OLG Hamm Urteil vom 22.02.2024 – 22 U 29/23

Oktober 19, 2024

OLG Hamm Urteil vom 22.02.2024 – 22 U 29/23

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Oberlandesgericht Hamm entschied in seinem Urteil vom 22.02.2024, dass ein Schreiben,

das ein Rechtsanwalt über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an einen anderen Rechtsanwalt sendet, als zugegangen gilt,

wenn es während der üblichen Bürozeiten des Empfängers auf dem Server abrufbereit ist.

Im konkreten Fall wurde eine Genehmigungsaufforderung nach § 177 Abs. 2 BGB als rechtzeitig zugegangen angesehen, obwohl die Empfängerin diese erst später zur Kenntnis nahm.

Sachverhalt:

Die Klägerin hatte von den Beklagten Schadensersatz wegen Rücktritts von einem Grundstückskaufvertrag verlangt.

OLG Hamm Urteil vom 22.02.2024 – 22 U 29/23

Der Kaufvertrag war schwebend unwirksam, da die Käuferin (Klägerin) den Vertrag durch einen vollmachtlosen Vertreter abgeschlossen hatte.

Die Beklagten forderten die Klägerin mit beA-Schreiben vom 05.03.2021 auf, den Vertrag innerhalb der gesetzlichen Frist zu genehmigen.

Die Klägerin genehmigte den Vertrag erst nach Ablauf der Zweiwochenfrist.

Sie argumentierte, die Frist habe erst mit ihrer tatsächlichen Kenntnisnahme des Schreibens am 09.03.2021 begonnen.

Entscheidung des OLG Hamm:

Das OLG Hamm wies die Berufung der Klägerin zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts Essen.

Begründung:

OLG Hamm Urteil vom 22.02.2024 – 22 U 29/23

  • Zugang von beA-Schreiben: Das OLG Hamm stellte fest, dass für den Zugang eines beA- Schreibens die gleichen Grundsätze gelten wie für E-Mails im unternehmerischen Geschäftsverkehr. Demnach gilt ein Schreiben als zugegangen, wenn es während der üblichen Geschäftszeiten auf dem Server des Empfängers abrufbereit ist. Die tatsächliche Kenntnisnahme ist nicht erforderlich.
  • Rechtzeitige Genehmigungsaufforderung: Das OLG Hamm war nach Durchführung einer Beweisaufnahme davon überzeugt, dass das beA-Schreiben der Beklagten vom 05.03.2021 noch während der Geschäftszeiten bei der Klägerin eingegangen ist.
  • Versäumte Frist: Da die Klägerin die Genehmigung nicht innerhalb der Zweiwochenfrist erteilte, gilt die Genehmigung als verweigert (§ 177 Abs. 2 BGB).
  • Kein Schadensersatz: Mangels eines wirksamen Kaufvertrags konnte die Klägerin keine Schadensersatzansprüche geltend machen. Auch Ansprüche wegen Abbruchs von Vertragsverhandlungen wurden verneint, da die Beklagten keine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung begangen hatten.

Konsequenzen des Urteils:

  • Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung der beA-Nutzung im Rechtsverkehr und die damit verbundenen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht von Rechtsanwälten.
  • Es stellt klar, dass beA-Schreiben auch dann als zugegangen gelten, wenn sie während der üblichen Geschäftszeiten eingehen, unabhängig von der tatsächlichen Kenntnisnahme.
  • Rechtsanwälte sollten ihre beA-Postfächer regelmäßig überprüfen, um Fristen nicht zu versäumen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten:

OLG Hamm Urteil vom 22.02.2024 – 22 U 29/23

Das OLG Hamm hat mit seinem Urteil die Grundsätze für den Zugang von beA-Schreiben präzisiert und die Bedeutung der rechtzeitigen Kenntnisnahme von Schreiben im elektronischen Rechtsverkehr hervorgehoben.

Zusätzliche Hinweise:

  • Das Urteil ist rechtskräftig.
  • Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen.
  • Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Wichtige Paragraphen:

  • § 177 BGB (Genehmigung des Vertrags)
  • § 130 BGB (Zugang von Willenserklärungen)
  • § 286 ZPO (Freie Beweiswürdigung)

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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