T a t b e s t a n d
Am 22.10.1981 verstarb Frau G. P., die durch notarielles Testament vom 19.01.1981 ihren Sohn, den Beklagten, und ihre Tochter, die Streitverkündete Frau G. J.-P., zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt hatte. Gleichzeitig hatte die Erblasserin Testamentsvollstreckung angeordnet. Der Kläger ist der derzeitige Testamentsvollstrecker.
Der Beklagte hat gegen die Miterbin einen rechtskräftig festgestellten Ausstattungsausgleichsanspruch in Höhe von 72.258,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30.07.1982 (11 O 309/86 LG Aachen = 18 U 80/91 OLG Köln).
Der Nachlaß bestand im wesentlichen aus dem 1/3-Anteil an einem Hausgrundstück sowie Baugrundstücken und Waldstücken, einem Girokonto, Hausrat und Aktien.
1982 wurde der Hausrat im Werte von 50.000,00 DM hälftig geteilt. Ferner wurden Aktien im Wert von insgesamt 629.000,00 DM je zur Hälfte an die Erben herausgegeben. 1986 erhielt der Beklagte die Hälfte des restlichen Aktienguthabens. Die andere Hälfte wurde später veräußert und der Erlös auf einem Festgeldkonto angelegt. Im Dezember 1988/Januar 1989 wurde das Hausgrundstück versteigert und der Erlös hälftig geteilt.
1994 holte der Kläger zur Frage der Erbauseinandersetzung und zum Ausgleich zwischen den beiden Miterben ein Gutachten vom Deutschen Notarinstitut in Würzburg vom 06.12.1994 ein. Ferner ließ er die noch im Nachlaß verbliebenen Grundstücke gutachterlich bewerten. Unter Bezugnahme auf diese beiden Gutachten stellte er einen Auseinandersetzungsplan vom 29.12.1994/08.06.1995 (Bl. 22 f. d.A.) auf. Diesem hat die Miterbin bereits zugestimmt, während der Beklagte sein Einverständnis verweigert hat.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, daß der Auseinandersetzungsplan zutreffend ist.
Er hat die Auffassung vertreten, die Herausgabe der Hälfte des Aktienpaketes an den Beklagten im Jahr 1986 sei als Teilauseinandersetzung anzusehen, so daß der Erlös aus dem Aktienverkauf aus der Gesamthand ausgeschieden sei. Die Aktien bzw. deren Erlös seien nur deshalb nicht an die Miterbin ausgekehrt worden, um bereits ersichtliche Ausgleichsansprüche des Beklagten nicht zu gefährden.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß sein Auseinandersetzungsplan vom 29.12.1994/08.06.1995 zutreffend ist mit der Folge, daß der Beklagte die Beteiligung am Grundbesitz der Erblasserin, Frau G. P., an den Grundstücken Gemarkung H., Flur 27, Flurstücke 872, 873 und 874 und Flur 47, Flurstücke 115, 50, 104 und 102 übertragen erhält zuzüglich eines Wertausgleichs von DM 1.733,00, bezogen auf den 8. Juni 1995.
Der Beklagte hat
Klageabweisung
beantragt.
Er hat geltend gemacht, der Kläger habe den zur Gesamthand noch verbleibenden Nachlaßbestand völlig unzutreffend dargestellt. Eine Teilauseinandersetzung hinsichtlich sämtlicher Aktien sei nicht erfolgt, so daß der auf dem Festgeldkonto ausgewiesene Betrag aus Aktienverkäufen in Höhe von 537.690,00 DM noch zum Nachlaß gehöre. Auch seien die Grundstückswerte nicht richtig ermittelt. Fälschlicherweise habe der Kläger bei der Quotierung nicht den Stichtag des Erbfalls angesetzt. Die Nachlaßkonten sowie der Ausgleichsbetrag seien ebenso unrichtig bewertet und in die Berechnung falsch eingebracht. Die Teilungsquoten seien unzutreffend. Ferner sei die Annahme eines Bereicherungsanspruchs des Beklagten nicht haltbar.
Durch Urteil vom 20. Februar 1996 – 1 O 338/95 – (Bl. 157 ff. d.A.), auf das vollinhaltlich Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, hinsichtlich der Aktien habe eine zulässige Teilauseinandersetzung stattgefunden. Der Kläger habe auch als Stichtag für die Bewertung der Nachlaßgegenstände den Tag des Erbfalls zutreffend gewählt. Ferner habe er die Teilungsquoten ordnungsgemäß berechnet. Die vom Beklagten vorgenommene Gegenrechnung sei teilweise nicht nachvollziehbar und in keiner Weise belegt.
Gegen dieses ihm am 28.02.1996 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 28.03.1996 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 21.06.1996 begründet.
Er hält daran fest, daß hinsichtlich der Aktien nur eine Teilausschüttung erfolgt sei und das Guthaben auf dem Festgeldkonto zum Nachlaß gehöre. Des weiteren sei der Auseinandersetzungsplan des Klägers fehlerhaft, weil er die Vorempfangsdifferenz vor der Aufteilung nicht in voller Höhe, sondern nur zur Hälfte in Ansatz gebracht habe. Zudem habe er die ihm durch Urteil des OLG Köln vom 09.01.1992 – 18 U 80/91 – zugesprochenen Verzugszinsen übergangen. Der Kläger gehe auch nicht von den Stichtagswerten zum Erbfall vom 22.10.1981 aus. Schließlich habe er die Nachlaßverbindlichkeiten in viel zu geringer Höhe angesetzt. Diese beliefen sich inzwischen auf über 180.000,00 DM.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und
im Rahmen der Zwangsvollstreckung als Sicherheitsleistung auch die Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise festzustellen, daß sein Auseinandersetzungsplan vom 29.12.1994/08.06.1995 insoweit zutreffend ist, als
das Vermögen auf dem Konto „G. Erben P.“ nicht zu berücksichtigen ist, weil es nicht mehr zum Nachlaßvermögen gehört, sondern – nach der 1986 abgeschlossenen Teilerbauseinandersetzung der Aktien – der Miterbin G. J.-P. allein zusteht;
2.
der Ausgleichsanspruch des Beklagten bei der Bestimmung der Teilungsquote fehlerfrei in Ansatz gebracht worden ist;
die durch das Urteil des OLG Köln vom 21.11.1991 zugesprochenen Verzugszinsen von 4 % seit dem 30.07.1982 richtig im Anschluß an die Quotenbestimmung gesondert ausgewiesen sind;
der Zeitpunkt der Auseinandersetzung zum Stichtag für die Bewertung des Nachlasses bei der Berechnung der Auseinandersetzungsquote richtig gewählt wurde bzw. die Quote hierdurch nicht fehlerhaft wird;
die Nachlaßverbindlichkeiten mit 70.000,00 DM zutreffend in Ansatz gebracht worden sind;
ihm zu gestatten, Sicherheit auch durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu leisten.
Er macht geltend, der damalige Testamentsvollstrecker Schüller habe die restlichen Aktien nach der 1986 erfolgten Teilerbauseinandersetzung aufgrund eines konkludent zustande gekommenen Besitzmittlungsverhältnisses für die Miterbin J.-P. verwahrt. Die Versteuerung als Nachlaßvermögen beruhe auf einem Versehen. Die dem Beklagten auf den Ausgleichsanspruch zugesprochenen Zinsen seien zutreffend im Teilungsplan gesondert ausgewiesen und beeinflußten nicht die Auseinandersetzungsquote. Diese sei auch nicht fehlerhaft im Hinblick auf die zugrunde gelegten Zeitwerte der einzelnen Nachlaßgegenstände. Im Rahmen des Ausgleichsverfahrens sei hierfür der Zeitpunkt der Auseinandersetzung maßgebend. Nur zur Vereinfachung werde auch auf den Zeitpunkt des Erbfalls abgestellt, was aber zu keiner wesentlichen Veränderung der Quoten führe. Die Höhe der Nachlaßverbindlichkeiten sei mit 70.000,00 DM korrekt in den Auseinandersetzungsplan eingestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst den überreichten Urkunden Bezug genommen. Die Beiakten 1 O 17/94 LG Aachen haben zur Information vorgelegen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Auseinandersetzungsplan des Klägers vom 29.12.1994/08.06.1995 fehlerhaft. Der Kläger hat bereits die Teilungsquote mit 1.063/2.000 für den Beklagten und 937/2.000 für die Miterbin J.-P. unzutreffend ermittelt; denn er hat bei der Bewertung der Nachlaßgegenstände teilweise nicht den richtigen Stichtag zugrunde gelegt. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 86, 931 ff. = BGHZ 96, 174 ff.), der sich der Senat angeschlossen hat, ist für das Ausgleichungsverfahren gemäß §§ 2050, 2055 BGB der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalles – hier also am 22.10.1981 – maßgebend. Die für diesen Stichtag sprechenden Argumente von Meincke (Das Recht der Nachlaßbewertung im BGB, Seite 221 ff. sowie AcP 178, 45 ff.) erscheinen dem Senat überzeugend. Auch der Kläger ist in erster Instanz dieser Auffassung gefolgt. Er hat allerdings entsprechend der Gegenmeinung (vgl. Münchener Kommentar-Dütz, BGB, 2. Aufl., § 2055 Rdnr. 12; Soergel-Wolf, BGB, 12. Aufl., § 2055 Rdnr. 1 und Staudinger-Werner, BGB, 12. Aufl., § 2055 Rdnr. 1) einzelne Nachlaßgegenstände mit ihrem Wert zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung eingestellt, woraus sich selbstverständlich falsche Quoten ergeben. So hat er den 1/3-Anteil der Erbengemeinschaft an dem Hausgrundstück mit 163.333,00 DM, denjenigen an den Baugrundstücken und Waldstücken mit 131.812,00 DM angesetzt. Tatsächlich war das Hausgrundstück nach dem Wertgutachten per 22.10.1981 341.000,00 DM wert, so daß der 1/3-Anteil der Erbengemeinschaft 113.666,66 DM betrug. Der Wert der übrigen Grundstücke betrug zum Stichtag 85.230,00 DM, 176.110,00 DM sowie 98.100,00 DM. Der 1/3-Anteil der Erbengemeinschaft belief sich diesbezüglich also auf 119.813,33 DM.
Soweit der Bestand des Girokontos zum Stichtag sowie die Höhe der Nachlaßverbindlichkeiten streitig sind, ist darauf hinzuweisen, daß es Aufgabe des Klägers als Testamentsvollstrecker ist, diese im einzelnen zu ermitteln und urkundlich zu belegen. Dies müßte ihm anhand der von seinen Vorgängern im Amt übernommenen Akten auch ohne weiteres möglich sein. Es geht daher nicht an, daß er die Nachlaßkosten einfach ohne jegliche Spezifizierung auf 50.000,00 DM in der Klageschrift bzw. 70.000,00 DM in seinem Auseinandersetzungsplan schätzt und die detaillierte Aufstellung des Beklagten pauschal bestreitet.
Ein weiterer Fehler des Klägers bei der Berechnung der Teilungsquote gemäß § 2055 BGB besteht darin, daß er dem Nettonachlaßwert nur die Hälfte der auszugleichenden Zuwendung hinzugerechnet hat. Ausweislich des Urteils des OLG Köln vom 09.01.1992 – 18 U 80/91 – betrug die Wertdifferenz zwischen den Ausstattungen des Beklagten und denen der Miterbin 144.516,23 DM. Dieser Betrag ist gemäß § 2055 Abs. 1 Satz 2 dem Nettonachlaß hinzuzurechnen. Der so erhöhte Nachlaßwert ist sodann durch 2 zu teilen und von dem so erhaltenen rechnerischen Erbteil bei der Miterbin J.-P. der Zuwendungsbetrag von 144.516,23 DM wieder in Abzug zu bringen. Aus dem Verhältnis der beiden Erbteile läßt sich dann die von der Erbquote verschiedene Teilungsquote berechnen. Dabei ist hervorzuheben, daß die Ausgleichung keinen Zahlungsanspruch verschafft, sondern es sich nur um einen Rechnungsposten handelt, der die Teilungsquote des § 2047 BGB verändert (vgl. Palandt-Edenhofer, BGB, 54. Aufl., § 2055 Rdnr. 1 und BGH NJW 86, 932). Demgegenüber hat der Kläger nur einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 72.258,00 DM in seine Berechnungen einbezogen.
Nach alledem ist der Auseinandersetzungsplan des Klägers bereits vom Ansatz her fehlerhaft, so daß die begehrte Feststellung nicht getroffen werden kann. Es braucht daher nicht mehr auf die weiteren Berechnungen des Klägers eingegangen zu werden. Der Senat weist lediglich – wie bereits in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert – darauf hin, daß für die Ermittlung der endgültigen Teilungsquote im Hinblick auf die bisherigen inadäquaten Teilausschüttungen die von Langenmayr und von Selzam entwickelten Berechnungsmethoden heranzuziehen sein dürften (vgl. BB 65, 524 ff.).
Die Klage kann auch nicht mit dem Hilfsantrag Erfolg haben. Der diesbezügliche Feststellungsantrag ist unzulässig; denn nur das Rechtsverhältnis selbst, nicht aber seine Vorfragen oder einzelne Elemente, insbesondere die Berechnungsgrundlagen eines Anspruchs, können Gegenstand der Feststellungsklage sein (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 19. Aufl., § 256 Rdnr. 3; BGH NJW 79, 2099 und 82, 1878).
Nach alledem war die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Klägers: 132.743,40 DM.