Notarieller Erbvertrag: Wirkung eines Pflichtteilsverzichts für die Abkömmlinge des Verzichtenden
Gericht: OLG Koblenz 10. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 06.06.2011
Aktenzeichen: 10 U 150/11
Dokumenttyp: Beschluss
Verfahrensgang
vorgehend LG Koblenz, 17. Januar 2011, 15 O 225/10
Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat in diesem Beschluss vom 06.06.2011 (Az.: 10 U 150/11) eine wichtige Frage im Erbrecht geklärt: Wirkt ein notariell erklärter Pflichtteilsverzicht auch für die Kinder (Abkömmlinge) des Verzichtenden?
Die Mutter der Kläger hatte in einem notariellen Erbvertrag gegenüber ihrem Vater (dem späteren Erblasser) auf ihr Pflichtteilsrecht verzichtet. Nach dem Tod des Erblassers klagten nun ihre Kinder (die Enkel des Erblassers) auf Auskunft, weil sie meinten, selbst pflichtteilsberechtigt zu sein. Sie argumentierten, der Verzicht ihrer Mutter würde sie nicht betreffen, und beriefen sich unter anderem auf die Formulierung des Vertrages („Ich-Form“) und spätere Testamente des Großvaters, in denen er sie als Erben eingesetzt hatte.
Der Pflichtteil ist ein gesetzlicher Mindestanspruch am Nachlass, der nahen Angehörigen (Abkömmlingen, Ehegatten, Eltern) zusteht, wenn sie enterbt wurden.
Hier kommen zwei wichtige Paragraphen ins Spiel:
Das OLG Koblenz hat die Klage abgewiesen und dem erstinstanzlichen Landgericht zugestimmt:
1. Die Erstreckung auf die Enkel (Kläger) ist der Regelfall.
2. Die „Ich-Form“ ändert nichts.
3. Eine Abweichung muss im Vertrag stehen.
4. Spätere Testamente sind irrelevant.
Wenn ein Abkömmling auf den Pflichtteil verzichtet, sind grundsätzlich auch seine Kinder vom Pflichtteil ausgeschlossen. Will man das verhindern, muss dieser Ausschluss explizit und eindeutig im notariellen Verzichtsvertrag festgehalten werden. Ohne eine solche Bestimmung in der Urkunde gilt die gesetzliche Regelung, auch wenn der Verzichtende nur in der „Ich-Form“ spricht.
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