OLG Frankfurt aM 20 W 186/24 – Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit

November 17, 2024

OLG Frankfurt aM 20 W 186/24 – Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einem Beschluss vom 10.10.2024 entschieden, dass Vereine ohne Rechtspersönlichkeit,

deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, uneingeschränkt grundbuchfähig sind.

Der Fall:

Zwei nicht im Vereinsregister eingetragene Vereine (Verein1 n.e.V. und Verein2 n.e.V.) verkauften zwei Grundstücke an die Beteiligten zu 1 und 2.

Das Grundbuchamt beanstandete die Eintragung der Auflassungsvormerkung mit der Begründung, dass sich der nicht eingetragene Verein seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des

Personengesellschaftsrechts (MoPeG) am 01.01.2024 in das Vereinsregister eintragen lassen müsse, um über Grundstücke verfügen zu können.

OLG Frankfurt aM 20 W 186/24 – Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit

Die Entscheidung:

Das OLG Frankfurt hob die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf und stellte klar, dass Vereine ohne Rechtspersönlichkeit, deren Zweck

nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, auch ohne Eintragung im Vereinsregister grundbuchfähig sind.

Begründung:

  • Gesetzliche Regelung: § 54 Abs. 1 Satz 1 BGB besagt, dass auf Vereine ohne Rechtspersönlichkeit die Vorschriften für eingetragene Vereine entsprechend anzuwenden sind. Eingetragene Vereine sind unzweifelhaft grundbuchfähig.
  • Keine Regelungslücke: Es besteht keine Regelungslücke, die eine analoge Anwendung von § 47 Abs. 2 GBO (Eintragungspflicht für Gesellschaften bürgerlichen Rechts) rechtfertigen würde. Die Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit ergibt sich aus § 54 BGB.
  • Gesetzgeberischer Wille: Der Gesetzgeber des MoPeG hat die Rechtslage der Vereine ohne Rechtspersönlichkeit nicht ändern wollen.

OLG Frankfurt aM 20 W 186/24 – Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit

Kritik an der Gegenansicht:

Das OLG Frankfurt kritisierte die in der Literatur vertretene Ansicht, dass Vereine ohne Rechtspersönlichkeit sich in das Vereinsregister eintragen lassen müssen, um grundbuchfähig zu sein.

Diese Ansicht beruhe auf einer fehlerhaften Auslegung des MoPeG und seiner Gesetzgebungsmaterialien.

Fazit:

Die Entscheidung des OLG Frankfurt bringt Klarheit in die umstrittene Frage der Grundbuchfähigkeit von Vereinen ohne Rechtspersönlichkeit.

Vereine ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb können auch ohne Eintragung im Vereinsregister Eigentümer von Grundstücken sein und darüber verfügen.

Allgemein:

Vereine ohne Rechtspersönlichkeit, auch bekannt als nicht eingetragene Vereine (n.e.V.) oder Idealvereine, sind eine besondere Form der Vereinsbildung im deutschen Recht.

Im Gegensatz zu eingetragenen Vereinen (e.V.) besitzen sie keine eigene Rechtspersönlichkeit.

OLG Frankfurt aM 20 W 186/24 – Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit

Merkmale:

  • Keine Eintragung im Vereinsregister: Vereine ohne Rechtspersönlichkeit werden nicht in das Vereinsregister eingetragen.
  • Rechtsfähigkeit: Trotz fehlender Rechtspersönlichkeit sind sie rechtsfähig, d.h. sie können am Rechtsverkehr teilnehmen, Verträge abschließen, Eigentum erwerben und vor Gericht klagen oder verklagt werden.
  • Haftung: Die Mitglieder des Vereins haften für die Verbindlichkeiten des Vereins nicht persönlich. Es haftet lediglich das Vereinsvermögen.
  • Mindestens zwei Mitglieder: Zur Gründung eines Vereins ohne Rechtspersönlichkeit sind mindestens zwei Mitglieder erforderlich.
  • Satzung: Auch Vereine ohne Rechtspersönlichkeit benötigen eine Satzung, die die grundlegenden Regeln des Vereinslebens festlegt.
  • Organe: In der Regel haben Vereine ohne Rechtspersönlichkeit einen Vorstand, der den Verein nach außen vertritt.

Gründung:

Die Gründung eines Vereins ohne Rechtspersönlichkeit erfolgt formlos durch Willensübereinkunft der Gründungsmitglieder.

Es ist keine besondere Form oder notarielle Beurkundung erforderlich.

OLG Frankfurt aM 20 W 186/24 – Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit

Rechtsfähigkeit:

Vereine ohne Rechtspersönlichkeit sind seit dem 01.01.2024 durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) uneingeschränkt rechtsfähig.

Zuvor war ihre Rechtsfähigkeit in der Rechtsprechung umstritten.

Grundbuchfähigkeit:

Das OLG Frankfurt hat in seinem Beschluss vom 10.10.2024 entschieden, dass Vereine ohne Rechtspersönlichkeit, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, uneingeschränkt grundbuchfähig sind.

Sie können also Eigentümer von Grundstücken werden und darüber verfügen.

Vor- und Nachteile:

Vorteile:

  • Einfache Gründung
  • Keine Eintragungskosten
  • Keine persönliche Haftung der Mitglieder

Nachteile:

  • Geringere Anerkennung im Rechtsverkehr
  • Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Krediten
  • Unklarheiten bei der Vertretung des Vereins

Beispiele:

  • Hobbygruppen
  • Nachbarschaftsvereine
  • Selbsthilfegruppen

Fazit:

Vereine ohne Rechtspersönlichkeit sind eine flexible und unbürokratische Form der Vereinsbildung.

Sie eignen sich insbesondere für kleinere Vereine mit ideellem Zweck.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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