OLG Frankfurt 21 W 80/23

November 17, 2024

OLG Frankfurt 21 W 80/23

Adoptivkinder als durch den Begriff des Abkömmlings eingesetzte Testamentserben

Fassung des Nacherbenvermerks in diesem Fall

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte in einem Beschluss vom 05.03.2024 über die Frage zu entscheiden,

ob Adoptivkinder als Nacherben im Testament berücksichtigt werden, wenn der Erblasser den Begriff “Abkömmlinge” verwendet.

Der Fall:

Der Erblasser hatte in seinem Testament seine beiden Söhne als Vorerben eingesetzt.

Als Nacherben sollten “die Abkömmlinge” seiner Söhne eingesetzt werden.

OLG Frankfurt 21 W 80/23

Einer der Söhne adoptierte später zwei volljährige Stiefkinder.

Es entstand Streit darüber, ob diese Adoptivkinder als Nacherben anzusehen sind.

Die Entscheidung:

Das OLG Frankfurt entschied, dass die Adoptivkinder als Nacherben anzusehen sind.

Der im Testament verwendete Begriff “Abkömmlinge” umfasst auch Adoptivkinder, die mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption angenommen wurden.

Dies entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch und der gesetzlichen Regelung des § 2069 BGB.

Begründung:

OLG Frankfurt 21 W 80/23

  • Wortlaut des Testaments: Der Erblasser hat keine ausdrückliche Beschränkung auf leibliche Abkömmlinge vorgenommen.
  • Gesetzliche Regelung: § 2069 BGB legt fest, dass im Zweifel mit dem Begriff “Abkömmlinge” die gesetzlichen Erben gemeint sind. Adoptivkinder, die mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption angenommen wurden, gehören zu den gesetzlichen Erben.
  • Kein abweichender Wille des Erblassers: Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser die Adoptivkinder von der Erbfolge ausschließen wollte.

Weitere Punkte:

  • Fassung des Nacherbenvermerks: Da der Kreis der Nacherben noch offen ist, muss der Erbschein die Nacherben abstrakt beschreiben, ohne sie namentlich zu benennen.
  • Vorausvermächtnis: Der Erbschein muss nicht darauf hinweisen, dass der Erblasser einem der Vorerben einen Vermögensgegenstand als Vorausvermächtnis zugewendet hatte.

OLG Frankfurt 21 W 80/23

Fazit:

Das OLG Frankfurt hat klargestellt, dass der Begriff “Abkömmlinge” in einem Testament grundsätzlich auch Adoptivkinder umfasst,

die mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption angenommen wurden.

Es sei denn, der Erblasser hat ausdrücklich einen anderen Willen zum Ausdruck gebracht.

Allgemein

Der Begriff der “Abkömmlinge” spielt im Erbrecht eine zentrale Rolle und bezeichnet die direkten Nachkommen einer Person in absteigender Linie, also:

  • Kinder (eheliche, nichteheliche, adoptierte)
  • Enkel
  • Urenkel
  • usw.

Gesetzliche Erbfolge:

Im deutschen Erbrecht bilden die Abkömmlinge die erste Ordnung der gesetzlichen Erbfolge.

Das bedeutet, dass sie im Falle des Todes einer Person vorrangig erbberechtigt sind, sofern kein Testament existiert.

Dabei gilt:

  • Näherkommende Abkömmlinge schließen entferntere aus: Lebt beispielsweise ein Kind des Erblassers, so sind dessen Kinder (die Enkel des Erblassers) von der Erbfolge ausgeschlossen.
  • Gleichrangige Abkömmlinge erben zu gleichen Teilen: Wenn der Erblasser mehrere Kinder hinterlässt, erben diese zu gleichen Teilen.

Testamentarische Erbfolge:

Auch in Testamenten wird häufig der Begriff “Abkömmlinge” verwendet. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten, da der Erblasser den Begriff individuell definieren kann.

Beispiel:

Der Erblasser könnte festlegen, dass nur leibliche Abkömmlinge erben sollen. Oder er könnte bestimmte Abkömmlinge (z.B. adoptierte Kinder) explizit von der Erbfolge ausschließen.

Auslegung des Begriffs:

Ist die Definition des Erblassers unklar, muss der Begriff “Abkömmlinge” ausgelegt werden. Hierbei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:

  • Wortlaut des Testaments: Gibt es Hinweise auf eine eingeschränkte oder erweiterte Auslegung?
  • Umstände des Einzelfalls: Wie war das Verhältnis des Erblassers zu seinen Abkömmlingen? Gab es besondere Lebensumstände, die Hinweise auf den Willen des Erblassers geben?
  • Gesetzliche Regelungen: § 2069 BGB besagt, dass im Zweifel mit dem Begriff “Abkömmlinge” die gesetzlichen Erben gemeint sind.

Wichtige Punkte:

  • Adoptivkinder werden grundsätzlich wie leibliche Kinder behandelt.
  • Der Begriff “Abkömmlinge” kann im Testament anders definiert sein als im Gesetz.
  • Im Zweifel ist der Wille des Erblassers zu erforschen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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