OLG Frankfurt am M 20 W 59/14

Juli 18, 2017

OLG Frankfurt am M 20 W 59/14 Keine inzidente Prüfung der Vaterschaft im Erbscheinserteilungsverfahren, rechtliche Verwandtschaft im Sinne des § 1589 BGB

Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Beschl. v. 22.09.2016, Az.: 20 W 59/14
Keine inzidente Prüfung der Vaterschaft im Erbscheinserteilungsverfahren

vorgehend:AG Rüdesheim – 15.07.2013 – AZ: 8 VI 128/11

Die gesetzliche Erbfolge richtet dich allein nach der rechtlichen Verwandtschaft im Sinne des § 1589 BGB. Eine inzidente Prüfung der Vaterschaft kommt im Erbscheinserteilungsverfahren wegen der Sperrwirkung des § 1599 Abs. 1 BGB bzw. § 1593 BGB a. F. grundsätzlich nicht in Betracht.

Im Falle eines von Abkömmlingen des behaupteten biologischen Vaters des Erblassers geltend gemachten gesetzlichen Erbrechts gibt es jedenfalls ohne das Hinzutreten besonderer Umstände keinen Anlass für eine Abweichung von diesem Grundsatz.
Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 4) hat den Beteiligten zu 1) und 2) zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens etwa entstandene notwendige Aufwendungen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 470.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

OLG Frankfurt am M 20 W 59/14

I.

Der am …1929 geborene und am …2011 verstorbene Erblasser war unverheiratet und hatte keine Kinder. Er war das einzige Kind der am …1992 vorverstorbenen Vorname1 Nachname1, geb. Nachname2, welche mit dem am …1975 vorverstorbenen Vorname2 Nachname1 verheiratet war. Die Ehe war am …1923 geschlossen worden.

Aus der Ehe sind keine weiteren Kinder hervorgegangen.

Die Großeltern väterlicherseits des Erblassers waren Vorname3 und Vorname4 Nachname1. Diese hatten neben dem Vater des Erblassers ein weiteres Kind, die am …1888 geborene und …1969 verstorbene Vorname5 Nachname3, geb. Nachname1.

Die Großeltern mütterlicherseits des Erblassers, die am …1856 geborene Vorname6 Nachname2, geb. Nachname4, und deren Ehemann, der am …1857 geborene Vorname7 Nachname2, sind vorverstorben. Ebenso vorverstorben sind deren sämtliche Kinder und Enkel.

Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die drei einzigen lebenden Urenkel der Vorname6 und des Vorname7 Nachname2. Wegen der Einzelheiten zu den Abkömmlingen der Vorname6 und des Vorname7 Nachname2 wird auch auf den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2) und 3) vom 20.07.2012 (Bl. 143 ff. d. A.) nebst Anlagen Bezug genommen.

Letztwillige Verfügungen des Erblassers sind nicht bekannt geworden.

Die Beteiligten zu 4) bis 6) sind Kinder des am …1962 verstorbenen Vorname8 Nachname5. Der Beteiligte zu 4) trägt vor, sein Vater Vorname8 Nachname5 sei entgegen der urkundlichen Feststellungen auch der biologische Vater des Erblassers, so dass die Beteiligten zu 4) bis 6) und der Erblasser Halbgeschwister seien.

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Mit notariell beurkundetem Erbscheinsantrag vom 27.01.2012 (Bl. 96 ff. d. A.), auf welchen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Beteiligte zu 4) die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, der ihn und seine beiden Schwestern, die Beteiligten zu 5) und 6), zu jeweils 1/3 als Miterben nach dem Erblasser ausweisen soll.

Er hat sein Erbrecht auf gesetzliche Erbfolge gestützt. Er hat die Ansicht vertreten, dass seine Schwestern und er, da sie mit Vorname8 Nachname5 denselben Vater wie der Erblasser hätten, auch dessen gesetzliche Erben zweiter Ordnung nach § 1925 Abs. 3 BGB seien. Bei den Verwandten des Erblassers mütterlicherseits handele es sich um Erben entfernterer Ordnungen, die nach § 1930 BGB demnach von der Erbfolge ausgeschlossen seien.

Der Beteiligte zu 4) hat in seinem Antrag im Einzelnen Ausführungen dazu gemacht, dass die beiden Kinder einer Schwester des Vorname8 Nachname5 über ihre Mutter viele Jahre hinweg Kenntnis von dem Verwandtschaftsverhältnis gehabt hätten und darüber Zeugnis ablegen könnten. Zudem werde die Durchführung eines DNA-Tests als Beweismittel angeboten.

Der Beteiligte zu 2) hat sich mit Schreiben vom 22.05.2012 (Bl. 127 d. A.) gegen den Antrag des Beteiligten zu 4) gewandt. Er hat u. a. vorgebracht, dass eine Anerkennung der Vaterschaft des Vorname8 Nachname5 gegenüber dem Erblasser nicht vorgelegen hätte. §§ 1924 ff. BGB regelten die gesetzliche Erbfolge. Die Abstammung eines Kindes werde nach § 1589 BGB durch bestehende Ehe mit der Mutter des Kindes oder durch Anerkennung der Vaterschaft begründet. Demnach gelte kraft Gesetzes die eheliche Abstammung, so dass sich eine Prüfung der Verwandtschaft des Erblassers mit den möglichen Halbgeschwistern erübrige.

Auch der Beteiligte zu 3) ist dem Antrag mit Schriftsatz vom 22.05.2012 (Bl. 124 ff. d. A.), auf den gleichfalls Bezug genommen wird, entgegen getreten. Er hat u. a. ausgeführt, dass in den Personenstandsurkunden Vorname2 Nachname1 als Vater des Erblassers eingetragen sei. Es gelte demnach die gesetzliche Vermutung der §§ 1591, 1592 BGB, wonach dieser auch der leibliche Vater des Erblassers sei. Demnach seien die Beteiligten zu 1) bis 3) als einzige lebende Verwandte des Erblassers auch dessen Erben. Er hat weiter darauf verwiesen, dass der Beteiligte zu 4) und dessen Schwestern bei der Verteilung des Erbes ihres Vaters, des 1962 verstorbenen Vorname8 Nachname5, keinen Hinweis auf die angebliche Abstammung des Erblassers von diesem gegeben hätten. Konsequenterweise wäre der Erblasser dann aber auch an dem Nachlass des Vorname8 Nachname5 zu beteiligen gewesen.

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Der Beteiligte zu 1) hat mit Anwaltsschriftsatz vom 23.05.2012 (Bl. 128 d. A.) gleichfalls Einwände gegen die Erteilung des von dem Beteiligten zu 4) beantragten Erbscheins erhoben. Er hat ausgeführt, dass die Verwandtschaft des Beteiligten zu 4) zum Erblasser nicht glaubhaft gemacht und erst Recht nicht nachgewiesen sei. Es sei vielmehr durch sämtliche (Personenstands-)Urkunden belegt, dass Vorname2 Nachname1 der Vater des in die Familie Nachname1 hineingeborenen Erblassers gewesen sei.

Mit Urkunde des Notars N1 in Stadt1 – dessen UR-Nr. …/2012 – vom 11.07.2012 (Bl. 144 ff. d. A.) haben die Beteiligten zu 2) und 3) ihrerseits bei dem Nachlassgericht die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, welcher den Beteiligten zu 3) zu 1/2 und die Beteiligten zu 1) und 2) zu jeweils 1/4 als Miterben des Erblassers ausweisen soll. Sie stützen ihr Erbrecht auf gesetzliche Erbfolge als Abkömmlinge der Großeltern mütterlicherseits des Erblassers. Sie haben zu Abkömmlingen des Vaters und Vatersvaters des Erblassers zunächst lediglich vorgetragen, der Vater des Erblassers habe eine Schwester – “Frau Nachname1” – und keine (weiteren) Kinder gehabt.

Der Beteiligte zu 4) hat auf die Erwiderungen zu seinem Erbscheinsantrag und auf den gegenläufigen Antrag der Beteiligten zu 2) und 3) angekündigt, dass er einen Vaterschaftsnachweis erbringen werde. Auf Veranlassung des Beteiligten zu 4) hat Frau Z1, eine Cousine der Beteiligten zu 4) bis 6) einen “Bericht” vorgelegt, in welchem sie detaillierte Ausführungen u. a. dazu gemacht hat, dass sie in den Jahren 1951/52 von ihrer Mutter und der Mutter des Erblassers “aufgeklärt” worden sei, dass der Erblasser und sie verwandt seien.

Der Beteiligte zu 4) hat weiter eine notariell beurkundete eidesstattliche Versicherung des Z2 vorgelegt, in welcher dieser versichert hat, dass seine Mutter das urkundlich nicht dokumentierte Vaterschaftsverhältnis des Vorname8 Nachname5 betreffend des Erblassers ihm glaubhaft offengelegt habe. Der Beteiligte zu 4) hat unter Bezugnahme auf diese Erklärungen u. a. mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 27.08.2012 (Bl. 222 f. d. A.) erklärt, dass nach § 2356 Abs. 1 S. 1 BGB das Erbrecht durch eidesstattliche Versicherungen nachgewiesen werden könne. Die Abstammung sei demnach durch die vorgelegten Erklärungen formgerecht (§ 2356 Abs. 1 S. 1 BGB) nachgewiesen.

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Es stelle sich demnach die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis zwischen wirklicher biologischer Vaterschaft und fiktiver Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB. § 1599 Abs. 1 BGB werde dabei in dem Sinne interpretiert, dass die fingierte Vaterschaft nach § 1592 BGB grundsätzlich durch ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren beseitigt werden müsse.

Hintergrund sei das Wohl des Kindes, welches vor unkontrollierten Inzidentanzweiflungen der Vaterschaft geschützt werden solle. Etwas anderes gelte aber mit Verweis auf Fundstellen in Rechtsprechung und Literatur, soweit die Eltern-Kind-Beziehung nicht unmittelbar betroffen sei.

Dies sei vorliegend der Fall. Interessen des Erblassers als Kind des Scheinvaters seien hier nicht unmittelbar betroffen, und auch nicht durch Art. 6 GG besonders geschützt, da kein Kontakt des Erblassers zu den heute noch lebenden Verwandten seiner Mutter bestanden habe, die nun das gesetzliche Erbrecht für sich in Anspruch nähmen. Berücksichtige man, dass das materielle Erbrecht durch Art. 14 GG verfassungsrechtlich garantiert sei, könnten enge formale Hürden dieses nicht unterlaufen.

Mit Beschluss vom 15.07.2013 (Bl. 227 ff. d. A.) hat das Nachlassgericht durch den Direktor des Amtsgerichts die zur Erteilung des von den Beteiligten zu 2) und 3) beantragten gemeinschaftlichen Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet, die Wirksamkeit des Beschlusses ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt.

Zu den Gründen, wegen derer auch auf den genannten Beschluss Bezug genommen wird, hat das Nachlassgericht u. a. ausgeführt, dass die Einwendungen des Beteiligten zu 4) unbegründet seien. Vorname2 Nachname1 sei in den Familienurkunden des Erblassers als leiblicher Vater des Erblassers eingetragen.

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Demzufolge gelte die gesetzliche Vermutung nach §§ 1591, 1592 BGB. Der Vortrag des Beteiligten zu 4) und die vorgelegten Erklärungen beschränkten sich auf die Wiedergabe von Gerüchten, die in den 1950er Jahren übermittelt worden seien.

Diesen fehle aber die entscheidende Beweiskraft zur Erschütterung der Vermutungswirkung der genannten Normen. Dabei berücksichtige das Gericht auch, dass die Beteiligten zu 4) bis 6) nach dem Tod ihres Vaters keine Anstalten unternommen hätten, den Erblasser als potenziellen Miterben einzubeziehen. Über den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 4) hat das Nachlassgericht keine Entscheidung getroffen.

Gegen den am 25.07.2013 zugestellten vorgenannten Beschluss hat der Beteiligte zu 4) mit beim Nachlassgericht am 20.08.2013 eingegangenem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tage (Bl. 242 f. d. A.), auf den wegen seiner Einzelheiten Bezug genommen wird, Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet. Er nimmt Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen und vertieft dieses. Er führt aus, dass sich entgegen der Annahme des Nachlassgerichts die Vaterschaft von Herrn Vorname8 Nachname5 nicht nur auf Gerüchte stütze. Er – der Beteiligte zu 4) – habe vielmehr die Umstände im Einzelnen dargelegt, unter denen die Vaterschaft offenbart worden sei, was er näher ausführt.

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Der Beteiligte zu 2) ist mit Schreiben vom 30.08.2013 (Bl. 252 d. A.) der Beschwerde entgegen getreten. Er führt u. a. aus, dass die Beschwerde keine neuen Gesichtspunkte vorbringe.

Mit Beschluss vom 18.10.2013 (Bl. 257 d. A.) hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, dass auch nach dem weiteren Vortrag des Beteiligten zu 4) die schwachen Indizien nicht genügten, die gesetzliche Vermutung gemäß §§ 1591, 1592 BGB zu entkräften, wonach der 1975 verstorbene Vorname2 Nachname1 der Vater des Erblassers sei.

Das Nachlassgericht hat mit Verfügung vom 21.10.2013 die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt. Der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts, welchem die Akten zunächst zugeleitet worden waren, hat diese mit Verfügung vom 04.03.2014 (Bl. 264 d. A.) dem Senat zuständigkeitshalber übersandt, der das Verfahren übernommen hat.

Der Senat hat mit Schreiben des Berichterstatters vom 05.02.2016 (Bl. 297 ff. d. A.) u. a. darauf hingewiesen und dargelegt, dass unabhängig von der biologischen Abstammung des Kindes der Mann als Vater mit dem Kind verwandt ist, welcher zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet war. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn die Vaterschaft nach § 1599 Abs. 1 BGB erfolgreich angefochten sei.

Der Senat hat weiter die Beteiligten zu 2) und 3) darauf hingewiesen, dass auch, wenn die rechtliche Vaterschaft des Vorname2 Nachname1 maßgeblich sein sollte, wegen fehlender Nachweise nach § 2356 BGB a. F. die zur Erteilung des von diesen beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen derzeit dennoch noch nicht festzustellen seien.

Der Beteiligte zu 4) hat daraufhin vertiefend ausgeführt, dass eine inzidente Feststellung der Vaterschaft ausnahmsweise möglich sei, wenn eine solche keine negativen Folgen für das Kind auslöse. Dies sei vorliegend der Fall. Ein besonderer Schutz des Kindes nach Art. 6 GG sei nicht geboten. Hingegen bedürften jedoch die tatsächlich über den biologischen Vater verwandten Erben des verfassungsrechtlichen Schutzes des Art. 14 GG.

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Nachdem der Beteiligte zu 1) zunächst um Fristeinräumung für die Beibringung weiterer Urkunden durch ihn und den Beteiligten zu 2) ersucht hatte, hat der Beteiligte zu 2) weitere Personenstandsurkunden in beglaubigter Kopie zur Akte gereicht.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auch Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Beteiligten bzw. ihrer Verfahrensbevollmächtigten.

II.

Die Beschwerde ist statthaft, § 58 FamFG. Der Beteiligte zu 4) ist beschwerdebefugt. Denn er ist durch die Entscheidung des Nachlassgerichts in seinem von ihm angenommenen gesetzlichen Erbrecht nach dem Erblasser beeinträchtigt, § 59 Abs. 1 FamFG. Dabei ist im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung noch nicht zu klären, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein gesetzliches Erbrecht des Beteiligten zu 4) tatsächlich besteht oder bestehen kann.

Wenn nämlich die materielle Beschwer im Sinne des § 59 FamFG gerade ein Recht betrifft, von dessen Bestand auch die Begründetheit der Beschwerde abhängt, muss eine Rechtsbeeinträchtigung nicht feststehen, es genügt vielmehr deren Möglichkeit. Dies ist im Erbscheinsverfahren regelmäßig der Fall, wenn der Beschwerdeführer behauptet, Erbe zu sein (vgl. Meyer-Holz in Keidel, FamFG, 18. Aufl., § 59 FamFG, Rn 20).

Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 63, 64 FamFG.

Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das Nachlassgericht hat im Ergebnis zu Recht die für die Erteilung des von den Beteiligten zu 2) und 3) beantragten gemeinschaftlichen Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet.

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Für die gesetzliche Erbfolge nach dem Erblasser, welche sich nach den §§ 1924 bis 1930 BGB richtet, ist die rechtlich anerkannte Verwandtschaft im familienrechtlichen Sinne gemäß § 1589 BGB maßgeblich und nicht eine allein biologische Verwandtschaft. Denn unter den Abkömmlingen im Sinne der Vorschriften über die gesetzliche Erbfolge sind diejenigen Verwandten des Erblassers zu verstehen, mit denen dieser oder eine der in den §§ 1925, 1926, 1928, 1929 BGB genannten Personen (Eltern, Großeltern usw.) in gerader (§ 1589 Abs. 1 S. 1 BGB), absteigender Linie verwandt ist (Deszendenten),

wobei dabei nicht die Abstammung und die Verwandtschaft im biologischen, sondern diejenige im Rechtssinne entscheidend ist (BGH Urteil vom 14.12.1988, Az. IVa ZR 231/87, zitiert nach juris Rn. 8; vgl. auch: Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 24.05.2000, Az. 1Z BR 46/99, zitiert nach juris Rn. 26; Leipold in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. § 1924 BGB, Rn 3; J. Lieder in Ermann, BGB, 14. Aufl., § 1924 BGB, Rn. 1; M. Schmidt in Herberger / Martinek / Rüßmann, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 1924 BGB, Rn. 7).

Vater eines ehelich geborenen Kindes ist nach aktueller Fassung des § 1592 Nr. 1 BGB der Ehemann der Mutter. Dieser ist mit dem Kind im vorgenannten Sinne rechtlich verwandt. Gleiches gilt im Ergebnis auch für vor dem 01.07.1998 geborene Kinder. Die rechtliche Vaterschaft hinsichtlich eines vor dem genannten Datum von einer verheirateten Mutter geborenen Kindes richtet sich gemäß Art. 224 § 1 Abs. 1 EGBGB nach § 1591 BGB a. F. Lagen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ehelichkeit alten Rechts nach letztgenannter Vorschrift im Zeitpunkt der Geburt vor, besteht Vaterschaft des Ehemanns der Mutter nach neuem Recht ex lege (vgl. Rauscher in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, Art. 224 § 1 EGBGB, Rn. 7). Es ist damit eine Überleitung der Ehelichkeit des Kindes in die Vaterschaft des Ehemanns der Mutter kraft Gesetzes erfolgt.

Die nach der genannten Vorschrift bestehende Ehelichkeit des von einer verheirateten Mutter geborenen Kindes entfiel nach altem Recht nur dann, wenn diese nach den §§ 1593 ff. BGB a. F. angefochten und die Nichtehelichkeit rechtskräftig festgestellt worden war. War bis zum Zeitpunkt der Anwendbarkeit neuen Rechts eine Ehelichkeitsanfechtung nicht erfolgt, kommt es auch nicht darauf an, ob die – neben der Geburt während der Ehe – weiteren Voraussetzungen des § 1591 BGB a. F. vorliegen, auch nicht darauf, ob die Ehelichkeit entfällt, weil es den Umständen nach offenbar unmöglich war (§ 1591 Abs. 1 S. 2 BGB a. F.), dass die Frau das Kind von dem Ehemann empfangen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 16.01.2013, Az. IV ZR 250/12, zitiert nach juris).

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Die Anfechtung einer durch Überleitung der Ehelichkeit des Kindes begründeten rechtlichen Vaterschaft des Ehemanns der Mutter richtet sich gemäß Art. 224 § 1 Abs. 2 Alt. 1 EGBGB nach neuem Recht (vgl. Diedrichsen in Palandt, BGB, 75. Aufl. Art 224 § 1 EGBGB, Rn. 4). Auch die übergeleitete Vaterschaft besteht nach § 1593 BGB a. F. bzw. entsprechend § 1599 BGB demnach, solange nicht aufgrund einer Anfechtung die rechtskräftige Feststellung erfolgt ist, dass der Ehemann nicht Vater des Kindes ist.

Nach diesen Grundsätzen ist der rechtliche Vater des 1929 geborenen Erblassers der Vorname2 Nachname1. Denn dieser war seit 1923 bis zu seinem Tode im Jahre 1975 mit der Mutter des Erblassers verheiratet und eine rechtkräftige Feststellung der Nichtehelichkeit nach altem Recht bzw. des Nichtbestehens der Vaterschaft nach neuem Recht ist nicht erfolgt. Auf die weiteren Erwägungen des Nachlassgerichts, wonach der Vortrag des Beteiligten zu 4) die Vermutungswirkung der Vaterschaft des Vorname2 Nachname1 nicht erschüttern könne, kommt es nach dem Vorgesagten angesichts der Geburt des Erblassers während der bestehenden Ehe vorliegend nicht an.

Auch eine Inzidentprüfung einer abweichenden Vaterschaft kommt vorliegend nicht in Betracht. Zwar verweist die Beschwerde im Ansatz zutreffend darauf, dass die Rechtsprechung in besonderen Einzelfällen trotz der grundsätzlich bestehenden Sperrwirkung des § 1599 Abs. 1 BGB eine solche Prüfung vornimmt.

Dabei kann dahinstehen, ob eine solche auch bei Vaterschaften in Betracht kommt, welche – wie vorliegend – auf Überleitung der Ehelichkeit nach altem Recht beruhen. So hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluss über die Nichtzulassung der Revision vom 16.01.2013 (Az. IV ZR 250/12, zitiert nach juris) unter Verweis auf eine ältere Entscheidung (BGH Urteil vom 25.03.1981, Az. IVb ZR 561/80, zitiert nach juris) ohne nähere Begründung ausgeführt, dass § 1593 BGB a. F. eine Sperrwirkung für das gesamte Zivilrecht entfaltet und eine inzidente Prüfung, ob das Kind ehelich ist oder nicht, demnach umfassend verbietet.

Selbst wenn auch für übergeleitete Vaterschaften eine Durchbrechung der Sperrwirkung im Einzelfall grundsätzlich möglich sein sollte, hat vorliegend eine solche inzidente Prüfung der Vaterschaft nicht zu erfolgen. Eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs von § 1599 Abs. 1 BGB, welche eine solche Prüfung eröffnen könnte, kann nämlich nur in solchen Fällen in Betracht kommen, deren Auswirkung der Gesetzgeber offensichtlich nicht in vollem Umfang bedacht hat und in denen es daher geboten erscheint, schlechthin untragbare Ergebnisse zu vermeiden (vgl. BGH Beschluss vom 25.06.2008, Az. XII ZB 163/06, zitiert nach juris Rn. 15 f. m. w. N.).

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Dies betrifft jeweils besonders gelagerte Einzelfälle, beispielsweise den Regressprozess des Scheinvaters, welcher nach § 1600e BGB a. F. im Vaterschaftsfeststellungsverfahren nicht antragsbefugt ist, gegen den vermuteten biologischen Vater (BGH, Urteil vom 16.04.2008, Az. XII ZR 144/06);

die Geltendmachung der Nichtabstammung des Kindes von dem rechtlichen Vater durch diesen in einem Unterhaltsverfahren gegen seine Ehefrau, welche ihm die mögliche Abstammung des Kindes von einen anderen Mann verschwiegen hat (BGH, Urteil vom 15.02.2012, Az. XII ZR 137/09); den Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter (BGH, Urteil vom 09.11.2011, Az. XII ZR 136/09) oder den Schadensersatzprozess gegen den Rechtsanwalt wegen Versäumung der gerade aus diesem Grunde nicht mehr möglichen Vaterschaftsanfechtung (BGH, Urteil vom 23.09.2004, Az. IX ZR 137/03, alle vorgenannten Urteile zitiert nach juris).

Gemeinsam ist diesen Fallgestaltungen, dass – wie auch die Beschwerde im Ausgangspunkt zutreffend annimmt – die Interessen des Kindes von der inzidenten Vaterschaftsfeststellung nicht betroffen sind. Diese Interessen sind dann nicht betroffen, wenn sein Status selbst und die sich aus diesem unmittelbar ergebenden Rechtsfolgen nicht berührt werden können (vgl. dazu auch: LG Berlin, Urteil vom 15.02.2011, Az. 37 O 224/10, zitiert nach juris Rn. 22).

Bei dem gesetzlichen Erbrecht – wie vorliegend – nach dem Kind und auch des Kindes nach dem Vater handelt es sich aber um Rechtsfolgen, welche sich unmittelbar aus dem Status ergeben, weil – wie oben dargestellt – das gesetzliche Erbrecht gerade von dem rechtlichen Verwandtschaftsverhältnis abhängt.

Nach Auffassung des Senats spricht daher viel dafür, dass eine Inzidentprüfung einer Vaterschaft im Verfahren betreffend das Erbrecht als solchem, also im Erbscheinserteilungsverfahren und auch im Zivilprozess betreffend die Feststellung des Erbrechts, grundsätzlich ausgeschlossen ist.

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Selbst wenn man eine Inzidentprüfung auch in einem der genannten Verfahren als eröffnet ansehen wollte, kann diese nur ausnahmsweise auf besondere Einzelfälle beschränkt sein und nicht in jedem Fall erfolgen, in dem Erbprätendenten allein aufgrund einer von ihnen angenommenen biologischen Vaterschaft ein gesetzliches Erbrecht für sich beanspruchen. So hat das Oberlandesgericht Koblenz in der von der Beschwerde angeführten Entscheidung (OLG, Koblenz, 10. Zivilsenat, Urteil vom 11.07.2008, Az. 10 U 1271/07, zitiert nach juris)

bzw. die dortige Vorinstanz den ungewöhnlichen Umstand, dass der Scheinvater des Kindes das gerichtliche Vaterschaftsanfechtungsverfahren bereits eingeleitet hatte, vor dessen Abschluss aber verstorben war, zum Anlass genommen, im Zivilprozess betreffend die Feststellung des Nichtbestehens erbrechtlicher Ansprüche des Kindes die Voraussetzungen einer solche Inzidentanfechtung jedenfalls weiter zu prüfen.

Entgegen der Darstellung der Beschwerde ist es aber im Rahmen einer Abwägung der Interessen (dazu sogleich unten näher) des rechtlichen Kindes als gesetzlichem Erben einerseits und der übrigen Erbprätendenten nach gesetzlicher Erbfolge anderseits zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Ausnahme von der Sperrwirkung der Vaterschaftstatbestände nicht gerechtfertigt war,

so dass sich die Erbfolge unter Berücksichtigung der rechtlichen Vaterschaft ergab. In gleicher Weise haben auch ein weiterer Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz für eine andere Streitigkeit betreffend offensichtlich denselben Erbfall und das Landgericht Berlin in einem vergleichbaren Fall entscheiden (OLG Koblenz, 2. Zivilsenat, Urteil vom 08.11.2012, Az. 2 U 834/11; LG Berlin, Urteil vom 15.02.2011, Az. 37 O 224/10; jeweils zitiert nach juris).

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Hintergrund der gesetzlich angeordneten Sperrwirkung ist, dass der Bestand einer Vaterschaft nach wie vor als rechtlich und tatsächlich vorteilhaft eingestuft wird. Auch im Interesse der Rechtssicherheit soll der Status eines Kindes daher bewahrt werden. Nur im besonderen Einzelfall kann das Interesse des Kindes – und ggf. auch Dritter – an der Wahrung des Personenstandes hinter den Interessen der Allgemeinheit oder weiterer Einzelpersonen im Rahmen einer abwägenden Wertung der Interessenlage ausnahmsweise zurücktreten (vgl. dazu auch OLG Koblenz, Urteil vom 11.07.2008, Az. 10 U 1271/07, zitiert nach juris Rn. 25).

In dem vorliegenden Fall – die von den Beteiligten zu 4) bis 6) behauptete biologische Vaterschaft als bestehend unterstellt – besteht kein erkennbares Bedürfnis an einer Korrektur der sich aus der Vaterschaft des Vorname2 Nachname1 ergebenden Wirkungen für die gesetzliche Erbfolge nach dem Erblasser.

Die gesetzliche Erbenstellung der Beteiligten zu 1) bis 3), die sich aus der von dem Erblasser als bestehend angenommenen und zudem den familiären Bindungen entsprechenden Vaterschaft des Vorname2 Nachname1 ergibt, stellt kein unbilliges von dem Gesetzgeber nicht bedachtes Ergebnis dar. Es deckt sich vielmehr vollständig mit der dargestellten gesetzgeberischen Wertung, dass für die Erbfolge gerade die rechtliche und nicht die biologische Verwandtschaft maßgeblich sein soll. Vor diesem Hintergrund überzeugt auch die Annahme der Beschwerde nicht, Interessen des Erblassers könnten in einem solchen Falle nicht berührt sein.

Wie oben ausführlich dargestellt, wirkt sich der Status eines Kindes unmittelbar auf die gesetzliche Erbfolge nach ihm aus. Jedenfalls, wenn ein Erblasser – wie vorliegend – keinen Anlass zu Zweifeln hat, dass der Ehemann seiner Mutter auch sein Vater ist, verdient dessen Vertrauen auf den Eintritt der sich aus dieser Abstammung ergebenden gesetzlichen Erbfolge Schutz.

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Wenn keine letztwilligen Verfügungen eines Erblassers vorliegen, ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass er von solchen gerade in Erwartung des Eintritts der sich aus der von ihm als zutreffend angenommenen rechtlichen Vaterschaft ergebenden gesetzlichen Erbfolge abgesehen hat. Auch den Vortrag des Beteiligten zu 4) als zutreffend unterstellt, der Erblasser habe zu den Beteiligten zu 4) bis 6) engeren Kontakt gehabt als zu den mit ihm nur entfernt verwandten Beteiligten zu 1) bis 3) rechtfertigt dies kein abweichendes Ergebnis.

Denn hätte der Erblasser, der von einer möglicherweise bestehenden Vaterschaft des Vorname8 Nachname5 keine Kenntnis hatte, dessen Kinder aufgrund persönlicher Verbundenheit von Todes wegen bedenken wollen, wäre ihm dies durch Verfügung von Todes wegen ohne weiteres möglich gewesen.

Schließlich hat der Gesetzgeber bewusst die Möglichkeit, eine Vaterschaftsanfechtungsklage zu erheben, auf einen bestimmten Personenkreis begrenzt, zu dem nach § 1600 Abs. 1 BGB nur der rechtliche Vater, der tatsächliche Vater, die Mutter und das Kind jeweils höchstpersönlich gehören (vgl. Wellenhofer in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 1600 BGB, Rn. 1).

Die Abkömmlinge oder die Erben des biologischen Vaters zählen nicht zu den Anfechtungsberechtigten. Räumt der Gesetzgeber aber bestimmten Personen bewusst kein Recht ein, eine Vaterschaftsanfechtungsklage zu erheben, kann ihnen diese Möglichkeit grundsätzlich auch faktisch jedenfalls im Verfahren betreffend das gesetzliche Erbrecht nicht im Wege einer Inzidentprüfung eröffnet werden (vgl. auch: OLG Koblenz, Urteil vom 08.11.2012, Az. 2 U 834/11, zitiert nach juris, Rn. 25).

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Wie die Beteiligten zu 1) bis 3) zutreffend einwenden, würden bei einer solchen Inzidentfeststellung zudem die erbrechtlichen Folgen einer abweichenden Vaterschaft nur für einen Erbfall Berücksichtigung finden können, obwohl die Auswirkungen tatsächlich weitergehend sein können, so z. B. auch die Erbfolge nach dem biologischen Vater betreffen können. Auch aus Gründen der Rechtssicherheit scheidet eine inzidente Vaterschaftsprüfung im Rahmen eines Verfahrens betreffend das Erbrecht daher jedenfalls regelmäßig aus.

Zudem gebieten auch die von der Beschwerde vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken keine abweichende Beurteilung.

Das Privaterbrecht ist mit seinen tragenden Grundprinzipien nach Art. 14 Abs. 1 GG als Rechtsinstitut und als Individualrecht garantiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.12.1994, Az. BvR 720/90, BVerfGE 91, 346 – 366 [BVerfG 14.12.1994 – 1 BvR 720/90], zitiert nach juris Rn 44 m. w. N.). Inhalt und Schranken können nach Art. 14 Abs. 2 GG durch den Gesetzgeber definiert werden.

Dieser hat im Rahmen einer solchen verfassungskonformen Inhaltsbestimmung die Entscheidung getroffen, das gesetzliche Erbrecht an die nach formalen Kriterien definierte Verwandtschaft anzuknüpfen, welche von der biologischen Verwandtschaft abweichen kann.

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Dadurch werden weder Indiviualrechte des biologischen Vaters oder von dessen Abkömmlingen berührt noch in das Institut des Erbrechts als solches eingegriffen. Vielmehr können die aufgrund rechtlicher Verwandtschaft berufenen gesetzlichen Erben ihrerseits den Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG in Anspruch nehmen.

Auch die grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers für eine statusrechtliche Sperrwirkung, die nur im Rahmen eines gesonderten dafür vorgesehenen Verfahrens überwunden werden kann, hat das Bundesverfassungsgericht im Rahmen seiner zahlreichen Entscheidungen zum Recht der Vaterschaftsanfechtung nicht beanstandet (vgl. dazu ausführlich: OLG Koblenz, a. a. O., Rn. 26 m. w. N.).

Demnach handelt es sich bei den Beteiligten zu 1) bis 3) um die gesetzlichen Erben des Erblassers. Diese sind als Erben dritter Ordnung nach § 1926 Abs. 1 BGB berufen. Erben vorhergehender Ordnungen, welche diese von nach § 1930 BGB von der Erbfolge ausschließen würden, sind nicht vorhanden. Denn der Erblasser hatte keine Kinder; auch seine Eltern sind vorverstorben und haben keine weiteren Kinder hinterlassen. Beide Großelternteile mütterlicherseits des Erblassers sind vorverstorben.

An ihre Stelle treten nach § 1926 Abs. 3 S. 1 BGB deren Abkömmlinge nach den Vorschriften für die Beerbung in der ersten Ordnung, § 1926 Abs. 5 BGB, also die Beteiligten zu 1) bis 3). Die Großeltern des Erblassers väterlicherseits sind wie deren Abkömmlinge ebenfalls vorverstorben, so dass deren Anteil an dem Erbe den anderen Großeltern bzw. deren Abkömmlingen zufällt, § 1926 Abs. 3 S. 2 BGB.

OLG Frankfurt am M 20 W 59/14

Demnach fällt das gesamte Erbe den Abkömmlingen der Großeltern mütterlicherseits zu. In den von den Kindern der Großeltern herrührenden Stämmen lebten zum Zeitpunkt des Erbfalls als Abkömmling des Vorname9 Nachname2 der Beteiligte zu 3) sowie als Abkömmlinge des Vorname7 Nachname2 die Beteiligten zu 1) und 2).

Auf diese beiden Stämme verteilt sich das Erbe zu je 1/2, so dass dem Beteiligten zu 3) als einzigem Abkömmling in seinem Stamm eine Hälfte zufällt und die Hälfte des anderen Stammes sich wiederum hälftig auf die Beteiligten zu 1) und 2) aufteilt, die damit zu jeweils 1/4 zu Erben berufen sind (§ 1926 Abs. 5, § 1924 Abs. 4, Abs. 3 BGB).

Zwar haben die Beteiligten zu 2) und 3) hinsichtlich der Großeltern väterlicherseits keine Sterbenachweise in Form öffentlicher Urkunden vorgelegt, wie dies nach § 2356 Abs. 1, § 2354 Abs. 1 BGB a. F. grundsätzlich erforderlich ist. Das Vorversterben der Großeltern väterlicherseits ist aber offenkundig im Sinne von § 2356 Abs. 3 BGB a. F.

Aus den unter Vorlage von Personenstandsurkunden nachgewiesenen Geburtsdaten des Vaters des Erblassers (1893) und dessen Schwester (1888) folgt, dass sich die Großeltern väterlicherseits um 1890 bereits im Erwachsenenalter befanden.

Aus einem in einfacher Kopie vorgelegten Auszug aus einem “Amtsregister” ergeben sich als damit in Einklang stehende Geburtsdaten der Großmutter der …1866 und des Großvaters der …1861. Dass diese noch leben, kann danach sicher ausgeschlossen werden.

OLG Frankfurt am M 20 W 59/14

Der Beteiligte zu 3) hat in seinem Antrag auch die übrigen Angaben nach § 2354 Abs. 1, Abs. 2 BGB a. F. gemacht und in der nach § 2356 Abs. 1, Abs. 2 BGB a. F. vorgeschrieben Form nachgewiesen. So hat er insbesondere auch angegeben, dass keine weiteren Personen vorhanden sind, durch die er von der Erbfolge ausgeschlossen würde, zu dem Wegfall solcher Personen die nach § 2354 Abs. 2 BGB a. F. erforderlichen Angaben gemacht und deren Wegfall durch öffentliche Urkunden im Sinne des § 2356 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. nachgewiesen.

Betreffend der Schwester des Vaters des Erblassers ist dies ergänzend im Beschwerdeverfahren erfolgt, in welchem er deren Sterbeurkunde nachgereicht hat. Da im Übrigen auch die Voraussetzungen des § 2357 Abs. 4 BGB a. F. vorliegen, hat das Nachlassgericht zu Recht die zur Erteilung des von dem Beteiligten zu 3) beantragten gemeinschaftlichen Erbscheins für festgestellt erachtet, § 2359 BGB a. F.

Die Erteilung des Erbscheins bleibt dem Nachlassgericht vorbehalten, § 2353 BGB. Dieses wird auch über den noch nicht beschiedenen Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 4) zu erkennen haben, sofern dieser aufrechterhalten wird.

Da sich die Verpflichtung des Beteiligten zu 4) zur Tragung der Gerichtskosten bereits aus dem Gesetz ergibt (§ 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG), bedurfte es dazu keines Ausspruchs.

Die Entscheidung über die Erstattung der den Beteiligten zu 1) bis 2) im Verfahren der Beschwerde entstandenen notwendigen Aufwendungen folgt aus § 84 FamFG. Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, von dem dort normierten gesetzlichen Regelfall abzuweichen.

Dabei ist es für diese Kostengrundentscheidung unerheblich, ob den Beteiligten zu 1) bis 2) im Verfahren der Beschwerde tatsächlich erstattungsfähige notwendige Aufwendungen im Sinne von § 80 FamFG entstanden sind. Hinsichtlich der übrigen Beteiligten, welche sich in dem Beschwerdeverfahren nicht geäußert haben, war eine Beteiligung an einer Erstattung von Aufwendungen nicht angezeigt.

OLG Frankfurt am M 20 W 59/14

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 61 Abs. 1 S. 1, § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GNotKG (vgl. Senat, Beschluss vom 03.03.2015, Az. 20 W 380/13, zitiert nach juris), wonach für das Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts im Verfahren über die Erbscheinserteilung der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls maßgeblich ist.

Dabei sind bei der Ermittlung des Nachlasswertes von dessen reinem Wert nur die vom Erblasser herrührenden Verbindlichkeiten abzuziehen, § 40 Abs. 1 S. 2 GNotKG. Nach diesen Grundsätzen ergibt sich ausgehend von den zur Akte gelangten Angaben des Nachlasspflegers vorliegend ein Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren von bis zu 470.000,00 EUR.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind, § 70 FamFG. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Denn die Entscheidung beruht auf der Subsumtion des vorliegenden Einzelfalls unter anerkannte rechtliche Grundsätze. Auch bedarf es zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keiner Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht.

Denn es sind keine Entscheidungen eines höher- oder gleichrangingen Gerichts ersichtlich, welches die vorliegend maßgebliche Rechtsfrage der Inzidentprüfung der Vaterschaft im Verfahren betreffend das Erbrecht anders beurteilt hätten als der Senat, auch nicht – wie oben aufgezeigt – die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz.

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben, weil sie im Gesetz nicht vorgesehen ist.

OLG Frankfurt am M 20 W 59/14

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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