OLG Köln 24 U 77/20

Oktober 3, 2021

OLG Köln 24 U 77/20 Auskunftsanspruch Pflichtteilsberechtigter § 2314 BGB – testamentarische Wahl englischen Rechts – Verstoß gegen deutschen ordre public

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass ein Pflichtteilsberechtigter in Deutschland auch dann einen Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB gegen den Erben hat, wenn der Erblasser testamentarisch englisches Recht gewählt hat.

Die Versagung des Pflichtteils durch die Wahl englischen Rechts verstößt gegen den deutschen ordre public und ist daher unwirksam.

Hintergrund:

  • Der Kläger, Adoptivsohn des Erblassers, wurde enterbt und macht seinen Pflichtteil geltend.
  • Der Erblasser hatte in seinem Testament englisches Recht gewählt, welches kein Pflichtteilsrecht vorsieht.
  • Das Landgericht wies die Klage ab, da der Kläger nach englischem Recht keinen Anspruch habe.

Entscheidung des Oberlandesgerichts:

OLG Köln 24 U 77/20 – Auskunftsanspruch Pflichtteilsberechtigter § 2314 BGB – testamentarische Wahl englischen Rechts – Verstoß gegen deutschen ordre public

  • Das Oberlandesgericht gab der Berufung des Klägers teilweise statt.
  • Es bestätigte, dass der Kläger als Adoptivsohn pflichtteilsberechtigt ist.
  • Die Rechtswahl englischen Rechts sei zwar grundsätzlich wirksam, jedoch führe sie im konkreten Fall zu einem Verstoß gegen den deutschen ordre public.
  • Das englische Erbrecht sieht kein Pflichtteilsrecht vor, was mit der im deutschen Grundgesetz verankerten Erbrechtsgarantie unvereinbar ist.
  • Daher ist deutsches Recht anzuwenden und der Kläger hat einen Anspruch auf Auskunft über den Nachlass nach § 2314 BGB.
  • Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Auskunft über den Verkaufspreis einer Immobilie, da dieser nach dem Erbfall veräußert wurde und somit nicht zum Nachlass gehört.
  • Die Klage gegen die als „Executor“ eingesetzte Beklagte wurde abgewiesen, da diese nach deutschem Recht nicht auskunftspflichtig ist.

Bedeutung des Urteils:

  • Das Urteil stärkt die Rechte von Pflichtteilsberechtigten in Deutschland, auch wenn der Erblasser versucht, diese durch die Wahl ausländischen Rechts zu umgehen.
  • Es unterstreicht die Bedeutung des deutschen ordre public, der die Anwendung ausländischen Rechts einschränkt, wenn es zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar ist.
  • Das Urteil hat insbesondere Bedeutung für Fälle mit Auslandsbezug, in denen Erblasser versuchen, ihre Vermögensnachfolge nach einem Recht zu gestalten, das keine Pflichtteilsrechte vorsieht.

Revision:

  • Das Oberlandesgericht hat die Revision zugelassen, um eine höchstrichterliche Klärung der Frage zu ermöglichen, ob die Versagung des Pflichtteils durch die Wahl englischen Rechts einen Verstoß gegen den deutschen ordre public darstellt.
RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein konstenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

testament, hand, write, ballpoint pen, paper, letter, letters, pen, will, intention, decision, resolution, projects, attachment, declaration of intent, disposal, advance directive, notary, volition, testament, testament, testament, testament, testament, will, will, will, notary

Können Minderjährige wirksam ein Testament errichten?

November 9, 2025
Können Minderjährige wirksam ein Testament errichten?Minderjährige können unter bestimmten Voraussetzungen wirksam ein Testament errichten, um ü…
Trauer Grabstein

Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDR

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDRZusammenfassung: BGH, Urteil vom 07.03.2001 – IV ZR…
Portrait Lana Berloznik Kanzlei Krau Rechtsanwälte

Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als Gesamtschuldner

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als GesamtschuldnerHier ist eine Zusammenfassung des Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm (Az.: 1…