OLG Hamburg 2 W 53/20

November 22, 2022

OLG Hamburg 2 W 53/20 – Pflichtverletzung eines Testamentsvollstreckers – Recht zur Benennung eines neuen Testamentsvollstreckers

Testamentsvollstreckung: Auswirkungen der Pflichtverletzung eines Testamentsvollstreckers auf das Recht zur Benennung eines neuen Testamentsvollstreckers
Pflichtverletzungen eines Testamentsvollstreckers lassen ein ihm testamentarisch eingeräumtes Recht zur Benennung eines weiteren oder Ersatztestamentsvollstreckers nicht erlöschen, selbst nicht im Fall der Entlassung des Testamentsvollstreckers aus dem Amt.

Verfahrensgang

vorgehend AG Hamburg-St. Georg, 6. Juli 2020, 970 VI 1591/11

Tenor OLG Hamburg 2 W 53/20

1. Die Beschwerde vom 5.8.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 6.7.2020 wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Geschäftswertwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.400.000,- € festgesetzt.

Gründe OLG Hamburg 2 W 53/20

I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ein Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 6.7.2020 mit dem die zur Begründung eines Antrags des Beteiligten zu 5) auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet worden sind. Der Beteiligte zu 5) ist der Sohn des mittlerweile verstorbenen früheren Testamentsvollstreckers, der wiederum ein Schwiegersohn der Erblasserin war. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die Töchter und Erbinnen der Erblasserin.
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Hinsichtlich des Sachverhaltes wird zunächst auf die ausführliche Darstellung in dem angefochtenen Beschluss verwiesen.
Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass die Erblasserin in ihrem Testament vom 3.6.1984 (Blatt 35 ff. der Akte) den früheren Testamentsvollstrecker P… B… zum Mittestamentsvollstrecker bestimmte und unter anderem weiter verfügte: „Bei späterem Wegfall eines Testamentsvollstreckers durch Tod oder sonstige tiefgreifende Behinderung ist der übrig bleibende Testamentsvollstrecker berechtigt, alleine weiter zu amtieren. Es soll aber für diesen Fall ausdrücklich dem Ermessen des dann allein amtierenden Testamentsvollstreckers überlassen sein, ob er einen weiteren Testamentsvollstrecker seines Vertrauens bestellen will.“
Mit privatschriftlichem Testament vom 21.6.2003 (Blatt 42 der Akte) bestimmte die Erblasserin den früheren Testamentsvollstrecker P… B… zum alleinigen Testamentsvollstrecker. Die Eingangsworte des Testamentes lauteten dabei: „Unter Aufrechterhaltung meiner bisherigen letztwilligen Verfügungen“.
Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 10.4.2019, eingegangen beim Amtsgericht Hamburg-St. Georg am 16.4.2019 (Blatt 945 der Akte), hat der frühere Testamentsvollstrecker den Beteiligten zu 5) zum Mitvollstrecker und Nachfolger benannt.
Mit Schriftsatz vom 16.9.2019 (Blatt 1213 der Akte) kündigte der frühere Testamentsvollstrecker sein Testamentsvollstreckeramt. In der Anhörung am 17.9.2019 erklärte der Beteiligte zu 5), das Amt des Testamentsvollstreckers anzunehmen (Blatt 1235 der Akte).
Zwischenzeitlich ist der frühere Testamentsvollstrecker P… B… am 29.6.2020 verstorben. Alleinerbin ist – inzwischen unstreitig – seine Witwe G… B…, die Beteiligte zu 3).
Gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 6.7.2020, mit dem die zur Begründung eines Antrags des Beteiligten zu 5) auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet worden sind, zugestellt am 9.7.2020, hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 5.8.2020, eingegangen bei Gericht am 6.8.2020, Beschwerde eingelegt.
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Die Beschwerdeführerin trägt vor, der Testamentsvollstrecker P… B… sei nicht berechtigt gewesen, einen neuen Testamentsvollstrecker zu bestimmen.
In dem Testament vom 21.6.2003 habe die Erblasserin ihren Schwiegersohn P… B… zum alleinigen Testamentsvollstrecker bestimmt, ohne jedoch – anders als im Testament vom 3.6.1984 – ihn zu berechtigen, einen neuen Testamentsvollstrecker einsetzen zu dürfen.
Ohne die Absicht, diesen Punkt zu ändern, hätte es angesichts des zwischenzeitlichen Versterbens des mitbenannten Testamentsvollstreckers W… L… nicht eines neuen Testaments bedurft.
Die Erblasserin sei davon ausgegangen, dass der frühere Testamentsvollstrecker P… B… den Nachlass als Einzeltestamentsvollstrecker zu Ende abwickle. Eine Dauertestamentsvollstreckung, wie sie das Amtsgericht zu Unrecht angenommen habe, widerspreche den Formulierungen und Aufteilungsanordnungen des Testaments vom 3.6.1984.
Zudem wäre das Recht des früheren Testamentsvollstreckers, einen neuen Testamentsvollstrecker zu bestimmen, sofern er es denn gehabt hätte, aufgrund der schweren Pflichtverletzungen bei der Führung der Testamentsvollstreckung und seines eigennützigen Verhaltens verwirkt. Insbesondere habe der frühere Testamentsvollstrecker mit der Beteiligten zu 2) nach dem Tod der Erblasserin keinen Mietvertrag für die von ihr genutzte Wohnung abgeschlossen und nicht dafür gesorgt, dass eine die Kosten und den Erhalt der Immobilie deckende Miete vereinbart wurde.
Er habe die Verfügungen der Erblasserin, dass die Grundstücke im Einvernehmen ihrer drei Töchter veräußert werden könnten, die Bankguthaben aufgeteilt und an die drei Töchter ausgekehrt werden sollten, die Mieteinnahmen der Immobilien jährlich an die drei Töchter ausgezahlt werden und die persönliche Habe der Erblasserin unter ihren drei Töchtern aufgeteilt werden sollte, nicht hinreichend umgesetzt.
Die fachliche Eignung des neuen Testamentsvollstreckers C… B… sei nicht gegeben. C… B… sei im technischen Bereich des Theaters tätig gewesen und müsse sich, wenn er tatsächlich eine Aufklärung herbeiführen wolle, umfänglicher anwaltlicher Unterstützung bedienen. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beteiligte zu 5) die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker vermutlich kostengünstiger ausüben könne als ein fremder Testamentsvollstrecker.
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Dem neuen Testamentsvollstrecker C… B… fehle außerdem die erforderliche Unparteilichkeit und Unbefangenheit. Soweit der neue Testamentsvollstrecker im Schriftsatz vom 28.4.2020 mitgeteilt habe, nach bisheriger Prüfung sei nicht davon auszugehen, dass bei der früheren Testamentsvollstreckung Fehler bzw. Schäden eingetreten seien, zeige sich, dass er nicht beabsichtige, die schweren und groben Pflichtverstöße in früheren Zeiträumen aufzuarbeiten. Auch seine Nutzung der elterlichen Wohnung An der Alster … begründe eine Interessenverstrickung.
Nach dem Tod des früheren Testamentsvollstreckers P… B… liege bei dem neu ernannten Testamentsvollstrecker außerdem insoweit eine besondere Interessenkollision vor, als er als Miterbe des ehemaligen Testamentsvollstreckers etwaige Schadensersatzansprüche nunmehr gegen sich selbst zu prüfen und durchzusetzen hätte.
Soweit seine Mutter Alleinerbin geworden sei, müsste er sich mit etwaigen Ansprüchen aus der fehlerhaften Testamentsvollstreckung auch gegen seine Mutter und gegen seine Erbtante wenden. Ein neuer Testamentsvollstrecker könnte konsequent die Pflichtverletzungen des verstorbenen Testamentsvollstreckers weiter aufdecken und für den Nachlass daraus resultierende Schadensersatzansprüche geltend machen. Ein Interessenkonflikt sei ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Testamentsvollstreckers.
Ein Ernennungsrecht des früheren Testamentsvollstreckers P… B… sei zumindest insoweit eingeschränkt, als die Ermächtigung der Erblasserin jedenfalls nicht die Ernennung eines sich in absoluter Interessenskollision befindlichen Nachfolgers umfasse.
Auch würde ein Entlassungsgrund von vornherein feststehen bzw. wahrscheinlich sein, sodass ein ansonsten weites Ermessen in der Auswahl eines Nachfolgers offensichtlich eingeschränkt wäre, mit der Folge einer Unwirksamkeit der Ernennung des Beteiligten zu 5) zum Testamentsvollstrecker.
Die testamentarischen Verfügungen seien nach § 2084 BGB dahingehend zu lesen, dass ein konkludentes Ersuchen im Sinne des § 2200 BGB an das Nachlassgericht vorliege, einen Ersatztestamentsvollstrecker zu ernennen.
Im Übrigen werde hilfsweise die Anfechtung des seitens der Erblasserin mit Testament vom 3.6.1984 dem früheren Testamentsvollstrecker eingeräumten Ernennungsrechts nach § 2078 BGB insoweit erklärt, als ihm damit die Ernennung des Beteiligten zu 5), also seines Sohnes, als Mitvollstrecker und Nachfolger auch noch nach seiner Begehung der zahlreichen festgestellten Pflichtverletzungen möglich gewesen sei.
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Bei Kenntnis der später eingetretenen Umstände hätte die Erblasserin die Ernennungsbefugnis insoweit eingeschränkt, dass jedenfalls kein Mitvollstrecker oder Nachfolger in Frage gekommen wäre, der in einem Interessenskonflikt stehe.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben und das Nachlassgericht anzuweisen, die Kosten des Verfahrens wie auch die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für ihre Vertretung in dem Verfahren dem Beteiligten zu 5) allein aufzuerlegen;
das Nachlassgericht anzuweisen, den Beteiligten zu 5) aus dem Amt des Testamentsvollstreckers zu entlassen und durch einen externen berufsmäßigen Testamentsvollstrecker zu ersetzen, sowie, es zu unterlassen, dem Beteiligten zu 5) das von ihm beantragte Testamentsvollstreckerzeugnis auszustellen bzw. ein bereits ausgestelltes Testamentsvollstreckerzeugnis unverzüglich wieder einzuziehen.
Der Beteiligte zu 5) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, dass die fachliche Eignung für die Testamentsvollstreckung vorliege. Er habe Betriebswirtschaft mit Abschluss Bachelor studiert und arbeite nunmehr als kaufmännischer Angestellter im Theater Hamburger Engelsaal. Dem früheren Testamentsvollstrecker habe auch ein Ernennungsrecht zugestanden. Das Testament von 2003 habe das Testament aus dem Jahre 1984 nicht aufgehoben, sondern ergänzt.
Falsch sei auch, dass der im Testament von 1984 ebenfalls benannte Testamentsvollstrecker Herr L… verstorben sei. Vielmehr lebe Herr L… noch und habe damals die Ernennung zum Testamentsvollstrecker lediglich abgelehnt. Der Vorwurf der Parteilichkeit des neuen Testamentsvollstreckers sei unberechtigt.
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Er werde sich mit Schadensersatzansprüchen ebenso auseinandersetzen wie mit den Mietverhältnissen. Die Bearbeitung des Nachlasses werde ihm allerdings durch das Verhalten der Beteiligten zu 1) erschwert. Hinsichtlich der Anfechtung sei schon die Anfechtungsfrist nicht eingehalten und ein Anfechtungsgrund nicht ersichtlich.
Die Beteiligte zu 3) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 3) trägt vor, die Bestimmung des Beteiligten zu 5) als Testamentsvollstrecker entspreche dem hypothetischen Willen der Erblasserin. Der zurückgetretene und mittlerweile verstorbene Testamentsvollstrecker P… B… habe ein Bestimmungsrecht gehabt, welches nicht durch etwaige Pflichtenverstöße während seiner Amtstätigkeit erloschen sei.
Grundlage seiner Tätigkeit sei ein besonders komplexes, mehr als zehnseitiges privatschriftliches Testament vom 3.6.1984 gewesen. Schon nach dem Nachlass des K… G… sei bei personengleichen Erben viele Jahre gestritten worden, bis zu einem Vergleich im Rahmen einer Mediation am 10.2.2020.
Die Testamentsvollstreckung sei als Dauertestamentsvollstreckung eingerichtet worden.
Der frühere Testamentsvollstrecker habe auch nicht pflichtwidrig gehandelt. Die Vorwürfe der Beteiligten zu 1) hinsichtlich der Schadensersatzansprüche und der zu geringen Mieten seien unberechtigt.
Die Beteiligte zu 2) trägt vor, dass sie zwar keinen schriftlichen Mietvertrag mit dem früheren Testamentsvollstrecker geschlossen habe, allerdings sei ein Mietvertrag mündlich abgeschlossen worden und zwar zu einem Mietzins in Höhe von 255,65 €.
Die Erblasserin selbst habe im Testament verfügt, dass ihre drei Kinder eine möglichst günstige Miete zahlen sollen, wenn sie das Wohnhaus An der Alster … nutzen. Im Testament sei nie von einer kostendeckenden Miete für die Töchter die Rede gewesen.
Der verstorbene Testamentsvollstrecker habe den Wunsch der Erblasserin nach einer möglichst günstigen Miete für die Kinder umgesetzt und dabei auf die gesamten Einnahmen der Immobilien abgestellt.
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Sowohl bei einer Gesamtbetrachtung als auch bei einer Einzelbetrachtung hätten die Immobilien Gewinn gebracht, von dem auch die Beschwerdeführerin profitiert habe. Die Beschwerdeführerin habe es letztlich zu verantworten, dass Sanierungsarbeiten an leerstehenden Wohn- und Gewerbeeinheiten nicht durchgeführt werden könnten, da sie die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers blockiere.
Die Erblasserin sei mit der Tätigkeit des verstorbenen Testamentsvollstreckers in vollem Umfang zufrieden gewesen und habe ihm dementsprechend weder die Generalvollmacht entzogen noch ihn als Testamentsvollstrecker entlassen.
Einen Dissens zwischen der Erblasserin und dem früheren Testamentsvollstrecker habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Vielmehr sei der Testamentsvollstrecker der Vertraute der Erblasserin gewesen, wobei insbesondere Einigkeit darin bestanden habe, das Theater zu erhalten.
Schwere Pflichtverletzungen seien dem früheren Testamentsvollstrecker nicht vorzuwerfen. Gründe, aus welchen der neu bestimmte Testamentsvollstrecker ungeeignet sein solle, das Amt auszuführen, seien nicht ersichtlich. Konkrete Vorwürfe seien ihm nicht zu machen.
Denkbar mögliche Interessenkonflikte seien bei der Ernennung zum Testamentsvollstrecker nicht zu berücksichtigen. Die Erblasserin habe einen möglichen Interessenkonflikt sogar bewusst in Kauf genommen.
Für die Anfechtung fehle es an einem Anfechtungsgrund. Das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin könne allenfalls in einem Entlassungsverfahren gegen den neuen Testamentsvollstrecker Berücksichtigung finden.
Mit Nichtabhilfebeschluss vom 17.9.2020 hat das Amtsgericht das Verfahren dem Beschwerdegericht vorgelegt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Das Beschwerdegericht entscheidet schriftlich, weil der Sachverhalt hinreichend geklärt ist sowie die Wahrung rechtlichen Gehörs durch die mehrfachen Möglichkeiten zur schriftlichen Stellungnahme sichergestellt wurde und auch aus sonstigen Gründen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich ist (§ 68 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 FamFG).
Die Beschwerde ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen gemäß §§ 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG zulässig.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Gemäß § 2368 BGB hat das Nachlassgericht einem Testamentsvollstrecker auf Antrag ein Zeugnis über die Ernennung zu erteilen.
Voraussetzung für die Erteilung ist, dass wirksam Testamentsvollstreckung angeordnet ist, der Testamentsvollstrecker wirksam ernannt ist und er das Amt angenommen hat. Ferner ist zu prüfen, ob die Testamentsvollstreckung gegenstandslos oder das Amt aus einem sonstigen Grund bereits erloschen ist (OLG Hamburg, B.v. 15.10.2013, 2 W 83/13FamRZ 2014, 1407; OLG München, Beschluss vom 03. Mai 2010 – 31 Wx 34/10 –, FamRZ 2010, 1698; MüKoBGB/Grziwotz, 8. Aufl. 2020, § 2368, Rn. 12).
Zu Recht hat das Amtsgericht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses für festgestellt erachtet.
1.
Die Erblasserin hat in ihren Testamenten vom 3.6.1984 und 21.6.2003 eine Testamentsvollstreckung nach §§ 2197 ff BGB wirksam angeordnet. Gründe, die Anlass zu der Annahme geben könnten, die Testamente seien unwirksam, sind nicht gegeben.
2.
Der Beteiligte zu 5) ist vom früheren Testamentsvollstrecker P… B… gemäß §§ 2199, 2198 Abs. 1 S.2 BGB mit notariell begründeter Erklärung vom 10.4.2019, eingegangen beim Amtsgericht Hamburg am 16.4.2019, wirksam zum Testamentsvollstrecker ernannt worden.
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Der frühere Testamentsvollstrecker war aufgrund des Testaments vom 3.6.1984 entsprechend § 2199 Abs. 1 und 2 BGB berechtigt, einen weiteren Mittestamentsvollstrecker zu ernennen. Im Sinne des § 2197 Abs. 1 BGB hat die Erblasserin im Testament vom 21.6.2003 Herrn P… B… zu ihrem alleinigen Testamentsvollstrecker ernannt.
Durch die diese Ernennung einleitende Formulierung „unter Aufrechterhaltung meiner bisherigen Verfügungen“ hat die Erblasserin deutlich gemacht, dass ihre übrigen Verfügungen bestehen bleiben sollen.
Das Testament vom 3.6.1984 hat sie demnach lediglich insofern modifiziert, als sie den Wegfall des Mittestamentsvollstreckers W… L… bestimmt hat. Für den Fall des Wegfalls eines Testamentsvollstreckers hat die Erblasserin im Testament vom 3.6.1984 bestimmt, dass es „ausdrücklich dem Ermessen des dann alleine amtierenden Testamentsvollstreckers überlassen sein (soll), ob er einen neuen Testamentsvollstrecker seines Vertrauens bestellen will“.
Gegen die Annahme der Beteiligten zu 1), mit dem Testament vom 21.6.2003 sei die Berechtigung der Benennung eines Mittestamentsvollstreckers entfallen, spricht eindeutig der Wortlaut der oben benannten einleitenden Formulierung dieses Testaments.
Das Amtsgericht hat diesbezüglich richtig ausgeführt, dass die Erblasserin statt dem ausdrücklichen Verweis auf die Aufrechterhaltung der bisherigen Verfügungen niedergelegt hätte, wenn sie die Berechtigung zur Bestellung eines Mittestamentsvollstreckers hätte aufheben wollen.
Dies ergibt sich auch daraus, dass die Erblasserin im Zusammenhang mit der Regelung der Testamentsvollstreckung im Testament vom 3.6.1984 sinnvollerweise bestehenbleibende genaue Festlegungen nicht nur hinsichtlich des Rechts zur Ernennung eines Mittestamentsvollstreckers, sondern desweiteren hinsichtlich der Vergütung der ursprünglich von ihr benannten und eines möglichen nachfolgenden Testamentsvollstreckers gemacht hat.
Demnach hat die Erblasserin explizit auch eine mögliche Nachfolge für die bzw. den von ihr benannten Testamentsvollstrecker vorgesehen.
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Die Formulierung, dass es „ausdrücklich dem Ermessen des dann alleine amtierenden Testamentsvollstreckers überlassen sein (soll), ob er einen neuen weiteren Testamentsvollstrecker seines Vertrauens bestellen will“, ist auch nicht auslegungsbedürftig; sondern eindeutig. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem der Entscheidung des OLG München vom 9.7.2008 (31 Wx 003/08, FamRZ 2008, 2153; vgl. auch OLG Schleswig, U.v. 18.3.2014 – 3 U 34/13, FamRZ 2015, 542) zugrundeliegenden, weswegen die Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung unter II)1)b)aa) insoweit im Ergebnis richtig, aber für die Entscheidung eigentlich unerheblich sind.
Verschiedene Auslegungen im Sinne des § 2084 BGB lässt der Inhalt der oben wiedergegebenen Formulierung nicht zu, weswegen der Annahme der Beschwerdeführerin, dass das Ernennungsrecht von vornherein eingeschränkt gewesen sei oder die letztwilligen Verfügungen der Erblasserin nach § 2084 BGB dahingehend zu lesen seien, dass ein konkludentes Ersuchen an das Nachlassgericht zur Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers im Sinne des § 2200 BGB vorliege, nicht gefolgt werden kann.
Vor dem Hintergrund des eindeutigen und unbedingten Rechts des früheren Testamentsvollstreckers, einen weiteren Testamentsvollstrecker seines Vertrauens zu bestellen, kann auch nicht von einer Verwirkung dieses Rechts im Hinblick auf die von der Beteiligten zu 1) aufgeführten Pflichtverstöße des früheren Testamentsvollstreckers ausgegangen werden.
In Rechtsprechung und Literatur besteht vielmehr Einigkeit dahingehend, dass ein Testamentsvollstrecker sogar im Fall seiner Entlassung aus dem Amt wegen Pflichtverletzung noch ermächtigt ist, seinen Nachfolger zu benennen, sofern eine solche Ermächtigung im Testament vorgesehen und das Testament insoweit eindeutig ist (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, U.v. 18.3.2014 – 3 U 34/13, FamRZ 2015, 606; OLG München, B.v. 9.7.2008, FamRZ 2008, 749; OLG Hamm, B.v. 5.1.2007 – 15 W 277/06 FamRZ 2007, 1194; MüKoBGB/Zimmermann, 8. Aufl. 2020, BGB § 2199 Rn. 8; Staudinger/Reimann (2016) BGB § 2199, Rn. 9; Heintz in: Herberger/ Martinek/ Rüßmann/ Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 2199 BGB (Stand: 09.10.2020), Rn. 10).
Die Entscheidung darüber, ob ein Testamentsvollstrecker einen Mitvollstrecker oder Nachfolger ernennen können soll, obliegt nach § 2199 BGB allein dem Erblasser.
Die Einräumung dieses dem ersten durch den Erblasser selbst gewählten Testamentsvollstrecker eingeräumten Rechts ist auch zweckdienlich aus Sicht des Erblassers, weil sie zu einer kontinuierlichen Testamentsvollstreckung führt.
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Der dabei nie ganz auszuschließenden Gefahr, dass ein Mittestamentsvollstrecker oder nachfolgender Testamentsvollstrecker unfähig sein oder grob pflichtwidrig handeln könnte, wird dadurch Rechnung getragen, dass immer die Möglichkeit verbleibt, nach Ernennung ein Entlassungsverfahren nach § 2227 BGB anzustrengen.
Ein solches – nachrangiges – Entlassungsverfahren betreffen auch die von der Beteiligten zu 1) angeführten Entscheidungen des OLG Rostock (B.v. 25.7.2018 – 3 W 158/17, FamRZ 2019, 1013) sowie des OLG Saarbrücken (B.v. 6.8.2018 – 5 W 2/18; ErbR 2019, 247). Eine Verwirkung des Rechts des früheren Testamentsvollstreckers, einen weiteren Testamentsvollstrecker zu bestellen, kann auf diese Entscheidungen indes nicht gestützt werden.
Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht in eine weitere Prüfung hinsichtlich der Eignung des Testamentsvollstreckers ebenso wenig eingetreten ist, wie in die Prüfung möglicherweise vorliegender Entlassungsgründe gemäß § 2227 BGB.
Betreffend die Erteilung des Zeugnisses kommt es nämlich nicht darauf an, ob der Testamentsvollstrecker für die ihm übertragenen Aufgaben ungeeignet ist oder sonstige Entlassungsgründe nach § 2227 BGB vorliegen.
Anders verhält es sich nur dann, wenn es um die Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht nach § 2200 BGB geht – was hier nicht der Fall ist.
Das Verfahren zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses und das Entlassungsverfahren sind voneinander zu trennen (OLG München, Beschluss vom 03. Mai 2010 – 31 Wx 34/10 –, FamRZ 2010, 1698; Hanseatisches OLG Hamburg, B.v. 15.10.2013 – 2 W 83/13FamRZ 2014, 1407).
Demnach ist es für die Frage der Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses auch etwa nicht erheblich, ob der Beteiligte zu 5) als Testamentsvollstrecker unparteilich, fachlich geeignet oder auf anwaltliche Hilfe angewiesen ist.
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob er wahrscheinlich seine Pflichten als Testamentsvollstrecker verletzen wird oder solche Pflichtverletzungen bereits erkennbar sind.
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Die Ernennung des Beteiligten zu 5) als weiteren Testamentsvollstrecker durch den früheren Testamentsvollstrecker P… B… ist auch nicht nichtig infolge der hilfsweisen Anfechtung des seitens der Erblasserin mit dem Testament vom 3.6.1984 eingeräumten Ernennungsrechts. Die Anfechtung nach § 2078 Abs. 2 BGB greift nicht durch, denn für den von der Beschwerdeführerin behaupteten Motivirrtum der Erblasserin liegen keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vor.
Im Rahmen des § 2078 Abs. 2 BGB können nur Irrtümer die Anfechtung rechtfertigen, die bewegender Grund für den letzten Willen waren.
Es müssen demnach besonders schwerwiegende Umstände vorliegen, die gerade diesen Erblasser auch unter Berücksichtigung seiner ihm eigenen Vorstellungen mit Sicherheit dazu gebracht hätten, anders zu testieren (BGH U.v. 27.5.1987 – IVa ZR 30/86, NJW-RR 1987, 1412 m.w.N.).
Dafür, dass die Erblasserin bei Kenntnis der später eintretenden Umstände die Ernennungsbefugnis insoweit eingeschränkt hätte, dass jedenfalls kein Mitvollstrecker oder Nachfolger in Frage gekommen wäre, der in einem Interessenskonflikt steht, fehlt aber außer der bloßen Behauptung der Beschwerdeführerin jeder tatsächliche Anhaltspunkt.
Es ist vielmehr festzuhalten, dass die Erblasserin bereits mit der Benennung des früheren Testamentsvollstreckers, dem Ehemann der Beteiligten zu 3), als Testamentsvollstrecker zum Ausdruck gebracht hat, dass ihr die Nähe zum Familienunternehmen bzw. zur Familie offensichtlich wichtiger gewesen ist als die Vermeidung von möglichen Interessenskonflikten.
3.
Der Beteiligte zu 5) hat das Amt des Testamentsvollstreckers durch Erklärung in der Anhörung des Amtsgerichts am 17.9.2019 entsprechend § 2202 Abs. 2 BGB angenommen.
4.
Die Testamentsvollstreckung ist nicht gegenstandslos geworden. Insbesondere ist sie noch nicht durch Erledigung der anstehenden Aufgaben beendet.
Das Amtsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Testamentsvollstreckung im Testament vom 3.6.1984 als Dauertestamentsvollstreckung ausgestaltet ist.
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Von einer Dauertestamentsvollstreckung ist nach § 2209 S. 1 Alt. 2 BGB auszugehen, sofern die Fortführung der Verwaltung – gegebenenfalls nach Ausführung anderer Aufgaben – angeordnet ist. Dies ist vorliegend der Fall.
Die Erblasserin hat angeordnet, dass alle in den Nachlass fallenden Grundstücke „tunlichst in der Verwaltung des Testamentsvollstreckers verbleiben“ sollen und ein Verkauf nur im Falle einer entsprechenden – derzeit nicht absehbaren – Einstimmigkeit der Beteiligten zu 1) bis 3) erfolgen soll.
Das Amt des Testamentsvollstreckers ist auch nicht aus einem sonstigen Grund im Sinne des § 2225 BGB erloschen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 40 Abs. 5, 61 GNotKG (20 % des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls ohne Abzug der Verbindlichkeiten).
Das Beschwerdegericht geht wie das Amtsgericht von einem Gesamtwert des Nachlasses der Erblasserin von etwa 7.000.000,00 € aus und stützt sich dabei hinsichtlich der Immobilienwerte auf die Schätzungen des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg im Beschluss vom 26.3.2020 (Blatt 1556 der Akte) und hinsichtlich des Kapitalvermögens auf die Angaben im vorläufigen Nachlassverzeichnis vom 20.11.2011 (Bl. 267 der Akte).
Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.
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