OLG Hamm 15 W 447/05 – Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments

April 2, 2019

OLG Hamm 15 W 447/05 – Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm befasste sich im Beschluss vom 01. August 2006 (Az. 15 W 447/05) mit der Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments eines Ehepaares,

das sich gegenseitig als Alleinerben und ihre Kinder als Schlusserben eingesetzt hatte.

Der zentrale Punkt der Entscheidung war die Frage, ob die Schlusserbeneinsetzung der Kinder wechselbezüglich erfolgte,

also ob der überlebende Ehegatte in seiner Verfügungsfreiheit über den Nachlass beschränkt war oder ob dieser den Nachlass nach Belieben für seine Versorgung und Pflege verwenden konnte.

Das Testament vom 15. Juni 1986 enthielt eine Klausel, wonach der überlebende Ehegatte das Vermögen für seine Altersvorsorge nutzen dürfe und die Kinder nur erben würden,

„wenn was nachbleibt“.

Das OLG Hamm entschied, dass dies so auszulegen sei, dass die Schlusserbeneinsetzung nicht wechselbezüglich war.

OLG Hamm 15 W 447/05 – Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments

Damit war der überlebende Ehegatte nicht daran gebunden, den Nachlass für die Kinder zu erhalten,

sondern konnte frei darüber verfügen, auch durch Verkauf oder Verschenken, um seine Pflege im Alter sicherzustellen.

Das Gericht hob den Beschluss des Landgerichts auf, der die wechselbezügliche Einsetzung der Kinder als Schlusserben bejaht hatte.

Stattdessen stellte das OLG fest, dass das Testament dem überlebenden Ehegatten die Freiheit ließ, den Nachlass auch im Wege der letztwilligen Verfügung anderweitig zu regeln, ohne an die Einsetzung der Kinder gebunden zu sein.

Diese Entscheidung beruhte auf der Interpretation des Wortlauts und des mutmaßlichen Willens der Erblasser, die dem überlebenden Ehegatten größtmögliche Freiheit bei der Verwendung des Nachlasses einräumen wollten.

Infolgedessen wurde der Antrag der Beteiligten zu 3) auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins zurückgewiesen und das Nachlassgericht angewiesen, den zuvor ausgestellten Erbschein einzuziehen.

Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der genauen Formulierung und der Auslegung des Testaments im Hinblick auf die Testierfreiheit des überlebenden Ehegatten.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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