öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht Anforderungen § 29 GBO

Juli 21, 2017

öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht Anforderungen § 29 GBO

OLG Karlsruhe 11 Wx 71/15

Beschluss vom 14. September 2015,

Eine im Sinne von § 6 Absatz 2 Satz 1 BtBG öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht genügt den Anforderungen des § 29 GBO.

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Eine öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht gemäß § 6 Absatz 2 Satz 1 BtBG erfüllt die Anforderungen des § 29 GBO,

auch wenn sie über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gültig ist (transmortale Vorsorgevollmacht).

Sachverhalt:

Frau S. errichtete am 26. August 2011 eine umfassende Vorsorgevollmacht, in der sie die Beteiligte zu ihrer allgemeinen Bevollmächtigten einsetzte.

öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht Anforderungen § 29 GBO

Die Vollmacht umfasste weitreichende Befugnisse, darunter die Vertretung in Vermögens- und nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten,

den Erwerb und die Veräußerung von Vermögen sowie die Einwilligung in medizinische Maßnahmen.

Besonders hervorzuheben ist die Klausel, dass die Vollmacht über den Tod der Vollmachtgeberin hinaus gültig bleiben soll.

Die Echtheit der Unterschrift von Frau S. wurde von der Betreuungsbehörde der Stadt H. beglaubigt.

Nach dem Tod von Frau S. am 4. Juni 2015 verkaufte die Beteiligte als Bevollmächtigte Grundstücke aus dem Nachlass

und beantragte die Eintragung einer Eigentumsvormerkung im Grundbuch.

Das Grundbuchamt verweigerte die Eintragung mit der Begründung, die Vollmacht sei nicht formwirksam, da die Beglaubigungsbefugnis der Betreuungsbehörde nach § 6 BtBG sich nur auf

Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen erstrecke, nicht aber auf Vollmachten, die über den Tod hinaus gültig sind.

öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht Anforderungen § 29 GBO

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe:

Das OLG Karlsruhe gab der Beschwerde der Beteiligten statt und hob die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf.

Begründung:

  1. Öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht gemäß § 6 Abs. 2 BtBG: Das Gericht bestätigte zunächst die ständige Rechtsprechung, dass eine von der Betreuungsbehörde nach § 6 BtBG beglaubigte Vorsorgevollmacht den Anforderungen des § 29 GBO genügt.

  2. Transmortale Vorsorgevollmacht: Kernpunkt der Entscheidung war die Frage, ob die Beglaubigungskompetenz der Betreuungsbehörde auch transmortale Vorsorgevollmachten umfasst. Das OLG Karlsruhe bejahte dies.

    • Begriff der Vorsorgevollmacht: Der Begriff der Vorsorgevollmacht ist weit gefasst und umfasst jede Vollmacht, die der Vermeidung einer gerichtlichen Betreuung dient.
    • Keine zeitliche Begrenzung: Der Gesetzgeber begrenzt den Begriff der Vorsorgevollmacht weder inhaltlich noch zeitlich. Es liegt im Ermessen des Vollmachtgebers, die zeitliche Geltung der Vollmacht festzulegen.
    • Transmortale Vollmacht als Vorsorgevollmacht: Eine transmortale Vollmacht, die über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gültig ist, ist daher ebenfalls eine Vorsorgevollmacht. Der Vollmachtgeber will gerade verhindern, dass die Vollmacht mit dem Eintritt des Todes endet.
    • Kein Widerspruch zum Vorsorgecharakter: Die postmortale Verwendung einer Vorsorgevollmacht steht nicht im Widerspruch zu ihrem Vorsorgecharakter.
    • Keine inhaltliche Überprüfung durch die Betreuungsbehörde: Die Betreuungsbehörde ist bei der Beglaubigung nur zur Prüfung der Identität des Unterzeichnenden verpflichtet, nicht aber zu einer inhaltlichen Überprüfung der Vollmacht.

Fazit:

Das OLG Karlsruhe stellt klar, dass die Beglaubigungskompetenz der Betreuungsbehörde nach § 6 Abs. 2 BtBG auch transmortale Vorsorgevollmachten umfasst.

öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht Anforderungen § 29 GBO

Dies stärkt die Position von transmortalen Vollmachten im Rechtsverkehr und erleichtert die Abwicklung von Nachlassangelegenheiten.

Die Entscheidung trägt dem Willen des Gesetzgebers Rechnung, die Selbstbestimmung des Einzelnen zu stärken und eine gerichtliche Betreuung möglichst zu vermeiden.

Wichtige Punkte:

  • Die Entscheidung betont die Bedeutung der Vorsorgevollmacht als Instrument zur Vermeidung einer gerichtlichen Betreuung.
  • Transmortale Vollmachten werden als zulässige Form der Vorsorgevollmacht anerkannt.
  • Die Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde verleiht der Vorsorgevollmacht die notwendige Formwirksamkeit für die Verwendung im Grundbuchverfahren.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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