OLG Karlsruhe 14 W 95/23 (Wx) – Unklare Reihenfolge des Todes von Ehegatten

November 17, 2024

OLG Karlsruhe 14 W 95/23 (Wx) – Unklare Reihenfolge des Todes von Ehegatten

Amtsermittlung gemäß § 26 FamFG in einem Erbscheinverfahren nach Einholung eines rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens

An den Beweis des Überlebens im Rahmen des § 1923 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen

RA und Notar Krau

Der Erblasser und seine Ehefrau verstarben innerhalb eines kurzen Zeitraums.

Es konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, wer von beiden zuerst verstarb.

Die Ehefrau wurde erhängt in einem Schuppen aufgefunden, der Erblasser tot in seinem Bett.

Die Geschwister des Erblassers beantragten die Erteilung eines Erbscheins, der Bruder der Ehefrau trat dem entgegen.

Das Nachlassgericht entschied, dass der Erblasser zuerst verstarb und von seiner Ehefrau beerbt wurde.

OLG Karlsruhe 14 W 95/23 (Wx) – Unklare Reihenfolge des Todes von Ehegatten

Die Geschwister des Erblassers legten Beschwerde ein.

Kernaussagen des Gerichts:

  • Vermutung des gleichzeitigen Todes: Kann nicht bewiesen werden, wer von mehreren Verstorbenen zuerst gestorben ist, wird vermutet, dass sie gleichzeitig gestorben sind (§ 11 VerschG).
  • Strenge Anforderungen an den Beweis des Überlebens: An den Beweis des Überlebens im Rahmen des § 1923 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen.
  • Amtsermittlung: Im Erbscheinverfahren gilt der Grundsatz der Amtsermittlung. Kann im Wege der Amtsermittlung nicht mit der erforderlichen Sicherheit geklärt werden, dass der Erblasser zuerst verstarb, greift die Vermutung des § 11 VerschG.
  • Zweifel am Überleben der Ehefrau: Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, einschließlich eines rechtsmedizinischen Gutachtens, konnte nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Erblasser vor seiner Ehefrau verstarb.
  • Unsicherheit des Todeszeitpunkts: Der Todeszeitpunkt des Erblassers konnte aufgrund des fortgeschrittenen Verwesungszustands nicht genau bestimmt werden. Die Temperaturverhältnisse im Schlafzimmer des Erblassers ließen sich nicht mehr rekonstruieren.
  • Möglichkeit des gleichzeitigen Todes: Es ist möglich, dass der Erblasser noch lebte, als seine Ehefrau sich erhängte.
  • Erblasser nicht von Ehefrau beerbt: Da nicht bewiesen werden konnte, dass der Erblasser vor seiner Ehefrau verstarb, wird vermutet, dass beide gleichzeitig starben. Die Ehefrau konnte den Erblasser daher nicht beerben.
  • Gesetzliche Erbfolge: Der Erblasser wurde von seinen Geschwistern beerbt.

OLG Karlsruhe 14 W 95/23 (Wx) – Unklare Reihenfolge des Todes von Ehegatten

Entscheidung:

Das OLG Karlsruhe hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf und stellte fest, dass der Erblasser von seinen Geschwistern beerbt wurde.

Der Antrag des Bruders der Ehefrau wurde zurückgewiesen.

Bedeutung des Beschlusses:

Der Beschluss verdeutlicht die Bedeutung der Vermutung des gleichzeitigen Todes bei unklaren Todeszeitpunkten und die strengen Anforderungen an den Beweis des Überlebens im Erbrecht.

Er zeigt, dass im Zweifel die gesetzliche Erbfolge eintritt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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