OLG Frankfurt am Main 20 W 261/20 , Beschluss vom 17.02.2022 – Eintragung der Bildung von Teileigentum gemäß § 8 WEG in das Grundbuch
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.690.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin begehrt die Eintragung der Bildung von Teileigentum gemäß § 8 WEG in das Grundbuch.
Im beim Amtsgericht Stadt1 geführten Grundbuch von Stadt1, Blatt …, sind unter laufender Nummer 4 des Bestandsverzeichnisses die Flurstücke Gemarkung Stadt1, Flur …, Flurstück … und Flurstück …/1 verzeichnet. Als alleinige Eigentümerin ist in Abt. I, laufende Nummer 1 die Beschwerdeführerin eingetragen.
Auf diesem errichtet die Beschwerdeführerin eine Tiefgarage nebst Zufahrt, deren Gebäudekörper sich im Wege eines Überbaus auch auf weitere Grundstücke, nämlich Gemarkung Stadt1, Flur …, Flurstück … (eingetragen im Grundbuch von Stadt1, Blatt …), Gemarkung Stadt1, Flur …, Flurstück …/2 (eingetragen im Grundbuch von Stadt1, Blatt …) sowie Gemarkung Stadt1, Flur …, Flurstücke … und … (eingetragen im Grundbuch von Stadt1, Blatt …) erstreckt.
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Für den Überbau und den Betrieb der Tiefgarage sind seit dem 23.05.2019 entsprechende Grunddienstbarkeiten eingetragen:
Betreffend das Grundstück Flur …, Flurstück … ist beispielsweise in Abt. II des Blattes … unter laufender Nummer 3 verzeichnet:
Grunddienstbarkeit (Überbau- Gestattung und Duldung der ober- und unterirdischen Überbauung mit einer Tiefgarage) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flur … Flurstücke … und …/1 (Gemarkung Stadt1 Blatt …, BV-Nr. 4); Gleichrang mit Abt. II Nr. 4; gemäß Bewilligung vom 25.02./21.03.2019 (UR-Nr. …/19 und …/19 Notar A; Stadt2) eingetragen und nach § 9 GBO vermerkt am 23.05.2019.
Unter laufender Nummer 4 ist dort verzeichnet:
Grunddienstbarkeit (Parkgaragenbetriebsrecht, insbesondere das Recht zum Befahren und Abstellen von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flur … Flurstücke … und …/1 (Gemarkung Stadt1 Blatt …, BV-Nr. 4); Gleichrang mit Abt. II Nr. 3; gemäß Bewilligung vom 25.02./21.03.2019 (UR-Nr. …/19 und …/19 Notar A; Stadt2) eingetragen und nach § 9 GBO vermerkt am 23.05.2019.
Entsprechende Grunddienstbarkeiten sind betreffend das Grundstück Flur …, Flurstück …/2 in Abt. II des Blattes … unter den laufenden Nummern 78 und 79 und betreffend das Grundstück Flur …, Flurstücke … und … in Abt. II des Blattes … unter den laufenden Nummern 12 und 13 verzeichnet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts der genannten Eintragungen wird auf die bezeichneten Grundbuchblätter verwiesen.
In der den Eintragungen zugrundeliegenden, noch in den Grundakten des Grundbuchs Gemarkung Stadt1, Blatt …, befindlichen Bewilligung vom 25.02.2019 (UR-Nr. …/19 des Notars A, Stadt2) ist Folgendes vermerkt:
2.1.
Jeder der jeweiligen Eigentümer der Flurstücke …, …/2, … und … (dienende Grundstücke) gestattet die ober-/unterirdische Errichtung einer Tiefgarage durch den Eigentümer der Flurstücke … und …/1 (herrschendes Grundstück) auf der in Anlaqe 4 blau markierten, maßstabsgetreu eingezeichneten Fläche und wird diesen Über-/Unterbau jeweils zu Lasten seines Flurstücks dulden.
Bei Errichtung der Tiefgarage sind folgende maximalen Höhen/Tiefen einzuhalten: …
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3.1
Jeder der jeweiligen Eigentümer der Flurstücke …, …/2, … und … (dienende Grundstücke) gestattet dem Eigentümer der Flurstücke … und …/1 (herrschendes Grundstück), die mit dem Tiefgaragenbaukörper überbaute Grundstücksfläche des jeweils dienenden Grundstücks, welche in der Anlaqe 4 þlau markiert eingezeichnet ist, zum Betrieb einer Parkgarage zu nutzen, insbesondere zum Begehen sowie Befahren und Abstellen von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern. Die Ausübung des jeweiligen Rechtes kann von dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks Dritten, wie z. B. beauftragen Unternehmen, Mietern oder Kunden, überlassen werden.
Der genannten Urkunde ist als Anlage 4 ein Lageplan beigefügt, aus dem sich die Lage der Tiefgarage ergibt.
In der ebenso in den Grundakten der Grundbuchs Gemarkung Stadt1, Blatt …, befindlichen Bewilligung vom 21.03.2019 (UR-Nr. …/19) ist sodann Folgendes ergänzt:
2.1
Der 1. Absatz der Ziffer 2.1 der Bestellungsurkunde wird um Folgendes Satz ergänzt:
Die blau eingezeichnete Fläche bezeichnet Lage und Grenzen des Tiefgaragenbaukörpers auf dem herrschenden Grundstück und den dienenden Grundstücken.
Weges des weiteren Inhalts der Urkunden UR-Nr. …/19 und …/19 wird auf Bl. …/1 ff. und …/ 6 ff. der Grundakten der Grundbuchs Gemarkung Stadt1, Blatt … verwiesen.
Entsprechende Herrschvermerke sind in Blatt … im Bestandsverzeichnis eingetragen unter laufender Nummer 5/zu 4 und 6/zu 4 bezüglich des Grundstücks Flur … Flurstück … (Blatt …), unter laufender Nummer 7/zu 4 und 8/zu 4 bezüglich des Grundstücks Flur …, Flurstück … /2(Blatt …) und unter laufender Nummer 11/4 und 12/4 bezüglich des Grundstücks Flur …, Flurstück … sowie unter laufender Nummer 13/zu 4 und 14/4 bezüglich des Grundstücks Flur …, Flurstück … (Blatt …). Wegen des Wortlauts der Eintragungen wird auf Grundbuchblatt … verwiesen.
Aufgrund eines Beschlusses des Senats vom 20.07.2020 im Verfahren 20 W 296/19, auf den wegen des Inhalts Bezug genommen wird (Bl. 16/3 i – 16/ 3n d.A.) hat das Grundbuchamt am 31.07.2020 unter laufender Nummer 19/zu 7 in das Bestandsverzeichnis des Grundbuchs von Stadt1, Bl. … eingetragen:
“Grunddienstbarkeit (Recht zum Aufbau eines Wohngebäudes auf der Decke des Tiefgaragenbauwerks) an dem Grundstück Gemarkung Stadt1 Blatt …, BestVerz.-Nr. 4 (Flur … Flurstücke … und …/1) in Abt. II Nr. 19 …”
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Ebenso am 31.07.2020 hat das Grundbuchamt unter laufender Nummer 19/4 in Abteilung II des Grundbuchs von Stadt1, Blatt … eingetragen:
“Grunddienstbarkeit (Recht zum Aufbau eines Wohngebäudes auf der Decke des Tiefgaragenbauwerks) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flur … Flurstück … (Gemarkung Stadt1 Blatt …); gemäß Bewilligung vom 25.06.2019 (Urk.Nr. …/19 Notar A, Stadt2) …”
Mit Schreiben vom 11.02.2020 hat der verfahrensbevollmächtigte Notar der Beschwerdeführerin unter Anlage einer Abgeschlossenheitsbescheinigung (Bl. 18/1 d.A.) sowie der Teilungserklärung (Bl. 18/2 d.A.), auf die wegen ihres Inhalts Bezug genommen wird, beantragt:
“Betreffend Blatt … nehme ich Bezug auf die bei den Grundakten befindliche Ausfertigung der Teilungserklärung vom 19. September 2018, meine UR-Nr …, sowie die im Original eingereichte Abgeschlossenheitserklärung der Stadt1 vom 26. September 2018, Az. …, und beantrage gemäß § 15 GBO,
a) die Teilung des Grundstücks in Teileigentum gemäß Abschnitt II. der Teilungserklärung und die Anlegung entsprechender Grundbuchblätter nebst Eintragung des Erfordernisses der Verwalterzustimmung bei Veräußerung in das Grundbuch;
b) die Gemeinschaftsordnung (Abschnitt III.) als Inhalt des Sondereigentums samt Sondernutzungsrechten gemäß Ziffer III.3.5. in die anzulegenden Grundbücher einzutragen,
c) die Schließung des Stammgrundbuchs.”
Mit Verfügung vom 14.08.2020 (Bl. 18/5 d.A.) hat das Grundbuchamt dem Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt, der beantragten Eintragung stünden folgende Hindernisse entgegen, wobei es eine 3-monatige Frist zur Behebung setzte:
Die Bildung des Teileigentums an mehreren Grundstücken sei gemäß § 1 Abs. 4 WEG nicht möglich. Die Überbaurechte beträfen mehrere Grundstücke. Ein Gesamtüberbaurecht existiere nicht. Die einzelnen Teileigentumseinheiten müssten eine eindeutige unterscheidbare Nummerierung erhalten. Ein vorangestelltes
Plus- oder Minuszeichen könne Nummern nicht unterscheidbar machen. Die Regelung in Ziffer § 6 Zif. 6.5 (Veräußerungsverbot) sei nichtig. Im Lageplan seien die Bezeichnungen der einzelnen Einheiten zum Teil kopfüber eingezeichnet, was dem Klarheitsgebot widerspreche. Zu den vorbehaltenen Sondernutzungsrechten gemäß Zif. 3.5.1. – 3.5.4. der Teilungserklärung fehle die Angabe des jeweiligen Planes. Eine Prüfung des Anlagenkonvoluts sei so nicht möglich. Es fehle die Angabe des Wertes des Grundstücks.
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Mit Schreiben vom 01.10.2020 (Bl. 18/6 d.A.) gab der verfahrensbevollmächtigte Notar den Wert des Grundstücks einschließlich Tiefgarage mit 12.690.000,- € an und reichte die Urkunde-Nr. … des verfahrensbevollmächtigten Notars (Bl. 18/7 d.A.) ein, wonach § 6 Ziffer 6.5 der Teilungserklärung ersatzlos gestrichen wurde.
Den übrigen Beanstandungen des Grundbuchamts in der Verfügung vom 14.08.2020 widersprach der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin. Die einzelnen Teileigentumseinheiten hätten durch mit Plus- und Minuszeichen versehene Nummern eine deutlich unterscheidbare Nummerierung erhalten, auch die Nummerierung auf den Aufteilungsplänen entsprächen dem Gebot der Klarheit der Grundbucheintragungen und der Hinweis zu den Sondernutzungsrechten sei unverständlich. Eine Prüfung sei durch Aufschlagen des jeweils durch seine Ebene gekennzeichneten Aufteilungsplanes ohne weiteres möglich.
Mit Beschluss vom 27.10.2020 wies das Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung von Teileigentum gemäß § 8 WEG kostenpflichtig zurück. Zur Begründung verwies es auf die weiterhin bestehenden Beanstandungen aus der Verfügung vom 14.08.2020 zur fehlenden Möglichkeit der Bildung von Teileigentum, zur nicht unterscheidbaren Nummerierung der einzelnen Teileigentumseinheiten, zur unklaren Bezeichnung der einzelnen Einheiten im Lageplan und zur fehlenden Angabe des jeweiligen Planes im Hinblick auf die vorbehaltenen Sondernutzungsrechte.
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Mit Schriftsatz vom 06.11.2020 legte der verfahrensbevollmächtigte Notar im Namen der Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Beschluss vom 27.10.2020 ein. Zur Begründung führte er Folgendes aus:
Im Hinblick auf die Teilung gemäß § 8 WEG verkenne das Grundbuchamt, dass es vorliegend nicht um die Teilung mehrerer Grundstücke gehe, sondern einzig um die Teilung des in Blatt …, laufender Nummer 4 des Bestandsverzeichnisses gebuchten und aus den Flurstücken … und …/1 bestehenden Stammgrundstücks. Dass sich der Tiefgaragenbaukörper auf mehrere Grundstücke erstrecke, spiele keine Rolle, da der Überbau jeweils durch Grunddienstbarkeiten abgesichert sei und somit als rechtmäßiger Überbau in das Eigentum des Eigentümers des Stammgrundstücks als dessen wesentlicher Bestandteil falle. Im Hinblick auf die anderen Beanstandungen im angegriffenen Beschluss vom 27.10.2020 werde verwiesen auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 01.10.2020.
Mit Beschluss vom 18.11.2020 hat das Grundbuchamt der Beschwerde aus den Gründen des Zurückweisungsbeschlusses nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom 25.11.2021 (Bl. 18/24 d.A.) und jeweils vom 29.11.2021 (Bl. 18/22 und 18/25 d.A.) haben die Eigentümerinnen der im Grundbuch von Stadt1, Blätter …, … und … eingetragenen Grundstücke mitgeteilt, das anhängige Beschwerdeverfahren sei ihnen in allen Einzelheiten bekannt und es bestehe nicht die Absicht, sich an dem Beschwerdeverfahren zu beteiligen.
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Der Senat hat der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 14.12.2021 den Hinweis erteilt, aus der Sache … bekannt ist, dass auf dem Tiefgaragengebäude aufstehende Wohnhäuser gebaut werden oder gebaut werden sollen, wobei die Meinung vertreten werde, dass die Tiefgarage und das aufstehende Wohnhaus ein einheitliches Gebäude bildeten (§§ 93,94 BGB) und dies der sachenrechtlichen Zuordnung der Tiefgarage gemäß den Regeln des Überbaus von vorneherein entgegenstehe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Hinweises wird auf Bl. 18/27 d.A. Bezug genommen.
Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 27.01.2022 dazu Stellung genommen. Wegen des Inhalts der Stellungnahme wird auf den genannten Schriftsatz, Bl. 18/34 -18/37 d.A. verwiesen.
II.
Die Beschwerde, über die gemäß §§ 72, 75 GBO nach der hier erfolgten Nichtabhilfeentscheidung durch die Rechtspflegerin des Grundbuchamts der Senat als Beschwerdegericht zu entscheiden hat, ist zulässig.
Das Amtsgericht – Grundbuchamt – hat im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Bildung von Teileigentum gemäß § 8 WEG versagt.
Zwar ist dem Grundbuchamt im Hinblick auf seine Beanstandungen unter b), d) und e) der Verfügung vom 14.08.2020 (Bl. 18/5 d.A.) bzw. im Hinblick auf die Zurückweisungsgründe unter b), c) und d) des Beschlusses vom 27.10.2020 (Bl. 18/7 d.A.) nicht zu folgen.
Entgegen seiner Ansicht enthalten die einzelnen Teileigentumseinheiten im Lageplan eine hinreichend unterscheidbare Nummerierung. Nach § 7 Abs. 4 S. 1 WEG müssen aus dem Lageplan neben der Aufteilung des Gebäudes und des Grundstücks die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile des Gebäudes und des Grundstücks ersichtlich sein und alle zu demselben Wohneigentum gehörenden Einzelräume und Teile des Grundstücks mit der jeweils gleichen Nummer gekennzeichnet werden. Dabei kann es ausreichen, wenn die Nummern nicht fortlaufend sind, sondern sich z.B. auch durch Beifügung eines Buchstabens unterscheiden (Jennißen/Abramenko, WEG, 7. Aufl. 2021, § 7 Rn. 35 m.w.N.).
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Vorliegend unterscheidet sich die Nummerierung durch ein vorangestelltes Plus- oder Minuszeichen und das Teilungsverzeichnis (Anlage II.1 der Teilungserklärung) nimmt für jeden einzelnen Miteigentumsanteil Bezug durch die Bezeichnung des korrespondierenden Aufteilungsplans, der für jede einzelne Ebene des Tiefgaragenbaukörpers (Ebene – 1 bis +7) im Anlagenkonvolut II.2 enthalten ist, sowie auf die Belegenheit jedes einzelnen Stellplatzes durch die Bezeichnung der Ebene innerhalb des Tiefgaragenbaukörpers, in der sich der mit einer Nummer bezeichnete Tiefgaragenstellplatz befindet.
Das ist als deutlich unterscheidbare Nummerierung anzusehen.
Der Umstand, dass im Lageplan die Bezeichnung der einzelnen Einheiten zum Teil kopfüber eingezeichnet sind und ggf. die Aufteilungspläne bei Einsichtnahme “gedreht” werden müssen, widerspricht auch nicht dem Klarheitsgebot des Grundbuchs.
Der Bestimmtheitsgrundsatz (Spezialitätsprinzip) gebietet, dass das Grundstück, über das durch Rechtsgeschäft verfügt werden soll, sowie Berechtigter und Inhalt eines an einem Grundstück eintragungsfähigen Rechts klar und eindeutig feststehen müssen (Gebot der Klarheit und Wahrheit)
(Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 18;
Demharter, GBO, 31. Aufl. 2018, Anhang zu § 13, Rn. 5),
d.h. dass die aus dem Grundbuch ersichtlichen Verhältnisse aus sich heraus verständlich, nicht widersprüchlich und möglichst nicht auslegungsbedürftig seien müssen
(OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.03.1998, 20 W 54/98 – NJW-RR 1998, 1707, 1708).
Das ist hier der Fall. Die Aufteilungspläne müssen bei der Einsichtnahme auch nicht zwingend “gedreht” werden. Die Zahlen sind in deutlicher Größe und fett gedruckt, so dass sie selbst dann lesbar sind, wenn sie “kopfüber” betrachtet werden.
Auch soweit das Grundbuchamt im Hinblick auf die Sondernutzungsrechte gemäß Ziffer 3.5.1 bis 3.5.4 der Teilungserklärung die Angabe des jeweiligen Plans vermisst, ist dieser Beanstandung nicht zu folgen. Die Aufteilungspläne sind nach Ebenen, d.h. von Ebene -1 bis +7 einzeln gegliedert und im Anlagenkonvolut II.2 eindeutig bezeichnet.
Auf den jeweiligen Plan wird durch Hinweis auf die betreffende Ebene im Text die Begründung der Sondernutzungsrechte 3.5.1. bis 3.5.4 der Teilungserklärung Bezug genommen. Eine Überprüfung ist durch Aufschlagen des jeweils durch seine Ebene bezeichneten Aufteilungsplans möglich.
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Gleichwohl hat das Grundbuchamt die Eintragung der Bildung von Teileigentum im Ergebnis zu Recht versagt.
Vorliegend wird auf den Flurstücken … und …/1 durch die Beschwerdeführerin eine Tiefgarage nebst Zufahrt erbaut, deren Gebäudekörper sich im Wege eines Überbaus auch auf die Grundstücke Flur …, Flurstücke …, … sowie …/2 und … erstreckt.
Für den Überbau und den Betrieb einer Tiefgarage sind – wie unter I beschrieben – entsprechende Grunddienstbarkeiten eingetragen.
Im Grundsatz ist der Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass nach h.M. ein durch die vorherige Eintragung einer Grunddienstbarkeit (wovon der Senat mangels Beanstandung durch das Grundbuchamt vorliegend ausgeht) abgesicherter Überbau als rechtmäßiger (anfänglich gestatteter) Überbau in das Eigentum des Eigentümers des Stammgrundstücks als dessen wesentlicher Bestandteil (§§ 94 Abs. 1 Satz 1, 95 Abs. 1 Satz 2 BGB) übergeht.
Denn Rechte i.S.d. § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB sind gerade Grunddienstbarkeiten (Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl. 2022, § 95 Rn. 5, m.w.N.).
Wurde die Grunddienstbarkeit vor Baubeginn eingeräumt, so bewirkt sie nach § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass der übergebaute Gebäudeteil Scheinbestandteil des überbauten Grundstücks ist und er wesentlicher Bestandteil des Gesamtgebäudes bleibt, auch wenn Gebäudeteile nicht auf dem Stammgrundstück, sondern allein auf dem Nachbargrundstück gelegen sind
(OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.07.2011, 8 W 229/11, Rn. 18 m.w.N.;
ders. Beschluss vom 19.12.2011, 10 U 63/11, Rn. 40;
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.10.2012, 14 Wx 7/11, Rn. 9 – alle juris).
Danach würde der Tiefgaragenbaukörper, auch soweit er auf die angrenzenden Flurstücke ragt, wesentlicher Bestandteil des Grundstücks Flurstück …-…/1.
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Diese in einem rechtmäßigen Überbau gelegenen Räume können grundsätzlich ohne Verstoß gegen § 1 Abs. 4 WEG in Sondereigentum überführt und mit Miteigentumsanteilen an dem Stammgrundstück verbunden werden
(Müller in beck-online. GROSSKOMMENTAR, Stand 01.09.2021, § 1 WEG, Rn. 398, 403;
Grüneberg/Wicke, BGB, 81. Aufl. 2022, § 1 WEG, Rn. 7).
Ein “Gesamtüberbaurecht”, wie es das Grundbuchamt fordert, ist insoweit nicht zu verlangen.
Selbst wenn aber mit dem Bau der Tiefgarage schon begonnen worden wäre, bevor eine entsprechende Grunddienstbarkeit eingetragen wurde, würde sich an diesem Ergebnis nach Auffassung des Senats nichts ändern.
Diese Frage ist angesichts des Gesetzeswortlauts des § 95 Abs. 1 S. 2 BGB (“in Ausübung”) zwar durchaus umstritten
(vgl. die Nachweise bei Münchener Komm. BGB/Stresemann, 9. Aufl. 2021, § 95 Rn. 33, Fn. 142 m.w.N. zur Meinung, dass das Recht bei Baubeginn bereits im Grundbuch eingetragen sein muss).
Der Senat folgt aber der auch vom Bundesgerichtshof und der h.M. geteilten Ansicht, dass es genügt, dass die Bestellung des Rechts in Aussicht genommen ist, sofern das Recht später eingetragen wird
(BGH, Urteil vom 12.04.1961, VIII ZR 152/60, Rn. 21;
OLG Brandenburg, Urteil vom 04.06.2009, 5 U 102/08, Rn. 26;
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26.08.2005, 14 U 9/05, Rn. 59;
Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 27.01.1999, 4 U 189/98, Rn. 25 – alle juris; ebenso BeckOK BGB/Fritzsche, 60. Ed. Stand 01.11.2021, § 95 Rn. 15;
Peters WM 2019, 811, 817 m.w.N.;
Erman/J. Schmidt, BGB, 16. Aufl. 2020, § 95 Rn. 15;
Stresemann, a.a.O., Rn. 33),
wovon in Folge der von Anfang an geplanten Gesamtkonzeption des Grundstücks mit Tiefgarage und aufstehenden Gebäuden, so wie sie sich aus der die Nachbarschafts- und die Rahmenvereinbarung der Eigentümer beinhaltenden Anlage I. 4b zur Teilungserklärung (UR-Nr. … des verfahrensbevollmächtigten Notars) ergibt, ausgegangen werden kann.
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Letztlich kommt darauf aber für die Entscheidung des Falles nicht an. Die beantragte Teilung ist schon aus anderen Gründen nicht einzutragen.
Denn es ist nicht in grundbuchrechtlicher Form nachgewiesen, dass die Tiefgarage und das aufstehende Wohnhaus auf dem Grundstück Flurstück … kein einheitliches Gebäude bilden (§§ 93, 94 BGB) und dies der sachenrechtlichen Zuordnung der Tiefgarage zum Grundstück der Beschwerdeführerin Flurstück …- …/1 gemäß den Regeln des Überbaus von vorneherein entgegensteht
(so Oppermann DNotZ 2015, 662 ff.;
ausführlich auch Berg, RNotZ 2018, 505;
a.A. Tersteegen, RNotZ 2006, 433, 439; ders. ZNotP 2008, 21 ff.;
wohl auch beck-online-Großkomm. BGB /M.Müller, § 1 WEG Rn. 405).
Zwar ist für die Errichtung des Wohngebäudes eine Grunddienstbarkeit in Abt. II des Grundbuchs von Stadt1, Blatt … eingetragen, die das Recht zum Aufbau eines Wohngebäudes auf der Decke des Tiefgaragenbauwerks gewährt.
Daraus kann die Beschwerdeführerin aber in Bezug auf die sachenrechtliche Zuordnung nichts für sich herleiten. Insoweit ist auf die Entscheidung des Senats vom 22.07.2020 in der Sache 20 W 296/19 zu verweisen, worin die Frage, in wessen Eigentum die Tiefgarage oder das darauf zu errichtende Gebäude steht, gerade offengelassen wurde, weil dies u.a. auch von der tatsächlichen Bauausführung abhängt.
Zur Beantwortung der Frage, ob ein einheitliches Gebäude der Tiefgarage und damit ein Überbau oder etwa das aufstehende Gebäude ein einheitliches Gebäude mit den Teilen der in das Grundstück ragenden Tiefgarage bildet, kann es neben der körperlichen bautechnischen Beschaffenheit auch auf die funktionale Einheit ankommen
(BGH NJW-RR 1989, 1039; BGH NJW 2008, 1810; je m.w.N.),
was demgemäß vor der Fertigstellung der Gebäude, die im Bau oftmals auch bautechnische Änderungen erfahren, nicht beurteilt werden kann.
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Entsprechende Nachweise hat die Beschwerdeführerin – auch auf Hinweis des Senates hin – nicht geführt. Sie werden sich mit den Mitteln des Grundbuchverfahrens auch nicht führen lassen.
Es ist auch nicht erkennbar, wie der Umstand, dass das aufstehende Gebäude nicht vollständig auf der Tiefgarage, sondern mit einem nordöstlichen Gebäudeteil fest mit dem Grundstück Flurstück … verbunden ist, dazu führt, dass die Tiefgarage und das aufstehende Gebäude kein einheitliches Gebäude bilden.
Weiterhin vermag der Umstand, dass alle Eigentümer der von dem Tiefgaragenbaukörper betroffenen Grundstücke dem Überbau zugestimmt haben, an der tatsächlichen sachenrechtlichen Zuordnung der §§ 93 ff. BGB ebenso wenig etwas ändern wie der,
dass der Eigentümer der baulichen Anlage auf dem belasteten Grundstück infolge des § 1022 BGB diese Anlage zu unterhalten hat, soweit das Interesse des Berechtigten dies erfordert.
Soweit die Beschwerdeführerin angibt, das Gebäude auf dem Grundstück Flurstück … sei noch nicht gebaut und sie habe keine Kenntnis davon, wann es gebaut werde, trägt sie jedoch nicht vor, dass es nicht gebaut werden soll.
Insoweit ist bereits die genannte Grunddienstbarkeit für das Recht zum Aufbau eines Wohngebäudes auf der Decke des Tiefgaragenbauwerks unter lfd. Nr. 19/zu 4 in Abteilung II des Grundbuchs von Stadt1, Blatt … eingetragen.
Bei dieser Sachlage muss davon ausgegangen werden, dass das Gebäude errichtet wird oder schon ist.
Ein Nachweis in grundbuchmäßiger Form ist jedenfalls nicht erbracht und wird sich mit Mitteln des Grundbuchverfahrens auch nicht führen lassen.
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Nach allem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Festsetzung des Geschäftswerts des Beschwerdeverfahrens folgt aus §§ 61 Abs. 1 S. 1, 42 Abs. 1 GNotKG, wobei zu berücksichtigen ist, dass der verfahrensbevollmächtigte Notar den Wert des Grundstücks mit 12.690.000,- € angegeben hat und in seiner Stellungnahme vom 27.01.2022 mitgeteilt hat, dass der Tiefgaragenbaukörper fertig gestellt sei.
Die Entscheidung über die Tragung der Gerichtskosten ergeht nach § 84 FamFG. Da kein Gegner an dem Verfahren beteiligt ist, entfällt eine Entscheidung über die Tragung notwendiger Aufwendungen.
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 78 GBO zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Es ist eine klärungsbedürftige Rechtsfrage zu entscheiden, deren Auftreten in einer Vielzahl von Fällen denkbar ist (Demharter, GBO, 31. Aufl. 2018, § 78 Rn. 7).
Zudem gibt der entschiedene Einzelfall Anlass, Leitsätze für die Auslegung und Anwendung von Vorschriften des materiellen und formellen Rechts aufzustellen (Demharter, a.a.O., Rn. 8).
Insbesondere ist die Frage, ob eine Grunddienstbarkeit, die das Recht zum Aufbau eines Wohngebäudes auf der Decke des Tiefgaragenbauwerks gibt, geeignet ist, dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks – unabhängig von der Bauausführung –
das Eigentum an dem aufstehenden Gebäude zu verschaffen oder etwa im Gegensatz dazu Teile der Tiefgarage zum wesentlichen Bestandteil des aufstehenden Gebäudes werden, so dass eine Teilung der dem dienenden Grundstück zugeordneten Tiefgarage nach § 8 WEG nicht möglich ist, höchstrichterlich noch nicht geklärt und in der Literatur – wie ausgeführt – auch umstritten.
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