Notwendige Angaben im Prospekt eines Blind-Pool-Fonds
BGH Beschluss vom 14.11.2023 – XI ZB 2/21
Ein Blind-Pool-Fonds ist eine Kapitalanlage, bei der die Anleger investieren, ohne dass die konkreten Anlageobjekte bereits feststehen. Der Fonds sammelt zunächst Kapital ein und entscheidet erst später, wofür er es verwendet – im vorliegenden Fall ging es um einen Waldfonds zur Investition in rumänische Waldflächen. Gerade weil die Anleger „blind“ investieren, sind die Anforderungen an den Verkaufsprospekt und die Aufklärung besonders hoch.
Der Verkaufsprospekt muss alle Informationen enthalten, die für Anleger wichtig sind oder sein könnten, um die Anlage und ihre Risiken richtig einschätzen zu können.
Der Prospekt muss sachlich richtig und vollständig über alle Umstände informieren, die von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können.
Dazu gehört die Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können. Dies umfasst auch Risiken, die zwar noch nicht feststehen, aber als wahrscheinlich gelten, den vom Anleger verfolgten Zweck zu gefährden
Bei der Beurteilung, ob Angaben wesentlich sind, wird auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen, sorgfältigen und eingehend lesenden Anlegers abgestellt.
Da es kein feststehendes Anlageobjekt gibt, sind andere Informationen für die Anlageentscheidung ausschlaggebend:
Die Angaben zum Anlageobjekt müssen so detailliert wie möglich sein. Wichtiger als das konkrete Objekt sind hier die Investitionskriterien (z.B. Größe, Baumbestand, Kaufpreis), die der Fonds anwenden will, und die Fähigkeiten des Managements zur Umsetzung des Konzepts
Werden im Prospekt bestimmte Objekte (wie die drei Waldflächen im Beispiel) genannt, die der Fonds „anbinden“ konnte, muss über deren wesentlichen Inhalt sachlich richtig und vollständig aufgeklärt werden. Im Waldfonds-Fall war beispielsweise die Befristung des Ankaufsrechts relevant. Wenn ein solches Ankaufsrecht abläuft, ohne dass sich die Blind-Pool-Konzeption an sich ändert, ist dies jedoch nicht zwingend eine nachtragspflichtige Veränderung, da die Prognosen des Fonds nicht auf dem konkreten Initialportfolio aufbauten
Werden ungefähre Kaufpreise (z.B. ein Durchschnittswert) genannt, die auf einem Vorvertrag basieren und noch unter dem Vorbehalt einer Due Diligence (einer sorgfältigen Prüfung) stehen, sind diese Angaben nicht von so wesentlicher Bedeutung, dass eine geringfügige Abweichung sofort einen Prospektfehler darstellt. Wichtig ist die Aufklärung über den Vorvertrag und den Vorbehalt der Due Diligence
Während das Angebot an die Anleger läuft, können sich wichtige Umstände ändern. Hier greift die sogenannte Nachtragspflicht.
Tritt nach der Veröffentlichung des Prospekts während der Angebotsdauer eine anlagerelevante Veränderung ein, muss diese unverzüglich in einem Nachtrag veröffentlicht werden
Die Nachtragspflicht besteht nur bei Veränderungen, die so wesentlich sind, dass sie geeignet wären, einen durchschnittlichen Anleger zu einer modifizierten Anlageentscheidung oder sogar zu einem gänzlichen Absehen von der Beteiligung zu bewegen (BGH, Rn. 70).
Ob ein Dokument als Teil des Verkaufsprospekts gilt, hängt von seinem Charakter ab.
Ein Schriftstück, das getrennt vom eigentlichen Prospekt ist, aber zusammen mit diesem vertrieben wird, kann Bestandteil des Prospekts im materiellen Sinne sein, wenn man die Gesamtumstände betrachtet
Dies gilt jedoch nicht, wenn das Dokument nach seiner Aufmachung und seinem Inhalt einen erkennbar werblichen und weniger informativen Charakter hat. Ein solches Dokument, das lediglich prägnant und anpreisend wirbt, seine Unverbindlichkeit betont (z.B. als „unverbindliche Vorabinformation“) und auf den eigentlichen Prospekt als maßgeblich verweist, erfüllt die Anforderungen an einen materiellen Prospekt nicht. Es begründet daher auch keine Haftung wie ein fehlerhafter Prospekt
Für Blind-Pool-Fonds ist die Qualität der Aufklärung über das Fondskonzept und die Risiken wichtiger als die Angabe konkreter Objekte, da diese noch nicht feststehen. Der Prospekt muss über alle Umstände, die den Anlagezweck potenziell gefährden, umfassend informieren.
Ein reines Werbeschriftstück neben dem Prospekt wird juristisch nicht als Teil des Prospekts betrachtet und löst daher im Falle von Fehlern keine Prospekthaftung aus. Anleger müssen den Prospekt sorgfältig lesen, insbesondere die Ausführungen zum Blind-Pool-Konzept, den Investitionskriterien, der Befristung von Ankaufsrechten und den Vorbehalten wie der Due Diligence.
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