Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 Wx 17/17 – Vereinbarung über die Hofnachfolge, 2353 BGB, Höfeordnung, §§ 26, 352 FamFG

Dezember 10, 2017

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 Wx 17/17

Datum:

05.05.2017

Vorinstanz:

Amtsgericht Rheinberg, 23 VI 127/15

 

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 3) vom 12. Dezember 2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rheinberg vom 21. November 2016 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Wert:              75.000 € (ca. 2/3 des Nachlasswertes)

 

1

G r ü n d e:

2

I.

3

Die Erblasserin verstarb verwitwet und kinderlos.

4

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind ihre Nichte und ihr Neffe. Der Beteiligte zu 3) ist der Neffe ihres am 20. Oktober 2005 vorverstorbenen Ehemannes.

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Die Erblasserin und ihr Ehemann betrieben nach ihrer Eheschließung Landwirtschaft auf dem – im Grundbuch von A… Blatt 105 verzeichneten – Grundstück, das damals als Hof im Sinne der Höfeordnung eingetragen war und ursprünglich aus der Familie des Ehemannes stammte.

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Wenige Monate nach der Eheschließung schlossen die Erblasserin und ihr Ehemann am 22. Februar 1966 einen notariellen Ehe- und Erbvertrag (UR. Nr. 175/1966, Notar B… in Lippstadt). In diesem vereinbarten sie unter Ziffer 1. Gütergemeinschaft und setzten sich unter Ziffer 5. gegenseitig zu Alleinerben ein, wobei die Erblasserin jedoch hinsichtlich des Hofs nur Hofvorerbin im Sinne der Höfeordnung sein sollte. Sodann trafen sie in Bezug auf den Hofnacherben detaillierte Anordnungen, auf die verwiesen wird.

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Am 18. Februar 1980 wurde der Hofvermerk nach Anhörung der Eheleute im Grundbuch gelöscht. Ihnen war zuvor Gelegenheit gegeben worden, die Feststellung zu beantragen, dass (weiterhin) ein Hof im Sinne der Höfeordnung vorliege. Eine Löschung des Hofvermerks hätte zur Folge, dass die Erbfolge in den Grundbesitz sich nicht mehr nach der Höfeordnung, sondern nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch richte. Es könne daher auch eine Mehrheit von Personen den Grundbesitz erben.

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Nach dem Tode des Ehemannes stellte die Erblasserin einen von dem Notar D… in E… am 6. Januar 2006 beurkundeten Erbscheinsantrag (UR.Nr. 4/2006) als Alleinerbin ihres Ehemannes. Dabei stützte sie sich auf ein als „Unser gemeinsames Testament“ überschriebenes, von beiden Eheleuten unterzeichnetes handschriftliches und auf den 21. Juni 2000 datiertes Dokument (Bl. 6 der Beiakten AG Rheinberg 23 IV 669/14), in welchem sich die Eheleute gegenseitig zu Erben eingesetzt hatten. In dem Erbscheinsantrag ist ausgeführt, dass das Testament vor dem Hintergrund der Löschung des Hoferbenvermerkes errichtet worden sei. Der Erbschein wurde antragsgemäß erteilt.

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Mit notarieller Urkunde vom 29. November 2006 (Urkundenrollen-Nr. 144/2006, Notar D… in E…) bestimmte die Erblasserin den Beteiligten zu 3) zu ihrem Erben. Ihren gesamten Schmuck vermachte sie der Beteiligten zu 1), ihr gesamtes Bargeld, Sparvermögen und ihre sonstigen Anlagen bei der Volksbank E… und der Sparkasse H… sollten die Beteiligten zu 1) und 2) je zur Hälfte als Vermächtnis erhalten.

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Unter dem 28. März 2012 errichtete die Erblasserin ein weiteres notarielles Testament (Urkundenrolle Nr. 150/21012, Notar D… in E…). In diesem setzte sie die Beteiligten zu 1) – 3) zu Miterben zu gleichen Teilen ein und berief die Beteiligte zu 1) zur Testamentsvollstreckerin. Zu diesem Zeitpunkt lebte die Erblasserin, die seit dem Jahre 2011 an fortschreitender Demenz litt, bereits in einem Pflegeheim.

11

Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 27. Februar 2015 haben die Beteiligten zu 1) und 2) – gestützt auf das Testament vom 28. März 2012 – die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie und den Beteiligten zu 3) als Miterben zu je 1/3 ausweist.

12

Der Beteiligte zu 3) ist dem Antrag entgegengetreten und hat mit notariell beurkundeter Erklärung vom 16. März 2015 die Erteilung eines ihn als Alleinerben ausweisenden Erbscheins beantragt.

13

Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, das Testament vom 28. März 2012 sei nicht wirksam, weil die Erblasserin auf Grund des Ehe- und Erbvertrages vom 22. Februar 1966 nicht berechtigt gewesen sei, eine letztwillige Verfügung zu treffen, die den dortigen Bestimmungen zur Hofnachfolge widerspreche.

14

Das angebliche gemeinschaftliche Testament vom 21. Juni 2000 habe die Erblasserin erst nach dem Tode des Ehemannes im Zusammenhang mit dem Erbscheinsantrag unter Mithilfe eines inzwischen verstorbenen Mitarbeiters der Landwirtschaftskammer gefertigt, indem sie Blankounterschriften verwendet habe, die der Ehemann ihr zu Lebzeiten zur Verfügung gestellt habe.

15

Seit Mitte 2011 sei die Erblasserin „schwer an Demenz erkrankt“ gewesen und habe die ganze Sache nicht mehr überblickt.

16

Das Nachlassgericht hat die Beteiligten angehört und Beweis erhoben zur Testier(un)fähigkeit und den Umständen der Errichtung des Testaments vom 21. Juni 2000 durch Einholung schriftlicher Aussagen der Zeugen D… und I… . Insoweit wird verwiesen auf das Protokoll vom 22. Dezember 2015 (GA 51 ff.) und die schriftlichen Aussagen der Zeugin I… vom 13. Januar 2016 (GA 70 f.) und des Zeugen D… vom 27. Januar 2016 (GA 73 f.) und 21. Juni 2016 (GA 106 f.).

17

Durch Beschluss vom 21. November 2016 hat das Amtsgericht die zur Begründung des Antrages der Beteiligten zu 1) und 2) vom 27. Februar 2015 erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und den Antrag des Beteiligten zu 3) vom 16. März 2015 zurückgewiesen.

18

Es hat ausgeführt, die Erbfolge richte sich nach dem Testament vom 28. März 2012, an dessen Wirksamkeit keine Zweifel bestünden. Es hat dies im Einzelnen näher dargelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

19

Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 3) am 12. Dezember 2016 Beschwerde eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Begehren unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens weiter verfolgt.

20

Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 18. Januar 2017 (GA 144) mit vertiefender Begründung nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

21

Der Beteiligte zu 3) hat mit Schreiben vom 14. Februar 2017 mitgeteilt, dass er seine Beschwerde aufrechterhalte.

22

Er beanstandet nach wie vor, dass das handschriftliche Testament aus dem Jahre 2000 „nicht geprüft“ worden sei und beantragt noch einmal, es „auf die Anfertigung mit Blankounterschriften“ untersuchen zu lassen.

23

Er behauptet ergänzend, seine Mutter habe ihm zum Zustandekommen des Vertrages von 1966 noch einmal bestätigt, dass die Erblasserin und deren Ehemann vor Übertragung des Grundstücks an diesen den Eltern des Ehemannes hätten versprechen müssen, den Hof nur innerhalb der Blutlinie J… zu vererben. Anderenfalls wäre der Hof dem jüngeren Bruder des Ehemannes der Erblasserin, K… J…, übertragen worden.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

25

II.

26

Das gemäß § 58 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

27

1.

28

Das Nachlassgericht hat die zur Erteilung des von den Beteiligten zu 1) und 2) beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen zu Recht und mit zutreffender Begründung für festgestellt erachtet und den Antrag des Beteiligten zu 3) zurückgewiesen. Die Erbfolge nach der Erblasserin richtet sich nach deren notariellen Testament vom 28. März 2012

29

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

30

a)

31

Soweit der Beteiligte zu 3) in erster Instanz auf die Demenzerkrankung der Erblasserin verwiesen hat, hat das Nachlassgericht unter umfassender Auswertung der Zeugenaussagen überzeugend dargelegt, dass nicht davon auszugehen sei, dass die Erblasserin auf Grund ihrer Demenzerkrankung testierunfähig gewesen sei und auch keine Anhaltspunkte vorliegen, die zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen Anlass geben könnten.

32

Da diese Ausführungen vom Beteiligten zu 3) in der Beschwerde nicht beanstandet werden und der Aktenlage entsprechen, sind weitere Ausführungen zur Testierfähigkeit nicht erforderlich.

33

b)

34

Der Beteiligte zu 3) stützt sein Rechtsmittel unter anderem auf den Vortrag, die Erblasserin sei auf Grund der Absprachen mit den Schwiegereltern bei Übertragung des Hofes und des Ehe- und Erbvertrages vom 22. Februar 1966 nicht dazu berechtigt gewesen, eine nicht aus der „Blutlinie“ ihres verstorbenen Ehemannes stammende Person als Erben einzusetzen. Es kann zugunsten des Beteiligten zu 3) unterstellt werden, dass bei Übertragung des Hofes mit den Schwiegereltern der Erblasserin Gespräche darüber geführt worden sind, dass der „Hof“ innerhalb der Familie des Ehemannes weitervererbt werden sollte. Dies haben die Eheleute offenbar auch beachtet und in der Notarurkunde vom 22. Februar 1966 unter Ziffer 5. zur Erbfolge eine Vereinbarung getroffen, die im Einklang mit der Höfeordnung steht, unter die seinerzeit das Grundstück fiel.

35

Sofern die Schwiegereltern bei Übertragung des Grundstücks auf den Ehemann der Erblasserin darüberhinaus hätten sicherstellen wollen, dass das Grundstück auf jeden Fall auch ungeachtet der Hofeigenschaft innerhalb der Familie des Ehemannes bleibt, hätten sie dies vertraglich vereinbaren müssen. Dies ist offenbar nicht geschehen, jedenfalls nicht rechtswirksam. Es bedarf daher keiner ergänzenden Beweisaufnahme zum Inhalt der Absprachen.

36

c)

37

Der Beteiligte zu 3) kann sich auch nicht mit Erfolg auf ein ihm mündlich gegebenes Versprechen der Eheleute berufen, ihm den Hof zu übertragen. Es spricht zwar durchaus einiges dafür, dass die Eheleute die Vorstellung hatten, dass der Beteiligte zu 3) nach ihrem beiderseitigen Ableben den „Hof“ erhalten sollte. Immerhin hatte der Beteiligte zu 3) Überlegungen angestellt, auf dem Grundstück zu bauen, wenn diese auch letztlich nicht verwirklicht worden sind.

38

Die Eheleute haben eine derartige Vorstellung über die „Hofnachfolge“ jedenfalls aber nicht rechtswirksam in einer die Erblasserin bindenden Weise festgelegt. Die Voraussetzungen für einen „formlos bindenden Hofübergabevertrag“ liegen nicht vor.

39

Das Nachlassgericht hat – unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 17. Februar 1954 (V BLw 60/53 = BGHZ 12, 286 ff.) – bereits ausgeführt, die Rechtsprechung sei beschränkt auf die Fälle, in denen der Hof einem Abkömmling zugesagt oder übergeben worden sei, und in der Nichtabhilfeentscheidung ergänzend angemerkt, dass keine Veranlassung bestehe, diese Rechtsprechung auf Personen, die in der Höfeordnung keine Sonderstellung einnehmen, zu erstrecken.

40

Im vorliegenden Fall ist nach Wegfall der Hofeigenschaft im Sinne der Höfeordnung und Löschung des Hofvermerks im Jahr 1980 bereits kein Raum für die Annahme eines „formlos bindenden Hofübergabevertrages“. Auch liegen keine Umstände vor, die Anlass zu der Überlegung geben könnten, ob eine konkludente „Vereinbarung über die künftige Hofnachfolge“ vorliege. Es bestand bereits kein Beschäftigungsverhältnis, nach dessen „Art, Umfang und Dauer“ der Beteiligte zu 3) hätte annehmen dürfen, er werde „Hofnachfolger“.

41

d)

42

Das Testament vom 28. März 2012 ist schließlich nicht deshalb unwirksam, weil es nicht den Bestimmungen des Ehe- und Erbvertrages vom 22. Februar 1966 entspricht.

43

Soweit die Eheleute dort unter Ziffer 5. in Bezug auf den Hof Regelungen getroffen haben, sind diese jedenfalls durch das gemeinschaftliche Testament vom 21. Juni 2000 einvernehmlich aufgehoben worden.

44

Es bestehen aus Sicht des Senats keine Zweifel an der Echtheit dieses Testaments. Das Nachlassgericht hat sich bereits eingehend mit der Behauptung des Beteiligten zu 3) auseinandergesetzt, das Dokument sei erst nach dem Tode des Ehemannes unter Verwendung von Blankounterschriften hergestellt worden, wobei der Notar die Erblasserin zu diesem Zweck an den zwischenzeitlich verstorbenen Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer verwiesen und zudem die Mitarbeiterin des Nachlassgerichts dazu veranlasst habe, den Eingang des Dokuments rückzudatieren. Das Nachlassgericht hat diesen Vortrag zu Recht als „Konstrukt, welches keinen Bezug zur Realität hat“, bezeichnet. Weitere Ermittlungen sind insoweit auch unter Berücksichtigung von § 26 FamFG nicht angezeigt.

45

2.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

 

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