Pferd – Zurückbehaltungsrecht – OLG Frankfurt am Main – 12 U 35/11

Mai 3, 2019

Pferd – Zurückbehaltungsrecht – OLG Frankfurt am Main – 12 U 35/11

Urteil vom 17.10.2012

Zusammenfassung von RAin Berloznik:

Sachverhalt:

Die Klägerin, Eigentümerin eines Wallachs (W) und einer Stute (S), überließ die Stute im Dezember 2005 kostenlos dem Gestüt der Beklagten.

Im April 2006 wurden zwei Verträge über den Wallach geschlossen, die Einstellungs-, Beritt- und Zusatzkosten regelten.

Eine weitere Stute wurde 2007/2008 gegen Entgelt zur Ausbildung überlassen.

Im August 2009 verlangte die Klägerin Rechnungslegung und Herausgabe von S, nachdem sie bereits im Juni 2009 die Herausgabe beider Pferde gefordert hatte.

Die Beklagte verweigerte dies und kündigte den Überlassungsvertrag zu S im April 2010.

Die Klägerin klagte auf Herausgabe von S, Auskunft über Käufer und Verkaufspreis von W und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Pferd – Zurückbehaltungsrecht – OLG Frankfurt am Main – 12 U 35/11

Die Beklagte berief sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen angeblicher Ansprüche in Höhe von 22.801,67 €

und widerklagte auf Zahlung dieser Summe, einen Anteil am Verkaufserlös von S oder die Erlaubnis, zwei Fohlen aus S zu ziehen.

Die Klägerin bestritt die Ansprüche.

Landgericht:

Das Landgericht entschied, dass die Klägerin S nur gegen Zahlung von 22.341,67 € herausverlangen könne, da der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zustehe.

Die Begründung hierfür waren offene Forderungen bezüglich W und Pensionskosten von S.

Der Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten wurde abgelehnt.

Der Feststellungsantrag der Beklagten bezüglich Unterbringungskosten und Verkaufserlösanteil wurde teilweise stattgegeben.

Pferd – Zurückbehaltungsrecht – OLG Frankfurt am Main – 12 U 35/11

Berufung:

Die Klägerin legte Berufung ein und argumentierte, dass kein Zurückbehaltungsrecht bestehe.

Die Beklagte beantragte die Zurückweisung der Berufung und erweiterte ihre Widerklage.

Oberlandesgericht:

Das OLG gab der Berufung teilweise statt.

Die Klägerin erhielt S ohne Zurückbehaltungsrecht zurück und teilweise Anwaltskosten erstattet.

Die Forderungen der Beklagten wurden reduziert.

Entscheidungsgründe:

Pferd – Zurückbehaltungsrecht – OLG Frankfurt am Main – 12 U 35/11

  • Herausgabeanspruch:

    • Kein Zurückbehaltungsrecht wegen Ansprüchen aus dem Überlassungsvertrag zu S, da die Klägerin keine Kosten für Einstallung und Unterhalt der Stute zu tragen hatte.
    • Kein Zurückbehaltungsrecht wegen Ansprüchen aus den Verträgen zu W, da diese zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts bereits beendet waren.
    • Kein Pfandrecht an S, da die AGB nur für den Vertrag über W galten.
    • Die notarielle Hinterlegung von Geld durch die Klägerin war irrelevant, da die Beklagte die Sicherheitsleistung abgelehnt hatte.
  • Anwaltskosten:

    • Anspruch der Klägerin auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe des Verzugsschadens, der sich aus dem Wert von S (10.000 €) ergab.
  • Widerklage:

    • Anspruch der Beklagten auf Zahlung von 20.337 € für Beritt und Pension von W.
    • Kein Anspruch der Beklagten auf Erstattung von Pensionskosten für S, da diese zu Unrecht zurückbehalten wurde.
    • Anspruch der Beklagten auf 20 % des Verkaufserlöses von S, da dies als entgeltliche Vereinbarung und nicht als Schenkung zu werten war.

Pferd – Zurückbehaltungsrecht – OLG Frankfurt am Main – 12 U 35/11

Wesentliche Punkte:

  • Konnexität: Das OLG stellte klar, dass ein Zurückbehaltungsrecht nur besteht, wenn die geltend gemachten Ansprüche mit dem Herausgabeanspruch in einem engen Zusammenhang stehen (Konnexität). Im vorliegenden Fall fehlte es an dieser Konnexität, da die Ansprüche der Beklagten sich auf W bezogen, der Herausgabeanspruch jedoch S betraf.
  • Vertragsauslegung: Das OLG prüfte die Verträge zwischen den Parteien und stellte fest, dass die Klägerin keine Kosten für die Stute S zu tragen hatte. Die Verträge über den Wallach W waren bereits beendet, sodass auch hieraus kein Zurückbehaltungsrecht hergeleitet werden konnte.
  • Beweiswürdigung: Das OLG würdigte die Aussagen der Zeugen und die vorgelegten Dokumente, um die tatsächlichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zu ermitteln. Dabei wurde insbesondere die Aussage der Zeugin Z2 berücksichtigt, die die Vereinbarung über den Verkaufserlösanteil bestätigte.

Fazit:

Das Urteil des OLG Frankfurt am Main verdeutlicht die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts im Zusammenhang mit der Überlassung von Pferden.

Es zeigt, dass eine sorgfältige Vertragsgestaltung und -auslegung sowie eine genaue Beweisführung entscheidend sind, um die jeweiligen Rechte und Pflichten der Parteien zu bestimmen.

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