direkten Bezug zur Familie des Erblassers.
Erbenbestimmung und Bestimmtheit:
Der Erblasser hatte klare Vorstellungen von den Personen, die von seinem Nachlass profitieren sollten. Diese Hierarchie wurde durch die nachträglich errichtete Stiftung nicht gewahrt, da sie nicht auf die Familie des Erblassers fokussiert war.
Falsche Erbin:
Die Beteiligte zu 2), die „N… L…-Stiftung“ in der Schweiz, konnte daher nicht als die vom Erblasser eingesetzte Nacherbin angesehen werden.
Der zu ihren Gunsten erteilte Teil-Erbschein war somit unrichtig und musste eingezogen werden.
Der Beschluss des Kammergerichts verdeutlicht die Bedeutung der genauen Erfüllung testamentarischer Bestimmungen und der Bestimmtheit bei der Einsetzung von Erben.
Eine nachträglich errichtete Stiftung muss in ihrem Zweck und ihrer Organisation strikt den im Testament festgelegten Vorgaben entsprechen, um als Nacherbin anerkannt zu werden.
Andernfalls ist ein zu ihren Gunsten erteilter Erbschein unrichtig und muss eingezogen werden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.