OLG Hamm 10 U 108/21 Beginn Verjährung Pflichtteil
Beginn der Verjährungsfrist für einen Pflichtteilsanspruch bei Wirksamkeitsbedenken
RA und Notar Krau
Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Urteil vom 2. März 2023 entschieden, dass die Verjährungsfrist für einen Pflichtteilsanspruch erst dann beginnt,
wenn der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis von der Wirksamkeit der ihn beeinträchtigenden Verfügung erlangt.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Berechtigte begründete Zweifel an der Wirksamkeit der Verfügung hat, beispielsweise aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Testierfähigkeit des Erblassers.
Der Fall:
Im vorliegenden Fall ging es um den Sohn (Kläger) eines 2015 verstorbenen Erblassers.
Der Erblasser hatte in einem Testament aus dem Jahr 2009 seine zweite Ehefrau (Beklagte) zur Alleinerbin eingesetzt.
Der Kläger hatte jedoch Zweifel an der Wirksamkeit dieses Testaments, da er den Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung für testierunfähig hielt.
Er beantragte daher die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben auswies, basierend auf einem älteren Testament.
Im Erbscheinsverfahren wurde ein Sachverständigengutachten zur Testierfähigkeit des Erblassers eingeholt.
Nachdem dieses Gutachten die Testierunfähigkeit nicht bestätigte, nahm der Kläger seinen Antrag zurück und machte seine Pflichtteilsansprüche geltend.
Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.
Die Entscheidung des OLG Hamm:
Das OLG Hamm gab dem Kläger Recht und entschied, dass seine Pflichtteilsansprüche nicht verjährt waren.
Die Verjährungsfrist beginne erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden
Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Im vorliegenden Fall habe der Kläger erst mit der Übersendung des Sachverständigengutachtens im Jahr 2019 Kenntnis von der Wirksamkeit des Testaments erlangt.
Begründung:
Das OLG Hamm begründete seine Entscheidung damit, dass die erforderliche Kenntnis von einer beeinträchtigenden Verfügung fehlen kann,
wenn der Berechtigte infolge Tatsachen- oder Rechtsirrtums davon ausgeht, die ihm bekannte Verfügung sei unwirksam.
Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Wirksamkeitsbedenken nicht von vornherein von der Hand zu weisen seien.
Im vorliegenden Fall habe der Kläger begründete Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers gehabt, die auch durch das spätere Sachverständigengutachten nicht vollständig ausgeräumt worden seien.
Fazit:
Das Urteil des OLG Hamm verdeutlicht, dass die Verjährungsfrist für Pflichtteilsansprüche erst dann beginnt,
wenn der Pflichtteilsberechtigte sichere Kenntnis von der Wirksamkeit der ihn beeinträchtigenden Verfügung hat.
Bestehen begründete Zweifel an der Wirksamkeit der Verfügung, beispielsweise aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Testierfähigkeit des Erblassers,
so beginnt die Verjährungsfrist erst mit der Klärung dieser Zweifel.
Dies gilt selbst dann, wenn der Pflichtteilsberechtigte bereits Kenntnis von der Verfügung selbst hat.
Zusätzliche Informationen:
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.