OLG Hamm 10 W 12/24 Einziehung Erbschein Unzuständigkeit Rechtspfleger

Dezember 4, 2024

OLG Hamm 10 W 12/24 Einziehung Erbschein Unzuständigkeit Rechtspfleger

Beschluss vom 18.07.2024

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Der Beteiligte zu 1) beantragte die Einziehung eines Erbscheins, der seine Erbquote nach dem Tod seiner Ehefrau falsch auswies.

Das Nachlassgericht hatte den Erbschein erteilt, obwohl die Ehe in Jamaika geschlossen worden war und somit die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kam.

Rechtsfrage:

Ist ein Erbschein einzuziehen, der von einem unzuständigen Rechtspfleger erteilt wurde, weil die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kam?

OLG Hamm 10 W 12/24 Einziehung Erbschein Unzuständigkeit Rechtspfleger

Entscheidung des OLG Hamm:

Das OLG Hamm hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf und wies dieses an, den Erbschein einzuziehen.

Begründung:

  • Einziehungsgrund: Ein Erbschein ist gemäß § 2361 BGB einzuziehen, wenn er unrichtig ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn er von einem unzuständigen Rechtspflegeorgan erteilt wurde.
  • Zuständigkeit des Rechtspflegers: Gemäß § 3 Nr. 2 c) RPflG sind dem Rechtspfleger die Nachlasssachen übertragen, wozu auch die Erteilung von Erbscheinen gehört. Diese Übertragung erfolgt jedoch vorbehaltlich der in den §§ 14 bis 19 b RPflG aufgeführten Ausnahmen.
  • Richtervorbehalt: Im vorliegenden Fall greift der Richtervorbehalt gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG ein. Danach ist der Richter anstelle des Rechtspflegers zuständig, wenn die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt.
  • Anwendung ausländischen Rechts: Obwohl sich die Erbfolge nach deutschem Recht richtete, kam im Rahmen der Feststellung der Erbquoten die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht, da die Ehe in Jamaika geschlossen worden war und Fragen des ehelichen Güterrechts nicht in den Anwendungsbereich der EuErbVO fallen.

OLG Hamm 10 W 12/24 Einziehung Erbschein Unzuständigkeit Rechtspfleger

  • Keine Differenzierung im Gesetz: § 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG differenziert nicht zwischen ausländischem Erbrecht und sonstigem ausländischen Recht. Der Richtervorbehalt greift daher auch ein, wenn nur bezüglich der Vorfragen ausländisches Recht in Betracht kommt.
  • Keine Übertragung möglich: Die Erteilung des Erbscheins war auch nicht auf den Rechtspfleger übertragbar, da gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 RPflG eine Übertragung nur möglich ist, wenn eine Verfügung von Todes wegen vorliegt und deutsches Erbrecht anzuwenden ist.
  • Unwirksamkeit der Erbscheinerteilung: Hat der Rechtspfleger ein ihm weder übertragenes noch übertragbares Geschäft wahrgenommen, ist das Geschäft unwirksam. Der von ihm erteilte Erbschein muss – ohne Rücksicht auf dessen sachliche Richtigkeit – eingezogen werden.

Konsequenzen des Beschlusses:

Der Beschluss des OLG Hamm verdeutlicht die Bedeutung des Richtervorbehalts bei der Anwendung ausländischen Rechts im Erbscheinsverfahren.

Wird ein Erbschein von einem unzuständigen Rechtspfleger erteilt, ist er unabhängig von seiner sachlichen Richtigkeit einzuziehen.

OLG Hamm 10 W 12/24 Einziehung Erbschein Unzuständigkeit Rechtspfleger

Wichtige Hinweise:

  • Der Richtervorbehalt gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG greift auch dann ein, wenn die Anwendung ausländischen Rechts nur im Rahmen von Vorfragen in Betracht kommt.
  • Die Erteilung eines Erbscheins ist nicht auf den Rechtspfleger übertragbar, wenn keine Verfügung von Todes wegen vorliegt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Beschluss des OLG Hamm eine wichtige Entscheidung zur Frage der Zuständigkeit im Erbscheinsverfahren bei Anwendung ausländischen Rechts ist.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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