OLG Hamm Beschluss 28.06.2018 – 11 WF 112/18
Ausschlagung durch die Eltern
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Juni 2018 behandelt die Frage, ob die Ausschlagung einer Erbschaft
durch die Eltern für ihr minderjähriges Kind genehmigungsfrei ist gemäß § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB.
Der Antragsteller, ein am 14. November 2003 geborener Minderjähriger, wollte eine Bescheinigung erwirken,
dass die von seinen Eltern erklärte Ausschlagung der Erbschaft nach seinem Großvater keiner familiengerichtlichen Genehmigung bedarf.
Der Sachverhalt gestaltet sich wie folgt:
Der Großvater des Antragstellers, der 2017 verstorben ist, hinterließ keine letztwillige Verfügung.
Er hatte zwei Kinder, darunter den Vater des Antragstellers.
Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus einem Grundstück, das ursprünglich dem Vater des Antragstellers zugedacht war.
Dieser hatte jedoch bereits 2009 ein anderes Grundstück vom Erblasser geschenkt bekommen und wollte
im Sinne des Erblasserwillens handeln, indem er das verbleibende Grundstück seiner Schwester überließ.
Um Erbschafts- und Schenkungssteuern zu vermeiden, schlug er die Erbschaft für sich und auch für seinen Sohn (den Antragsteller) aus.
Die Schwester des Vaters beantragte daraufhin einen Erbschein, um als Alleinerbin anerkannt zu werden.
Das Nachlassgericht hielt jedoch eine familiengerichtliche Genehmigung der Ausschlagung für notwendig,
obwohl der Wortlaut des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Genehmigungsfreiheit vorsieht.
Das Amtsgericht (AG) lehnte sowohl die Ausstellung eines Negativattests als auch die Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung ab.
Es argumentierte, dass die Genehmigungspflicht dem Kindeswohl diene, da die Erbschaft einen erheblichen Wert habe (190.000 €).
Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller Beschwerde ein und argumentierte, dass keine Genehmigungspflicht bestehe,
da der Wortlaut des Gesetzes eindeutig sei und keine Ausnahmefälle vorlägen, die eine andere Beurteilung rechtfertigten.
Das OLG Hamm gab der Beschwerde statt und entschied, dass die Ausschlagung der Erbschaft durch die Eltern für ihr Kind genehmigungsfrei ist.
Das Gericht stellte klar, dass gemäß § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Genehmigung nicht erforderlich ist,
wenn die Erbschaft dem minderjährigen Kind erst infolge der Ausschlagung eines sorgeberechtigten Elternteils angefallen ist.
In diesem Fall war die Erbschaft zunächst dem Vater des Antragstellers zugefallen, der sie ausschlug, woraufhin sie auf das Kind überging.
Da der Antragsteller nicht neben seinem Vater als Erbe berufen war, sondern die Erbschaft erst aufgrund
der Ausschlagung seines Vaters erhielt, waren die Voraussetzungen für die Genehmigungsfreiheit erfüllt.
Das Gericht sah keine Notwendigkeit, von diesem klaren Wortlaut des Gesetzes abzuweichen, obwohl in der obergerichtlichen
Rechtsprechung und Literatur teilweise eine teleologische Reduktion gefordert wird.
Diese soll greifen, wenn durch eine Ausschlagung ein werthaltiger Nachlass in eine bestimmte Richtung gelenkt wird, was dann eine Genehmigungspflicht nach sich ziehen würde.
Das OLG Hamm lehnte eine solche Auslegung ab und argumentierte, dass der Gesetzgeber bewusst keine Ausnahme für werthaltige Nachlässe vorgesehen hat.
Zudem betonte das Gericht, dass die Rechtssicherheit es erfordere, den klaren Wortlaut des Gesetzes anzuwenden, um Unsicherheiten im Rechtsverkehr zu vermeiden.
Zusammenfassend entschied das OLG Hamm, dass die Ausschlagung der Erbschaft durch die Eltern für den Antragsteller ohne Genehmigung des Familiengerichts wirksam ist,
da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Genehmigungsfreiheit vorliegen und es keine Anhaltspunkte
für eine verdeckte Regelungslücke oder eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes gibt.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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