Nottestament vor drei Zeugen – BGH Beschluss vom 01. Juni 1970 – III ZB 4/70

Juli 12, 2020

Nottestament vor drei Zeugen – BGH Beschluss vom 01. Juni 1970 – III ZB 4/70

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Tenor

Die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 16. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 27. Oktober 1969 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der weiteren Beschwerde einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten F Z und G Z hat der Antragsteller zu tragen.

Gründe

I.

Sachverhalt

Am 1. Oktober 1967 verstarb Margarete S im Krankenhaus M an den Folgen einer Magenkrebsoperation.

Am Tag vor ihrem Tod äußerte sie den Wunsch, ein notarielles Testament zu errichten, doch aufgrund des dienstfreien Samstags war kein Notar erreichbar.

Daraufhin baten ihre entfernten Verwandten, die Eheleute F und M J, sowie ihr Stiefsohn (Antragsteller), den Krankenhausseelsorger K H Zw um die Aufnahme eines Testaments.

Die Erblasserin erklärte, dass ihr „Sohn“ L (Antragsteller) ihr gesamtes Vermögen erhalten solle.

Nottestament vor drei Zeugen – BGH Beschluss vom 01. Juni 1970 – III ZB 4/70

Der Kurat Zw machte Notizen und verfasste ein Schriftstück, das von den Zeugen unterschrieben, jedoch erst nach dem Tod der Erblasserin verändert wurde.

II. Verfahren

Der Antragsteller beantragte am 27. Oktober 1967 die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte.

Die Halbbrüder der Erblasserin, F und G Z, traten dem Antrag entgegen und stellten die Wirksamkeit des Testaments sowie die Testierfähigkeit der Erblasserin infrage.

Das Amtsgericht wies den Erbscheinsantrag zurück, da das Testament nicht in Anwesenheit aller Zeugen vorgelesen und genehmigt wurde.

Die Beschwerde des Antragstellers beim Landgericht München I wurde ebenfalls zurückgewiesen.

Das Bayerische Oberste Landesgericht legte den Fall dem Bundesgerichtshof (BGH) vor, da es von den bisherigen Entscheidungen der Oberlandesgerichte Freiburg und des Kammergerichts abweichen wollte.

Diese Gerichte hatten entschieden, dass die gleichzeitige Anwesenheit aller drei Zeugen bei der Verlesung des Testaments nicht zwingend erforderlich sei.

III. Entscheidung des BGH

Zulässigkeit

Die weitere Beschwerde ist zulässig und formgerecht eingelegt.

Nottestament vor drei Zeugen – BGH Beschluss vom 01. Juni 1970 – III ZB 4/70

Begründetheit

Der BGH stimmte dem Bayerischen Obersten Landesgericht zu, dass die „Bestätigung“ vom 30. September 1967 kein rechtswirksames Nottestament gemäß § 2250 Abs. 2 BGB darstellt, da sie der Erblasserin nur in Anwesenheit von zwei Zeugen vorgelesen wurde.

a) Gesetzliche Bestimmungen

Nach § 2250 Abs. 2 BGB muss ein Nottestament „durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen“ errichtet werden.

Dies bedeutet, dass alle drei Zeugen bei der gesamten Verhandlung, einschließlich der Verlesung und Genehmigung der Niederschrift, anwesend sein müssen.

Diese Anforderung leitet sich aus der Notwendigkeit ab, dass die Zeugen gemeinsam die Beurkundungsfunktion übernehmen und die Einhaltung der Formvorschriften sicherstellen müssen.

b) Zweck des Gesetzes

Der Zweck der gesetzlichen Bestimmung des § 2250 Abs. 2 BGB liegt darin, eine zuverlässige und unmissverständliche Wiedergabe des letzten Willens des Erblassers sicherzustellen.

Die Anwesenheit aller drei Zeugen bei der Verlesung und Genehmigung der Niederschrift dient dazu, Missverständnisse und Fehler zu vermeiden.

Nottestament vor drei Zeugen – BGH Beschluss vom 01. Juni 1970 – III ZB 4/70

c) Abweichende Ansichten

Das Oberlandesgericht Freiburg und das Kammergericht hatten entschieden, dass die Anwesenheit aller drei Zeugen bei der Verlesung nicht zwingend erforderlich sei, wenn der fehlende Zeuge die Niederschrift durchgelesen habe.

Der BGH widersprach dieser Ansicht und betonte, dass die Verantwortung für die Richtigkeit der Niederschrift bei allen drei Zeugen liegt und daher ihre gleichzeitige Anwesenheit erforderlich ist.

Ergebnis

Der BGH wies die weitere Beschwerde des Antragstellers als unbegründet zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Fazit

Der BGH stellte klar, dass für die Wirksamkeit eines Nottestaments gemäß § 2250 Abs. 2 BGB die Anwesenheit aller drei Zeugen während der gesamten Verhandlung über die Testamentserrichtung erforderlich ist.

Dies umfasst sowohl die Erklärung des letzten Willens als auch die Verlesung und Genehmigung der Niederschrift.

Diese Entscheidung unterstreicht die strengen Anforderungen an die Formvorschriften zur Sicherstellung der Rechtsverbindlichkeit des letzten Willens des Erblassers.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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