OLG München 15 W 1340/23 e

November 24, 2024

OLG München 15 W 1340/23 e

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht München hat in seinem Beschluss vom 22.12.2023 entschieden,

dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auch nach ihrer Auflösung noch verpflichtet ist, einem Gesellschafter Einsicht in die Geschäftsunterlagen zu gewähren,

solange die Liquidation nicht vollständig abgeschlossen ist.

Sachverhalt:

Die Gläubigerin war Gesellschafterin einer GbR, die sich in Liquidation befand.

Sie hatte im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens einen Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen der GbR zugesprochen bekommen.

Da die GbR die Einsicht verweigerte, beantragte die Gläubigerin die Festsetzung eines Zwangsgeldes.

Die GbR wandte ein, dass sie bereits vollbeendet sei und daher nicht mehr zur Gewährung der Einsicht verpflichtet sei.

OLG München 15 W 1340/23 e

Entscheidung des Gerichts:

Das OLG München wies die sofortige Beschwerde der GbR zurück und bestätigte die Zwangsgeldfestsetzung.

Begründung:

  • Vollbeendigung: Eine GbR ist erst dann vollbeendet, wenn die Liquidation vollständig abgeschlossen ist. Dazu gehört auch die Erledigung aller nichtvermögensrechtlichen Verbindlichkeiten, wie z.B. die Gewährung von Einsicht in die Geschäftsunterlagen.
  • Liquidationsbedarf: Solange ein Vollstreckungsanspruch, wie hier der Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen, noch nicht vollständig erfüllt ist, besteht weiterhin Liquidationsbedarf. Daher kann die Vollbeendigung der Gesellschaft noch nicht eintreten.
  • Parteifähigkeit: Die GbR ist auch nach ihrer Auflösung noch parteifähig, solange die Liquidation nicht abgeschlossen ist.
  • Passivlegitimation: Die GbR ist auch nach ihrer Auflösung noch passivlegitimiert, solange der Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen noch nicht erfüllt ist.
  • Umfang des Einsichtsrechts: Das Einsichtsrecht des Gesellschafters erstreckt sich auf alle Bücher und Papiere der Gesellschaft, die über deren Angelegenheiten Aufschluss geben. Dazu gehören auch elektronisch gespeicherte Informationen.
  • Erfüllung des Einsichtsrechts: Die GbR hatte den Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen nicht vollständig erfüllt. Sie hatte der Gläubigerin u.a. die Einsicht in Gesellschafterlisten, Debitorenbuchhaltung und elektronisch geführte Buchhaltung verweigert.
  • Kein Datenschutzhindernis: Ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse aus Datenschutzgründen bestand nicht.
  • Angemessenheit des Zwangsgeldes: Das festgesetzte Zwangsgeld war angemessen.

OLG München 15 W 1340/23 e

Fazit:

Der Beschluss des OLG München stärkt die Rechte der Gesellschafter einer GbR in Liquidation.

Er stellt klar, dass die Gesellschafter auch nach Auflösung der Gesellschaft noch Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen haben, solange die Liquidation nicht vollständig abgeschlossen ist.

Wichtig:

  • Gesellschafter einer GbR sollten sicherstellen, dass alle notwendigen Unterlagen für die Liquidation vorhanden sind.
  • Liquidatoren sollten die Ansprüche der Gesellschafter auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen ernst nehmen und erfüllen.
  • Im Zweifel sollte anwaltliche Beratung in Anspruch genommen werden.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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