Der Kläger, Geschäftsführer einer GmbH, verklagte die Beklagte auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus einem notariellen Grundstückskaufvertrag.
Die GmbH hatte von der Beklagten ein Grundstück erworben, auf dem nach Abriss der bestehenden Gebäude ein Wohn- und Geschäftsgebäudekomplex errichtet werden sollte.
Im Kaufvertrag wurde auf ein Bodengutachten aus dem Jahr 1992 Bezug genommen, das jedoch nicht mitbeurkundet wurde.
Der Kläger machte geltend, dass der Kaufvertrag wegen der fehlenden Mitbeurkundung des Bodengutachtens nichtig sei.
Zudem sei der Kaufpreis nicht fällig, da das Grundstück mit einem Mangel (Bodenverunreinigung) behaftet sei.
notarieller Grundstückskaufvertrag Mitbeurkundung Bodengutachten
Entscheidung des OLG Hamm:
Das OLG Hamm änderte das Urteil des Landgerichts ab und wies die Klage ab.
Begründung:
- Zulässigkeit der Klage:
Das OLG bestätigte die Zulässigkeit der Klage als prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO.
Der Kläger sei aktivlegitimiert, da er sich in der notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung auch in sein Vermögen unterworfen habe.
- Unwirksamkeit des Kaufvertrags:
Das OLG Hamm entschied, dass die fehlende Mitbeurkundung des Bodengutachtens die Wirksamkeit des Kaufvertrags nicht beeinträchtigt.
Begründung:
notarieller Grundstückskaufvertrag Mitbeurkundung Bodengutachten
- Echte vs. unechte Verweisung: Eine Mitbeurkundung ist nur bei einer „echten Verweisung“ erforderlich, d.h. wenn das Schriftstück eigene rechtsgeschäftliche Regelungsinhalte enthält. Im vorliegenden Fall lag jedoch eine „unechte Verweisung“ vor, da das Bodengutachten lediglich beschreibenden Charakter hatte und nicht die vertragliche Beschaffenheit des Grundstücks bestimmte.
- Umfassender Gewährleistungsausschluss: Die Parteien hatten einen umfassenden Gewährleistungsausschluss vereinbart. Die Beklagte hatte keine Garantien für die Beschaffenheit des Bodens übernommen.
- Freistellungsverpflichtung: Die Freistellungsverpflichtung der Erwerberin war im Vertrag eindeutig definiert und bedurfte keines Rückgriffs auf das Bodengutachten.
- Fälligkeit des Kaufpreises:
Das OLG entschied, dass der Kaufpreisanspruch der Beklagten fällig ist.
Begründung:
- Kein Leistungsverweigerungsrecht: Der Kläger könne sich nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht wegen des Mangels berufen, da er die Wirksamkeit des Kaufvertrags bestreite und damit seine eigene Vertragstreue fehle.
- Angebot der Mängelbeseitigung: Die Beklagte hatte die Beseitigung des Mangels angeboten.
Ergebnis:
Die Klage wurde abgewiesen, da der Kaufvertrag wirksam und der Kaufpreisanspruch fällig ist.
Leitsatz:
Wird in einem notariellen Grundstückskaufvertrag auf ein Bodengutachten Bezug genommen, bedarf es dessen Mitbeurkundung jedenfalls dann nicht,
wenn das Bodengutachten nicht die vertragliche Beschaffenheit der Kaufsache bestimmt und damit keinen eigenen rechtsgeschäftlichen Regelungsinhalt aufweist.
In diesem Fall liegt nur eine sog. unechte oder erläuternde Verweisung vor.