OLG Hamm 10 U 117/22

Juni 21, 2023

OLG Hamm 10 U 117/22 Konkludente Ausschlagung eines Vermächtnisses, woraus der Erbe schließen kann, dass er auf das Vermächtnis verzichtet.

Im Verlangen des Pflichtteils kann nur ausnahmsweise eine konkludente Ausschlagung eines Vermächtnisses gesehen werden. Erforderlich ist ein unzweideutiges Verhalten des Vermächtnisnehmers,



Gründe: OLG Hamm 10 U 117/22


I. Die Parteien streiten über die Erfüllung eines Vermächtnisses.

Die Parteien sind Brüder.

Die Eltern der Parteien setzten am 6.2.1996 ein gemeinschaftliches notarielles Testament auf, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben bestimmten.

Der Überlebende sollte über den Nachlass frei verfügen können.

Der Vater der Parteien, […], verstarb am 31.1.2018.

Die Mutter der Parteien, […], verstarb am 26.1.2021.

Sie hinterließ ein notarielles Testament vom 2.5.2018 […].

In diesem setzte sie den Beklagten zu ihrem Alleinerben ein.

Zudem enthielt das Testament zugunsten des Klägers folgende Bestimmung:

OLG Hamm 10 U 117/22
„Ich setze folgendes Vermächtnis aus: Mein Sohn […] geb. am 24.7.1972, zurzeit wohnhaft in […] soll zum Todeszeitpunkt das vorhandene Barvermögen einschl. Wertpapiere erhalten.“


Mit Schreiben vom 14.4.2021 […] wandte sich die erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers mit einem Auskunftsverlangen an den Beklagten. In diesem heißt es unter anderem:


„Da unser Mandant aufgrund der testamentarischen Regelung der Erblasserin von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wurde, ist er gemäß § 2303 Abs. 1 BGB pflichtteilsberechtigt.

Damit es unserem Mandanten möglich ist, die ihm zustehenden Pflichtteilsansprüche zu beziffern und geltend zu machen, besteht Ihnen gegenüber gemäß § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB ein Auskunftsanspruch über den Bestand des Nachlasses. Darüber hinaus ist zugunsten unseres Mandanten ein Vermächtnis ausgesetzt. […]“


Sodann wurden dem Beklagten umfangreich die Anforderungen an das geforderte Nachlassverzeichnis erläutert. Nachdem ausgeführt worden war, bis zu welchem Zeitpunkt die Übersendung des Nachlassverzeichnisses verlangt wird, wurde auf den Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch wie folgt eingegangen:


„[…] Der Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch ist ein Anspruch auf Zahlung. Zwar kann die Höhe der Pflichtteilsansprüche unseres Mandanten erst nach erteilter Auskunft und gegebenenfalls Wertermittlung beziffert werden, jedoch sind der Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2317 Abs. 1 BGB bereits mit dem Eintritt des Erbfalls zur Zahlung fällig.

Ab diesem Zeitpunkt können sie durch eine, auch zunächst unbezifferte Zahlungsaufforderung in Verzug begründender Weise geltend gemacht werden (BGH Urt. v. 6.5.1981 – IV a ZR 170/80, WW 1981, 1729).

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Die genannten Ansprüche werden hiermit namens und in Vollmacht unseres Mandanten nochmals ausdrücklich geltend gemacht und bis zum 30.4.2021 zur Zahlung angemahnt.
Mit erfolglosem Verstreichen der vorstehenden Frist tritt Verzug ein. Ab Verzugseintritt sind die vorgenannten Zahlungsansprüche dann nicht nur fällig, sondern auch verzinslich und zwar mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.“


Mit E-Mail vom 3.5.2021 […] wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Beklagten sodann an die Prozessbevollmächtigte des Klägers. Unter anderem formulierte er:


„[…] Die von Ihnen geltend gemachten und auf § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB gestützten Auskunftsansprüche werden hiermit zur Vorbereitung der Entscheidung Ihres Auftraggebers, ob er unter Ausschlagung des Vermächtnisses den Pflichtteil verlangt, anerkannt (vgl. § 2307 Abs. 1 BGB). […]“


Es wurde sodann von Seiten des Beklagten unter dem 12.7.2021 an den Kläger ein Nachlassverzeichnis […] übersandt und darauf hingewiesen, dass der Kläger mit seinem Verlangen vom 14.4.2022 konkludent das Vermächtnis ausgeschlagen habe.
Im Nachlass der Erblasserin befinden sich folgende Geldbestände und Wertpapiere:
Konten und Bargeld:


–DE27 […]: 14.817 EUR
–DE42 […]: 27.759 EUR
–Barbestand Tresor: 4.800 EUR
–Portemonnaie: 50,31 EUR
–Volksbank B. W.: 161,81 EUR
Wertpapiere mit Kurswert zum Todestag:
—Aktien der Daimler AG: 34.292 EUR
—Aktien der FID.FDS: 14.639 EUR
—Aktien der Nordea ret.ap: 43.824 EUR
Aus dem Nachlassverzeichnis ergibt sich ein realer Nachlass in Höhe von 150.537,13 EUR.
Die Erblasserin war zudem Eigentümerin eines Hausgrundstücks.

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Den Grundbesitz übertrug sie zu Lebzeiten mit notariellem Vertrag vom 18.12.2018 […] auf den Beklagten. Der Erblasserin wurde im Gegenzug ein lebenslängliches unentgeltliches Nießbrauchsrecht eingeräumt.

Der Jahreswert des Nießbrauchsrechts wurde mit 25.560 EUR bemessen. Der Wert des Grundbesitzes wurde von einem Sachverständigen ermittelt, wofür Kosten in Höhe von 4.299,83 EUR anfielen. Nach sachverständiger Ermittlung beläuft sich der Wert der übertragenen Immobilie auf 350.000 EUR.


Der Beklagte erhielt zu Lebzeiten der Erblasserin weitere ergänzungspflichtige Schenkungen in Höhe von 9.027,60 EUR.


Der Kläger machte mit anwaltlichem Schreiben vom 2.11.2021 das Vermächtnis gegenüber dem Beklagten geltend.


Der Beklagte zahlte am 7.12.2021 auf den Pflichtteil des Klägers einen Betrag in Höhe von 71.561,97 EUR.


Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass mit dem Schreiben vom 14.4.2021 keine Ausschlagung des Vermächtnisses erfolgt sei, da auch Ansprüche aufgrund des Vermächtnisses geltend gemacht worden seien. […]


Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass mit dem Schreiben vom 14.4.2021 eine Ausschlagung des Vermächtnisses konkludent erklärt worden sei, da Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend gemacht worden seien. […]


Der Kläger hat seinen Prozessbevollmächtigten erster Instanz, der H. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in R., den Streit verkündet […].

Ein Beitritt ist daraufhin nicht erfolgt.

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II. Die zulässige Berufung hat in der Sache weitgehend Erfolg.


Dem Kläger steht aufgrund des von der Erblasserin zu seinen Gunsten ausgebrachten Vermächtnisses ein Anspruch auf Übertragung der zum Todeszeitpunkt vorhandenen Aktien aus § 2174 BGB gegen den Beklagten als beschwerten Alleinerben zu.


Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger dieses Vermächtnis durch das vorgerichtliche Schreiben seiner erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 14.4.2021 gemäß § 2180 Abs. 2 S. 1 BGB ausgeschlagen hat.
Gemäß § 2180 Abs. 1 S. 2 BGB erfolgt die Ausschlagung eines Vermächtnisses durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten.

Die Ausschlagung bedarf keiner Form und kann auch durch einen Bevollmächtigten oder durch einen gesetzlichen Vertreter sowie durch schlüssiges Verhalten erklärt werden (OLG Köln Beschl. v. 12.7.2002 – 2 Wx 2/02, BGH NJW 2001, 520; OLG Stuttgart OLGR 1998, 9; MüKoBGB § 2180 Rn. 2; Staudinger/Otte BGB § 2180 Rn. 5).


Eine ausdrückliche Ausschlagungserklärung enthält das Schreiben der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 14.4.2021 unstreitig nicht.

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Diesem kann jedoch auch keine konkludente Ausschlagungserklärung entnommen werden.
Zwar kann in dem Verlangen des vollen Pflichtteils eine schlüssige (konkludente) Erklärung der Ausschlagung des Vermächtnisses liegen.

Denn gemäß § 2307 Abs. 1 S. 1 BGB besteht für den mit einem Vermächtnis Bedachten nur dann der volle Pflichtteil, wenn er das Vermächtnis ausschlägt. In der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs kann jedoch noch nicht zwangsläufig eine Ausschlagung des Vermächtnisses gesehen werden. Vielmehr sind stets die Umstände des Einzelfalls maßgebend (OLG Köln Beschl. v. 12.7.2002 – 2 Wx 2/02; OLG Köln Urt. v. 5.12.2015 – 2 U 103/05; Soergel/Dieckmann BGB § 2307 Rn. 6).

So kann beispielsweise von Bedeutung sein, ob der Berechtigte weiß, dass er wählen kann, ob er gemäß § 2307 Abs. 1 S. 1 BGB das Vermächtnis ausschlägt und den vollen Pflichtteil beansprucht oder ob er gemäß § 2307 Abs. 1 S. 2 BGB neben dem Anspruch auf das Vermächtnis den Pflichtteilsrestanspruch geltend macht (vgl. Soergel/Dieckmann BGB § 2307 Rn. 6).


Die Umstände des Einzelfalls sprechen hier jedoch gegen eine konkludente Ausschlagung des Vermächtnisses.


Zwar hat die erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers in dem Schreiben vom 14.4.2021 deutlich Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend gemacht. Zweifel, ob darin zwangsläufig eine Ausschlagung des Vermächtnisses zu sehen ist, ergeben sich hier aber bereits daraus, dass in dem Schreiben nahezu alle denkbaren Konstellationen gleichzeitig geltend gemacht werden sollten (Auskunft, Vermächtnis, Pflichtteils- und Pflichtteilergänzungsansprüche). Im Vordergrund stand dabei ersichtlich zunächst die Auskunft.

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Denn nur aufgrund dieser war eine verlässliche Entscheidung, ob der Pflichtteilsanspruch oder das Vermächtnis verlangt wird, überhaupt möglich.
Nach § 133 BGB ist bei einer Willenserklärung aber der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Zu berücksichtigen sind insoweit alle von dem Adressaten erkannten oder ihm erkennbaren Umstände vor und bei der Abgabe der Willenserklärung. Hierzu zählt auch, welche Interessen der Erklärende erkennbar verfolgt hat, dh vor allem, welchen Sinn und Zweck die Erklärung aus der Sicht des Adressaten hat.


Der Empfänger darf der Erklärung daher nicht einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen, sondern muss unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit prüfen, was der Erklärende gemeint hat (vgl. dazu BGH NJW 1981, 2295). Das gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – erkennbar eine von zwei möglichen Auslegungen für den Erklärenden wirtschaftlich wenig Sinn macht (vgl. BGH Urt. v. 21.5.2008 – IV ZR 238/06, juris).

Denn in der Regel ist nicht davon auszugehen, dass ein Gläubiger ohne Weiteres auf seine Forderungen verzichtet, insbesondere dann, wenn dem Gläubiger die Rechte, auf die er verzichtet, bei Abschluss des Vertrages unbekannt sind und wenn der Verzicht konkludent erklärt wird (Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann beck-online Grosskommentar BGB § 397 Rn. 1).

Erforderlich ist ein unzweideutiges Verhalten, woraus der Schuldner schließen kann, dass der Gläubiger sein Recht aufgeben will (BGH FamRZ 1981, 763; BGH NZM 2015, 532).

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Dass die erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers aber mit dem Schreiben vom 14.4.2021 nicht das Vermächtnis ausschlagen wollte, sondern sich die Entscheidung noch
OLG Hamm: Konkludente Ausschlagung eines Vermächtnisses(ErbR 2023, 483) 486
offen halten wollte, ob nach erteilter Auskunft der Pflichtteil oder das Vermächtnis geltend gemacht werden soll, wird auch von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt.

Er selbst hat die Erklärung der vormaligen Klägervertreterin denn auch so verstanden. So heißt es in seiner Antwort E-Mail vom 3.5.2021:


„[…] zur Vorbereitung der Entscheidung Ihres Auftraggebers, ob er unter Ausschlagung des Vermächtnisses den Pflichtteil verlangt […]“.


Der Beklagte ist mithin selbst davon ausgegangen, dass sich der Kläger mit dem Schreiben vom 14.4.2021 gerade noch nicht entschieden hat.


Wird aber der tatsächliche Wille des Erklärenden bei Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung bewiesen oder sogar zugestanden (BGH NJW 1983, 672 mwN) und hat der andere Teil sie ebenfalls in diesem Sinne verstanden, dann bestimmt dieser Wille den Inhalt des Rechtsgeschäfts, ohne dass es auf Weiteres ankommt.

Denn der wirkliche Wille des Erklärenden geht, wenn alle Beteiligten die Erklärung übereinstimmend in eben diesem selben Sinne verstanden haben, nicht nur dem Wortlaut, sondern jeder anderweitigen Interpretation vor (BGH NJW 1984, 721; BGH NJW 1978, 1050; BGH NJW 1981, 2745).

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Wenn nämlich bei keinem der Beteiligten ein Missverständnis vorliegt, ist es nicht zu rechtfertigen, eine andere rechtliche Regelung als die wirklich gewollte zur Geltung zu bringen, dies selbst dann nicht, wenn die Erklärung diesen Willen nicht oder nicht genau wiedergibt (MüKoBGB § 133 Rn. 15; BGH NJW 1985, 721).

Erst wenn es nicht gelingt festzustellen, was der Erklärende wirklich gewollt und dass der Empfänger die Erklärung in diesem Sinne verstanden hat, dann darf der Richter die Auslegung damit noch nicht abbrechen (BGH NJW 1981, 2745; MüKoBGB § 133 Rn. 17; Soergel/Hefermehl BGB § 133 Rn. 17).

Vielmehr kommt es dann in einer weiteren Stufe des Auslegungsvorganges gemäß § 133, 157 BGB darauf an, wie der Empfänger der empfangsbedürftigen Willenserklärung diese bei objektiver Würdigung aller Umstände und mit Rücksicht auf Treu und Glauben zu verstehen hatte (BGH NJW 1981, 2745).


Da der Beklagte damit subjektiv erkannt hat, was der Kläger in Wirklichkeit wollte, kommt es auf den objektiven Empfängerhorizont nicht mehr an.

Kann nämlich ein Konsens der Vertragsparteien ermittelt werden, hat dieser Vorrang vor jeder normativen Auslegung (MüKoBGB § 133 Rn. 15; BGH NJW 1994, 850; BGH NJW 1998, 1480).
Soweit der Beklagte daher im weiteren Verlauf die Erklärung vom 14.4.2021 dann doch als Ausschlagung verstehen wollte, ihr also eine andere, für ihn günstigere Bedeutung beimessen wollte, ändert dies hieran nichts mehr.

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Hat bei einer empfangsbedürftigen Willenserklärung der Erklärungsempfänger den wirklichen Willen des Erklärenden erkannt – mag er ihn auch innerlich nicht gebilligt haben – so ist dieser auch dann allein maßgebend, wenn er von dem Wortlaut der Erklärung nicht gedeckt wird (vgl. BGH Urt. v. 21.5.1959, BGHZ 20, 109; BGH II ZR 165/57; BGH NJW 1984, 721; BGH Urt. v. 30.5.1988 – II ZR 204/87).

Nichts anderes kann dann gelten, wenn der Empfänger einer zunächst richtig verstandenen Erklärung nachträglich eine andere Bedeutung beimessen will, weil er den zunächst erkannten Willen des Erklärenden nicht billigt.


Dem Kläger steht daher ein dem Inhalt des Vermächtnisses entsprechender Anspruch auf Übertragung der zum Todeszeitpunkt vorhandenen Wertpapiere zu.


Da es sich bei den im Nachlass vorhandenen Wertpapieren um Aktien handelte, stellt dies kein Forderungsvermächtnis im Sinne von § 2173 BGB dar (jurisPK-BGB § 2173 Rn. 8; NK-BGB § 2173 BGB Rn. 2; Staudinger/Otte BGB § 2173 Rn. 2).

Es handelt sich vielmehr um ein Gattungsvermächtnis, das sich an den tatsächlich im Zeitpunkt des Erbfalls noch vorhandenen Aktien orientiert.

Denn eine Aktie verbrieft die Mitgliedschaft in einer Aktiengesellschaft und vermittelt insbesondere Mitwirkungsrechte, namentlich Stimm- und Auskunftsrechte, jedoch keine Geldforderung.

Aktieninhaber haben gegen die Depotbank einen Anspruch auf Herausgabe der Aktien und nicht auf Zahlung des Kurswertes.


Dem Kläger steht daher ein Anspruch auf Übertragung der konkreten Aktien gegen den Beklagten zu.

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Dieser Anspruch ist auch nicht etwa nach § 275 Abs. 1 BGB dadurch untergegangen, dass der Beklagte die Aktien zwischenzeitlich verkauft hat.

Denn subjektive Unmöglichkeit liegt nicht vor, wenn der Schuldner, der die Sache vertragswidrig an einen Dritten verkauft hat, diese zurückkaufen kann und sei es auch zu einem höheren Preis (MüKoBGB § 275 Rn. 65).

Solange also noch die Möglichkeit des Rückerwerbs besteht, liegt keine Unmöglichkeit vor (BGH NJW 1996, 515; BGH NJW 1984, 479).

Unmöglichkeit für den Schuldner wird erst angenommen, wenn feststeht, dass der Schuldner die Verfügungsmacht nicht mehr erlangen kann (BGH NJW 1999, 2034).

Der Beklagte kann die dem Kläger zugewandten Aktien aber wieder beschaffen, wenn auch nur mit einem gewissen Aufwand.


Darüber hinaus kann der Kläger das zum Todeszeitpunkt vorhandene Barvermögen aufgrund des Vermächtnisses verlangen.

Dieses belief sich zum Todeszeitpunkt der Erblasserin unstreitig auf 47.588,12 EUR.

Da der Beklagte an den Kläger bereits eine Zahlung von 71.561,97 EUR erbracht hat, hat dieser insoweit daher 23.973,85 EUR zuviel erhalten.

Dieser Betrag ist daher Zug um Zug gegen Verschaffung der Aktien an den Beklagten zurückzuzahlen (§ 273 BGB). […]


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