OLG Hamm 15 W 320/18 – Testierfähigkeit des Erblassers

September 19, 2024

OLG Hamm 15 W 320/18 – Testierfähigkeit des Erblassers

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Kernaussage:

In einem Erbschaftsstreit kann ein Krankenhaus nicht die Herausgabe von Krankenunterlagen unter Berufung auf die ärztliche Schweigepflicht verweigern,

wenn diese zur Klärung der Testierfähigkeit des Erblassers relevant sind.

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall stritten die Beteiligten um die Erteilung eines Erbscheins.

Die Antragstellerin, die Schwester der Erblasserin, focht ein notarielles Testament an, das auf der Intensivstation eines Krankenhauses errichtet wurde.

Sie bezweifelte die Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.

OLG Hamm 15 W 320/18 – Testierfähigkeit des Erblassers

Das Nachlassgericht wies den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins zurück, ohne ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Die Antragstellerin legte Beschwerde ein und verlangte die Vorlage der Krankenunterlagen des Krankenhausaufenthalts.

Das Krankenhaus verweigerte die Herausgabe unter Berufung auf die ärztliche Schweigepflicht.

Entscheidungsgründe:

  • Zwischenstreitverfahren: Das Gericht entschied, dass die Voraussetzungen für ein Zeugnisverweigerungsrecht in einem Zwischenstreitverfahren geklärt werden müssen.
  • Ärztliche Schweigepflicht: Die ärztliche Schweigepflicht begründet grundsätzlich kein gesetzliches Zeugnisverweigerungsrecht.
  • Sie wird insbesondere nicht durch eine Übersendung der Krankenunterlagen verletzt.
  • Mutmaßlicher Wille des Erblassers: Nach dem Tod des Patienten ist für die Frage der Schweigepflicht der mutmaßliche Wille des Erblassers entscheidend.
  • Es wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass der Erblasser ein Interesse an der Aufklärung von Zweifeln an seiner Testierfähigkeit hat.
  • Vorlage der Krankenunterlagen: Die Krankenunterlagen sind an das Prozessgericht zu übersenden. Eine Übersendung in Kopie oder elektronischer Form ist zulässig.
  • Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Krankenhauses: Das Krankenhaus legte ein unbenanntes Rechtsmittel gegen den Vorlagebeschluss ein.
  • Dieses Rechtsmittel ist unzulässig, da gegen eine Vorlageanordnung keine sofortige Beschwerde möglich ist.
  • Keine Verfügungsbefugnis der Erben: Die Erben können nicht über die ärztliche Schweigepflicht verfügen, da diese ein höchstpersönliches Recht des Erblassers ist.
  • Unwirksamkeit der Vollmacht: Die Wirksamkeit der postmortalen Vorsorgevollmacht ist fraglich, da sie am selben Tag wie das angefochtene Testament errichtet wurde und die Testierfähigkeit der Erblasserin zweifelhaft ist.
  • Erforderlichkeit der Krankenunterlagen: Die Krankenunterlagen sind zur Klärung der Testierfähigkeit erforderlich, da der Sachverständige ohne diese Unterlagen keine endgültige Beurteilung treffen kann.
  • Keine Verweigerungsgründe: Das Krankenhaus kann die Vorlage der Unterlagen nicht verweigern, da die ärztliche Schweigepflicht durch die Übersendung nicht verletzt wird und kein entgegenstehender Wille des Erblassers anzunehmen ist.

OLG Hamm 15 W 320/18 – Testierfähigkeit des Erblassers

Fazit:

Das Krankenhaus ist verpflichtet, die Krankenunterlagen an das Gericht zu übersenden.

Die ärztliche Schweigepflicht steht der Herausgabe nicht entgegen, da der mutmaßliche Wille des Erblassers die Aufklärung von Zweifeln an seiner Testierfähigkeit unterstützt.

Die Entscheidung des Gerichts betont die Bedeutung der Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Erblassers bei der Abwägung

zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und dem Interesse an der Wahrheitsfindung in Erbschaftsstreitigkeiten.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

paragraph, law, symbol

Urteil VGH Baden-Württemberg 25.04.2024 – 2 S 1900/23 Erbengemeinschaft Beitragsschuldner für Erschließungsbeiträge

September 24, 2024
Urteil VGH Baden-Württemberg 25.04.2024 – 2 S 1900/23 Erbengemeinschaft Beitragsschuldner für ErschließungsbeiträgeZusammenfassung RA und …
brown crucifix

Beschluss AG Bonn 14.04.2024 – 34 VI 136/23 Internationale Zuständigkeit

September 24, 2024
Beschluss AG Bonn 14.04.2024 – 34 VI 136/23 Internationale ZuständigkeitZusammenfassung RA und Notar KrauKernaussage:Das Amtsgeri…
angel, figure, statue

Urteil LG Detmold 18.04.2024 – 04 O 275/23 – Bereicherung Nachlass

September 24, 2024
Urteil LG Detmold 18.04.2024 – 04 O 275/23 – Bereicherung NachlassZusammenfassung RA und Notar KrauTenor:Der Beklagte (Testamentsv…