OLG Düsseldorf Urteil 29.9.2006 – I-7 U 22/06 Erb- und Pflichtteilsverzicht
RA und Notar Krau
Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. September 2006 (Az. I-7 U 22/06) befasst sich mit der Wirksamkeit eines Erb- und Pflichtteilsverzichts im Rahmen einer komplexen Erbschaftsangelegenheit.
Der Kläger, ein Sohn des verstorbenen Erblassers, machte einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 50 % des Nachlasses geltend, da sein Bruder aufgrund eines früheren Verzichts nicht mehr als Erbe berücksichtigt werden sollte.
Der Beklagte, ein Vetter des Klägers und durch einen Erbvertrag als alleiniger Erbe eingesetzt, argumentierte hingegen, dass der Kläger nur einen Pflichtteil von 25 % beanspruchen könne.
Das Landgericht Duisburg gab zunächst der Klage statt und vertrat die Auffassung, dass § 2350 Abs. 2 BGB, der die Unwirksamkeit eines Erbverzichts bei Erbeinsetzung von Verwandten nachfolgender Erbfolgeordnungen regelt, in diesem Fall nicht angewendet werden solle.
Es argumentierte, dass die Norm eigentlich nur die direkten Nachkommen schützen solle und nicht dazu führen dürfe, dass entfernte Verwandte einen Vorteil erlangen.
Das OLG Düsseldorf hob dieses Urteil jedoch auf und wies die Klage ab.
OLG Düsseldorf Urteil 29.9.2006 – I-7 U 22/06 Erb- und Pflichtteilsverzicht
Es stellte klar, dass § 2350 Abs. 2 BGB in der vorliegenden Konstellation sehr wohl anzuwenden sei, da kein gegenteiliger Wille der Vertragsschließenden festgestellt werden konnte.
Daher sei der Erbverzicht des Bruders des Klägers unwirksam, was zur Folge habe, dass dieser weiterhin als gesetzlicher Erbe zu berücksichtigen sei und der Pflichtteilsanspruch des Klägers tatsächlich nur 25 % betrage.
Das OLG stellte weiter fest, dass die Norm des § 2350 Abs. 2 BGB ausschließlich die erbrechtliche Stellung, nicht aber die pflichtteilsrechtliche Position der Beteiligten betreffe.
In diesem Fall führte die Unwirksamkeit des Erbverzichts des Bruders dazu, dass dieser bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden müsse, was den Pflichtteilsanspruch des Klägers auf 25 % begrenzt.
Die Revision wurde zugelassen, da die Frage der Reichweite des Schutzzwecks von § 2350 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 2310 BGB in dieser Konstellation bisher nicht höchstrichterlich entschieden wurde.