OLG Düsseldorf 3 Wx 80/17

Juli 14, 2020

OLG Düsseldorf 3 Wx 80/17, Beschluss vom 13.08.2019, Gesellschaft aufgelöst, Firma erloschen, zum Liquidator bestellt, Steuerverfahren offen, Nachtragsliquidation,

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Gründe

OLG Düsseldorf 3 Wx 80/17

I.

Im November 2016 meldete der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Gesellschaft unter Vorlage des Gesellschafterbeschlusses vom 7. Nov. 2016 zur Eintragung in das Handelsregister u.a. an, die Gesellschaft sei aufgelöst worden, die Firma erloschen, er sei zum Liquidator bestellt, eine Liquidation sei nicht erforderlich, weil ein Gesellschaftsvermögen sowie auch unbefriedigte Gläubiger nicht vorhanden seien.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Registergericht der Gesellschaft “zeitnah eine Erledigung der durch das Finanzamt geforderten Angelegenheiten” aufgegeben. Damit nahm es Bezug auf Mitteilungen des zuständigen Finanzamtes, wonach das dortige Verfahren noch nicht abgeschlossen war, insbesondere eine “Erklärung” für 2016 fehle und noch Verwaltungsakte zuzustellen waren.

Mit der Beschwerde hat die Gesellschaft unter Berufung auf die Entscheidung des Senates vom 1. Febr. 2017 (NJW-RR 2017, 810) den Standpunkt vertreten, es komme lediglich darauf an, ob die Gesellschaft vermögenslos sei; es spiele keine Rolle, ob ein Besteuerungsverfahren laufe oder nicht. Dies gelte erst recht, wenn – wie hier – feststehe, dass sich aus dem Besteuerungsverfahren keine Steuererstattungsansprüche ergeben könnten.

Mit Beschluss vom 13. April 2017 hat das Registergericht dem Rechtsmittel der Gesellschaft nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Liquidator habe eine (Steuer-)Erklärung für die Gesellschaft für 2016 noch gar nicht eingereicht. Um auszuschließen, dass gegebenenfalls doch Steuererstattungsansprüche und damit verteilungsfähiges Vermögen noch vorhanden seien – dies habe zum Zeitpunkt der Vornahme der Anmeldung infolge noch gar nicht abgegebener Erklärungen nicht zweifelsfrei beurteilt werden können – sei vor Vollzug der Anmeldung “insgesamt” auch die Beendigung der steuerlichen Angelegenheiten abzuwarten.

OLG Düsseldorf 3 Wx 80/17

Der Senat hat am 2. Aug. 2019 vom Finanzamt fernmündlich die Mitteilung erhalten, steuerlich sei für die Jahre 2016 und 2017 alles erledigt, es habe keine Erstattungen gegeben. Seit 2018 sei die Gesellschaft steuerlich “auf Null gestellt”.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakten Bezug genommen.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig.

Es ist gemäß §§ 382 Abs. 4 Satz 2, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamG als befristete Beschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Insbesondere ist es ersichtlich im Namen der beschwerdeberechtigten betroffenen Gesellschaft eingelegt worden und richtet sich gegen eine anfechtbare Zwischenverfügung, mit der das Registergericht der Gesellschaft aufgegeben hat, binnen Monatsfrist die durch das Finanzamt geforderten Angelegenheiten zu erledigen.

Die Beschwerde ist auch begründet.

In seiner mit der Beschwerde angeführten Entscheidung (NJW-RR 2017, 810) hat der Senat zu dieser Frage ausgeführt:

“Zwar ist im Grundsatz eine Liquidation nicht beendet, wenn ein die Gesellschaft betreffendes Besteuerungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

Dies beruht indes auf der Erwägung, dass sich gegebenenfalls Steuernachforderungen oder auch Steuererstattungen auf das verwertbare Gesellschaftsvermögen auswirken können.

Diese Lage ist anders, wenn die Gesellschaft den Geschäftsbetrieb endgültig eingestellt hat, über kein Vermögen mehr verfügt und lediglich Steuernachforderungen in Rede stehen; dann ist die Vollzugsreife der Eintragung der Löschung gleichwohl gegeben.

OLG Düsseldorf 3 Wx 80/17

Dies hat der Senat in der Vergangenheit für die Liquidation einer Kommanditgesellschaft ausgesprochen (z.B. NJW-RR 2014, 723 f), und dem haben sich Stimmen in Rechtsprechung und Schrifttum für die GmbH angeschlossen (OLG Jena ZIP 2016, 25 f; Baumbach/Hueck-Haas, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 74 Rdnr. 2).

In der Tat ist allein der Umstand, dass die spätere Fortsetzung einer Liquidation bei einer KG gegenüber einer Nachtragsliquidation für eine GmbH mit geringerem Aufwand verbunden sein mag, nicht geeignet, eine unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen.

Hingegen meint das OLG Hamm, ein nicht abgeschlossenes Besteuerungsverfahren stehe zwar – da die Voraussetzung fehlenden verwertbaren Aktivvermögens erfüllt sei und unabhängig von der steuerrechtlichen Beurteilung des Fortbestandes der Gesellschaft – einer Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 FamFG nicht entgegen

(Beschlüsse vom 3. September 2014 in Sachen 27 W 109/14 und vom 22. April 2015 in Sachen 27 W 46/15), wohl aber dem Vollzug eines Eintragungsantrages mit dem hier verfahrensgegenständlichen Inhalt (NJW-RR 2015, 1134 und 1450 f), weil die Gesellschaft durch ihre Löschung gleichsam einem laufenden Steuerverfahren entzogen würde;

die amtswegige Löschung einer vermögenslosen Gesellschaft beruhe auf anderen Wertungen und habe andere Voraussetzungen als eine Löschung auf Betreiben der Liquidatoren einer Gesellschaft.

So richtig die letztgenannte Begründung auch ist, trägt sie nach Auffassung des Senats doch dem eingangs beschriebenen Sonderfall namentlich in praktischer Hinsicht nicht hinreichend Rechnung.

OLG Düsseldorf 3 Wx 80/17

Denn wenn bei endgültiger Einstellung des Geschäftsbetriebs ausschließlich mögliche Steuernachforderungen in Rede stehen, hat das Registergericht bei Eingang des Eintragungsantrages

und Kenntnis der zu seiner Einreichung führenden tatsächlichen Gegebenheiten ohnehin die Einleitung eines Löschungsverfahrens nach § 394 FamFG zu erwägen, wie es im vorliegenden Fall ausweislich mehrerer gerichtsinterner Verfügungen in der Tat geschehen ist.

Dann aber stellt sich auch nach dem Standpunkt des OLG Hamm die Frage der Notwendigkeit einer Nachtragsliquidation alsbald in gleicher Weise, und im einen wie im anderen Fall wird der Steuergläubiger abzuwägen haben, ob sich für ihn die Beantragung einer solchen als “lohnend” erweisen könnte.

Insgesamt ist dann aus Sicht des Senats keine Notwendigkeit, die Vollzugsreife bereits des Eintragungsantrages zu verneinen, begründbar. Aus diesen Gründen kommt es nicht auf ein Einverständnis der Finanzverwaltung, sondern darauf an, ob die von der Beteiligten vorgebrachten Umstände feststellbar sind.”

Ob und inwieweit diese Grundsätze zur Zeit des Erlasses der Zwischenverfügung vom 29. März 2017, als das (wohl) letzte Geschäftsjahr nicht nur nicht veranlagt, sondern von der Steuerpflichtigen noch nicht einmal erklärt worden war, auch auf den vorliegenden Fall angewendet werden konnten, mag dahin stehen.

Denn inzwischen jedenfalls – und darauf kommt es nach § 65 Abs. 3 FamFG an – steht nach der Mitteilung des Finanzamtes vom 2. Aug. 2019 fest, dass die steuerlichen Angelegenheiten sämtlich abgeschlossen sind und Erstattungsansprüche zu keiner Zeit in Rede standen.

Damit hängt die Vollzugsreife des Eintragungsantrages keinesfalls (mehr) von einem Einverständnis der Finanzverwaltung ab.

III.

Da das Rechtsmittel erfolgreich ist und am Beschwerdeverfahren allein die Beteiligte teilgenommen hat, ist eine Kostenentscheidung ebenso wenig veranlasst wie eine Festsetzung des Geschäftswertes.

Die Rechtsbeschwerde kann nicht zugelassen werden. Die Gesellschaft könnte sie mangels Beschwer nicht zulässigerweise einlegen.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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