Notbestellung Vereinsvertreter bei ungültigen Vorstandswahlen

Januar 13, 2025

KG 22 W 32/22 Notbestellung Vereinsvertreter bei ungültigen Vorstandswahlen

Beschluss vom 4.7.2022

RA und Notar Krau

Der Beschluss des Kammergerichts (KG) Berlin vom 4.7.2022 befasst sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Notbestellung

eines organschaftlichen Vertreters eines Vereins gemäß § 29 BGB zulässig ist, insbesondere wenn die Notwendigkeit einer solchen Bestellung mit der Ungültigkeit von Vorstandswahlen begründet wird.

Kernaussagen des Beschlusses:

  • Voraussetzungen für eine Notbestellung: Eine Notbestellung nach § 29 BGB ist nur dann möglich, wenn die erforderliche Anzahl an Vorstandsmitgliedern fehlt und die zeitweise Behebung dieses Mangels dringend ist, um drohenden Schaden abzuwenden oder notwendige Handlungen zu ermöglichen. Der Verein muss den Mangel selbst nicht beheben können.
  • Ungültigkeit von Vorstandswahlen: Wird die Notbestellung mit der Ungültigkeit von Vorstandswahlen begründet, muss diese entweder feststehen oder mit geringem Aufwand feststellbar sein. Ist die Ungültigkeit voraussichtlich nur durch ein umfangreiches Beweisverfahren zu klären, kann der Antragsteller zunächst auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden. Bei Parteien besteht zudem die Möglichkeit, das Parteischiedsgericht anzurufen.

KG 22 W 32/22 Notbestellung Vereinsvertreter bei ungültigen Vorstandswahlen

  • Konkreter Fall: Im vorliegenden Fall beantragte ein Mitglied einer Partei die Bestellung eines Notvorstands, da seiner Ansicht nach die auf einem virtuellen Parteitag durchgeführten Vorstandswahlen ungültig waren. Das Amtsgericht (AG) lehnte den Antrag ab, da die Ungültigkeit der Wahlen nicht feststand und der Verein bereits über einen gewählten Vorstand verfügte. Die Beschwerde gegen diese Entscheidung hatte vor dem KG keinen Erfolg.
  • Begründung des KG: Das KG bestätigte die Entscheidung des AG. Es führte aus, dass die Ungültigkeit der Vorstandswahlen nicht feststand und auch nicht mit vertretbarem Aufwand festgestellt werden konnte. Ein solches Feststellungsverfahren wäre im Rahmen eines Zivilprozesses durchzuführen. Solange die Ungültigkeit nicht gerichtlich festgestellt ist, ist von der Vertretungsbefugnis des gewählten Vorstands auszugehen. Selbst wenn die Wahlen später für ungültig erklärt werden sollten, handele es sich um einen „faktischen Vorstand“, dessen Handlungen sich der Verein nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht zurechnen lassen müsse.
  • Kein dringender Handlungsbedarf: Das KG sah im konkreten Fall auch keinen dringenden Handlungsbedarf, der eine sofortige Notbestellung rechtfertigen würde. Der Antragsteller hatte weder einen drohenden Schaden dargelegt noch die Notwendigkeit einer sofortigen Handlung durch einen vertretungsberechtigten Vorstand.

Fazit:

Der Beschluss des KG verdeutlicht die hohen Hürden für eine Notbestellung eines Vereinsvertreters gemäß § 29 BGB.

Insbesondere bei einer Begründung mit der Ungültigkeit von Vorstandswahlen ist Zurückhaltung geboten.

KG 22 W 32/22 Notbestellung Vereinsvertreter bei ungültigen Vorstandswahlen

Solange die Ungültigkeit nicht feststeht, ist grundsätzlich von der Vertretungsbefugnis des gewählten Vorstands auszugehen.

Eine Notbestellung kommt nur in Betracht, wenn die Ungültigkeit der Wahlen entweder evident ist oder mit geringem Aufwand festgestellt werden kann und zudem ein dringender Handlungsbedarf besteht.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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