OLG Koblenz: Anwalts-Blogs sind kein Journalismus – Kein Recht auf Gegendarstellung

Oktober 8, 2025

OLG Koblenz: Anwalts-Blogs sind kein Journalismus – Kein Recht auf Gegendarstellung

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat in einem Beschluss (Az. 4 W 108/21 vom 12.04.2021) klargestellt, dass Blogs, die von Anwälten oder Anwaltskanzleien betrieben werden, in der Regel keine „journalistisch-redaktionellen Angebote“ sind. Die Folge: Wer in so einem Blog erwähnt wird, hat kein gesetzliches Recht auf eine sogenannte Gegendarstellung.

Worum ging es bei der Entscheidung?

Der Kern des Falles war der Anspruch auf Gegendarstellung. Dieses Recht ist in § 20 des Medienstaatsvertrags (MStV) geregelt. Es erlaubt Personen, die von einer tatsächlichen Behauptung in einem journalistisch-redaktionellen Angebot betroffen sind, zu verlangen, dass der Anbieter ihre eigene, korrigierende Sicht der Dinge (die Gegendarstellung) veröffentlicht. Es dient dem Schutz der Betroffenen vor falschen oder unvollständigen Tatsachenbehauptungen in den Medien.

Im konkreten Fall hatte ein Mann eine Anwaltskanzlei verklagt. Der Blog der Kanzlei hatte auf einen externen Artikel verlinkt, in dem stand, der Mann habe auf seinem YouTube-Kanal Marken- und Urheberrechtsverletzungen begangen. Der Mann verlangte daraufhin, dass die Kanzlei auf ihrem Blog eine Gegendarstellung veröffentlicht.

Die zentrale Frage: Was ist ein „journalistisch-redaktionelles Angebot“?

Das OLG Koblenz musste klären, ob der Blog der Anwaltskanzlei überhaupt als „journalistisch-redaktionelles Angebot“ im Sinne des Gesetzes gilt, denn nur dann hätte der Kläger einen Anspruch auf Gegendarstellung.

Das Problem dabei:

Seit einer Gesetzesänderung Ende 2020 ist diese Definition im MStV nicht mehr so eindeutig. Es ist besonders schwer, Angebote abzugrenzen, die nicht von klassischen, ausgebildeten Journalistenredaktionen erstellt werden.

Das Gericht legte Kriterien fest, die erfüllt sein müssen:

Auswahl und Strukturierung der Inhalte muss bestimmten Kriterien genügen.

OLG Koblenz: Anwalts-Blogs sind kein Journalismus – Kein Recht auf Gegendarstellung

Es muss eine erkennbar publizistische Zielsetzung vorliegen.

Informationen müssen nach ihrer gesellschaftlichen Relevanz ausgewählt werden und das Ziel haben, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen.

Die Entscheidung des OLG Koblenz: Der Anwalts-Blog dient wirtschaftlichen Interessen

Das OLG Koblenz verneinte, dass der Blog der Kanzlei ein journalistisch-redaktionelles Angebot ist, und wies damit den Antrag auf Gegendarstellung ab.

Die Begründung des Gerichts war, dass der Anwalts-Blog hauptsächlich wirtschaftliche Interessen verfolge:

Fehlende publizistische Zielrichtung:

Der Blog verlinkte nur auf Beiträge mit einem Bezug zur Kanzlei. Es fehle daher die publizistische Zielsetzung, also das Ziel, die Öffentlichkeit umfassend und neutral zu informieren.

Werbung und Mandantenakquise:

Der Blog diene erkennbar der Bekanntheit der Kanzlei und der potenziellen Akquise neuer Mandanten. Die Darstellung der Anwälte und ihrer betreuten Fälle sei kein (fach-)journalistisches Angebot, sondern ein wirtschaftliches Interesse.

Das OLG sah die Blog-Beiträge stattdessen als kommerzielle Kommunikation (im Sinne des Telemediengesetzes), also als eine Form von Werbung. Kommerzielle Kommunikation kann nach Auffassung des Gerichts aber gerade kein journalistisches Angebot sein.

Fazit für Laien

Die Entscheidung bedeutet, dass Anwälte mit Blogs nicht automatisch wie klassische Medien oder Zeitungen behandelt werden, auch wenn sie juristische Themen aufbereiten. Sie müssen daher keine Gegendarstellungen veröffentlichen.

Der Blog wird vom Gericht primär als Werbemittel (zur Rührigkeit und zur Mandantenakquise) und nicht als Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung gesehen. Der Schutz der von Berichterstattung Betroffenen, der in den echten Medien (Zeitungen, TV, Online-Nachrichtenportale) gilt, wird auf rein wirtschaftlich motivierte Kanzleiblogs nicht ausgedehnt.

RA und Notar Krau

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