OLG Frankfurt Beschluss 23.01.2018 – 20 W 4/16 Sachverständigengutachten im Erbscheinsverfahren

September 16, 2018

OLG Frankfurt Beschluss 23.01.2018 – 20 W 4/16 Sachverständigengutachten im Erbscheinsverfahren

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Erblasserin errichtete 2012 ein notarielles Testament, in dem sie die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin einsetzte.

Das Nachlassgericht wies den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) zurück, da es die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung für testierunfähig hielt.

Es stützte sich dabei auf ein Sachverständigengutachten, das eine vaskuläre Demenz bei der Erblasserin diagnostizierte.

Die Beteiligte zu 1) legte Beschwerde ein.

Rechtliche Würdigung:

Das OLG Frankfurt hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

Begründung:

OLG Frankfurt Beschluss 23.01.2018 – 20 W 4/16 Sachverständigengutachten im Erbscheinsverfahren

  • Aufklärungspflicht: Das Nachlassgericht hat seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es die Testierfähigkeit der Erblasserin allein aufgrund des unzureichenden Sachverständigengutachtens verneinte.
  • Anforderungen an das Gutachten: Das Gutachten war oberflächlich und lückenhaft. Es enthielt Ungenauigkeiten und Auslassungen und wurde den Anforderungen an eine besonders sorgfältige Untersuchung nicht gerecht.
  • Vaskuläre Demenz: Der Sachverständige hat den Verlauf der vaskulären Demenz nicht ausreichend dargestellt und die Möglichkeit von Fluktuationen im Krankheitsverlauf nicht berücksichtigt.
  • Zusatzsymptome: Der Sachverständige hat die vaskulär bedingten Dauerveränderungen nicht genügend von überlagernden oder begleitenden passageren Zusatzsymptomen (Delire, Exsikkosen, Entzugserscheinungen) abgegrenzt.
  • MMST: Die Ergebnisse der Mini-Mental-State Tests wurden nicht ausreichend berücksichtigt und eingeordnet. Die Testergebnisse sprachen eher für eine leichte Demenz.
  • Persönlichkeitsstörung: Die Ausführungen zur Persönlichkeitsstörung waren unzureichend. Es wurde nicht geklärt, ob die Verhaltensauffälligkeiten der Erblasserin tatsächlich auf die Demenz zurückzuführen waren.
  • Fremdbeeinflussbarkeit: Die Ausführungen zur Fremdbeeinflussbarkeit waren ebenfalls unzureichend. Es fehlte an einer konkreten Begründung und an einer Auseinandersetzung mit den besonderen Umständen des Falls.

OLG Frankfurt Beschluss 23.01.2018 – 20 W 4/16 Sachverständigengutachten im Erbscheinsverfahren

Hinweise für das Nachlassgericht:

  • Einholung eines neuen Gutachtens: Das Nachlassgericht soll ein neues Gutachten eines anderen Sachverständigen einholen.
  • Auswahl des Sachverständigen: Bei der Auswahl des Sachverständigen ist auf besondere Qualifikation im Bereich Forensische Psychiatrie zu achten.
  • Weitere Zeugenvernehmung: Das Nachlassgericht soll prüfen, ob weitere Zeugen vernommen werden sollen.

Fazit:

Der Beschluss des OLG Frankfurt unterstreicht die hohen Anforderungen an ein Sachverständigengutachten zur Testierfähigkeit bei Demenz.

Das Gutachten muss gründlich und differenziert sein und alle relevanten Aspekte berücksichtigen.

Nur so kann die Testierfähigkeit eines Erblassers zuverlässig festgestellt werden.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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