Die Beschwerde vom 4.9.2016 gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Aachen vom 25.8.2016 – HRB 13498 – wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.
G r ü n d e OLG Köln 2 Wx 377/16 I.
Am 23.5.2016 fasste der alleinige Gesellschafter der Antragstellerin, Herr Dr. L einen „Gesellschafterbeschluss“, der auszugsweise folgenden Inhalt hatte:
„…. beschließt die Gesellschafterversammlung einstimmig, die Gesellschaft zum 30. Juni 2016 aufzulösen. Zum alleinvertretungsberechtigten Liquidator wird der bisherige Geschäftsführer L2 bestellt. Er ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. …“
In dem Gesellschaftsvertrag vom 24.1.2006 ist unter § 5 (Geschäftsführung und Vertretung) bestimmt, dass durch Gesellschafterbeschluss allen oder einzelnen Geschäftsführern die alleinige Vertretungsbefugnis übertragen werden und ferner allen oder einzelnen Geschäftsführern Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden kann.
Mit Antrag vom 13.6.2016 (Urkundenrolle des Notars Dr.L3 686/2016) ist die Auflösung der Gesellschaft, die Abberufung des Geschäftsführers und die Bestellung des Liquidators nebst Vertretungsregelung zur Eintragung in das Handelsregister beim Amtsgericht Aachen angemeldet worden.
Beigefügt war der Gesellschafterbeschluss vom 23.5.2016. Mit Schreiben vom 15.6.2016 hat das Registergericht darauf hingewiesen, dass im Gesellschaftsvertrag die ausdrückliche Befreiungsmöglichkeit des Liquidators gemäß § 181 BGB ebenso wenig wie die entsprechende Ermächtigung der/des Gesellschafter(s) zur Befreiung durch Beschlussfassung enthalten sei.
OLG Köln 2 Wx 377/16
Die Antragstellerin hat ihren Antrag mit Schriftsatz vom 24.6.2016 unter Berufung auf das OLG Zweibrücken (Beschluss v. 6.7.2011, 3 W 62/11) aufrechterhalten bzw dahingehend klargestellt, dass beantragt worden ist, „Zur Vertretungsberechtigung wird angemeldet: Der Liquidator, Herr Steuerberater L2, ist stets einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit“ .
Der Rechtspfleger des Registergerichts hat den Antrag vom 13.6.2016 in der Fassung vom 24.6.2016 mit Beschluss vom 25.8.2016 zurückgewiesen.
Gegen diesen am 31.8.2016 zugestellten Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtige der Antragstellerin mit am 6.9.2016 beim Registergericht eingegangenem Schriftsatz vom 4.9.2016 Beschwerde eingelegt.
Die Antragstellerin beantragt,
1. den Beschluss aufzuheben,
2. das Registergericht anzuweisen, den Antrag in der mit Schreiben vom 24.6.2016 korrigierten/klargestellten Fassung zu vollziehen.
Der Beschwerde hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 7.9.2016 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 58 Abs. 1 FamFG) und in richtiger Form und Frist (§ 63 Abs. 1 FamFG) erhoben worden.
Auch liegt die erforderliche Beschwerdeberechtigung (§ 59 Abs. 1 FamFG) vor.
Der Beschwerdeschriftsatz des Notars Dr. L3 vom 4.9.2016 ist dahingehend auszulegen, dass die Beschwerde im Namen der L4 Buchhandlung GmbH eingelegt wird.
Als Antragstellerin (§ 7 Abs. 1 FamFG) im vorliegenden Verfahren ist die Gesellschaft – vertreten durch ihren Geschäftsführer – auch beschwerdeberechtigt.
OLG Köln 2 Wx 377/16
In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Der Eintragungsantrag ist unbegründet; die beantragte Eintragung der Befreiung des Liquidators von den Beschränkungen des § 181 BGB auf der Grundlage des Antrages vom 13.6./24.6.2016 kann nicht erfolgen.
Die Frage, ob die satzungsmäßige Ermächtigung der Gesellschafter, den oder die Geschäftsführer von diesen Beschränkungen zu befreien, in dem Sinne ausgelegt werden kann, dass sie auch als Ermächtigung ausreicht, den oder die Liquidatoren durch Gesellschafterbeschluss von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien, wird zwar nicht einheitlich beantwortet.
Soweit sich die Antragstellerin auf dem Beschluss des OLG Zweibrücken vom 6.7.2011 (3 W 62/11) beruft, trifft es zu, dass das OLG Zweibrücken mit dem vorgenannten Beschluss davon ausgegangen ist, die vorgenannte Frage sei zu bejahen.
Zur Begründung hat das OLG Zweibrücken ausgeführt, dass nach Sinn und Zweck einer Satzungsbestimmung, die der Gesellschafterversammlung die Möglichkeit eröffnet, die Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien, regelmäßig davon auszugehen sei, dass sich diese Ermächtigung auf die gesetzlichen Vertreter schlechthin und damit auch auf die Liquidatoren beziehen soll, zumal die Gesellschafter bei ihrer erforderlichen Beschlussfassung die durch die Liquidation veränderte Sach-und Interessenlage berücksichtigen könnten (so auch: Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 19. Aufl. 2016, § 68 Rn. 4). Eine andere Auslegung sei deshalb nur dann geboten, wenn die Satzung eine Erstreckung auf die Liquidatoren ersichtlich ausschließen wolle (vgl. OLG Zweibrücken a.a.O.). Dafür ergeben sich auch im vorliegenden Fall nach Wortlaut und Regelungszusammenhang des Gesellschaftsvertrages keine Anhaltspunkte.
Der BGH hat jedoch mit Urteil vom 27.10.2008 (II ZR 255/07) ausgesprochen, dass mit der Liquidation jede gesellschaftsvertragliche Vertretungsregelung, auch eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB endet (vgl. auch Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 68 Rn. 5; Baumbach/Hueck, GmbHG, 20 Aufl. 2013, § 68 Rn. 4).
OLG Köln 2 Wx 377/16
Eine Vermutung der Fortgeltung sei nicht gerechtfertigt, weil sich durch die Auflösung der Gesellschaft der Gesellschaftszweck geändert habe und nach Beendigung der Geschäftstätigkeit für die Gesellschafter nicht mehr die jederzeitige Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Vordergrund stehe, sondern der Schutz der Gesellschaft, ihrer Gläubiger und/oder der der Mitgesellschafter höher zu bewerten sei (vgl. BGH a.a.O.).
Dementsprechend hat das OLG Frankfurt in seinem Beschluss vom 13.10.2011 (20 W 95 / 11) zunächst einen Gesellschafterbeschluss erfordert, mit dem die Satzung entsprechend abgeändert werde.
Mit dem Auflösungsbeschluss der Gesellschafter trete nämlich eine derartige Zäsur in der Ausrichtung der Gesellschaft ein, dass neue Regelungen auch zur organschaftlichen Stellung ihrer gesetzlichen Vertreter erforderlich seien; so hätten die Liquidatoren darauf hinzuarbeiten, dass die Gesellschaft durch die Liquidation ihres Vermögens ihr rechtliches Ende finde, d. h. laufende Geschäfte zu beendigen, Verpflichtung zu erfüllen, Forderungen einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen.
Daher müsse dem Liquidator entweder eine direkte satzungsmäßige generelle Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden, oder es müsse eine abstrakte generelle Befreiungsmöglichkeit von diesen Beschränkungen in der Satzung geschaffen werden, die erst dann wiederum Grundlage einer Befreiung durch einen nachfolgenden einfachen Gesellschafterbeschluss sein könne (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.; s. a. OLG Hamm, Beschluss v. 6.7.2010, 15 Wx 281/09). Dem schließt sich auch der Senat an. III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen vor. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, auch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, weil die hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob für die Befreiung des Liquidators von den Beschränkungen des § 181 BGB eine ausdrückliche Regelung bzw. Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag erforderlich ist, eine für eine Vielzahl von Fällen bedeutsame Rechtsfrage darstellt, die höchstrichterlich noch nicht geklärt ist
Geschäftswert des Verfahrens der Beschwerde:
5.000,00 € (§ 36 Abs. 3 GNotKG)
Rechtsmittelbelehrung: OLG Köln 2 Wx 377/16
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben. Sie ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichung einer in deutscher Sprache abgefassten und unterschriebenen Beschwerdeschrift eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: Bundesgerichtshof, 76125 Karlsruhe) einzulegen.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird.
Sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, ist die Rechtsbeschwerde binnen einer Frist von einem Monat zu begründen; diese Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses und kann auf Antrag durch den Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts (Bundesgerichtshof) verlängert werden.
Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Rechtsbeschwerdeanträge)
2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b) soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
OLG Köln 2 Wx 377/16
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.