OLG München 18 U 343/24 – Emoji bei WhatsApp als Willenserklärung

November 30, 2024

OLG München 18 U 343/24 – Emoji bei WhatsApp als Willenserklärung

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Der Kläger und der Beklagte stritten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Ferrari SF90 Stradale.

Der Kläger hatte im November 2020 einen Neuwagen beim Beklagten bestellt und eine Anzahlung von 59.500 € geleistet.

Der im Vertrag genannte Liefertermin war unverbindlich und für das 2./3. Quartal 2021 vorgesehen.

Es kam zu Lieferverzögerungen, die der Beklagte unter anderem mit der Chipkrise begründete.

Der Kläger setzte dem Beklagten schließlich eine Nachfrist zur Lieferung, die erfolglos verstrich.

OLG München 18 U 343/24 – Emoji bei WhatsApp als Willenserklärung

Daraufhin trat der Kläger vom Kaufvertrag zurück und forderte die Rückzahlung der Anzahlung.

Der Beklagte verkaufte den Ferrari an einen anderen Kunden zu einem niedrigeren Preis und verlangte vom Kläger Schadensersatz in Höhe der Differenz.

Entscheidung des Landgerichts:

Das Landgericht München II wies die Klage ab und gab der Widerklage statt.

Entscheidung des Oberlandesgerichts:

Das Oberlandesgericht München änderte das Urteil des Landgerichts ab.

Die Klage wurde weitestgehend stattgegeben, die Widerklage abgewiesen.

Begründung:

OLG München 18 U 343/24 – Emoji bei WhatsApp als Willenserklärung

  • Wirksamer Rücktritt des Klägers: Das OLG stellte fest, dass der Kläger wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten war. Der Beklagte befand sich mit der Lieferung des Fahrzeugs in Verzug. Die vom Kläger gesetzte Nachfrist war angemessen.
  • Unverbindlicher Liefertermin: Der im Vertrag genannte Liefertermin war unverbindlich. Das bedeutete, dass der Beklagte nicht automatisch mit Überschreiten des Termins in Verzug geriet. Der Kläger musste ihm zunächst eine Nachfrist setzen.
  • Keine Lieferfristverlängerung: Aus dem Chatverlauf der Parteien ergab sich keine einvernehmliche Verlängerung der Lieferfrist. Die Verwendung von Emojis in den WhatsApp-Nachrichten des Klägers konnte nicht als Zustimmung zu einer Fristverlängerung ausgelegt werden.
  • Keine höhere Gewalt: Die Chipkrise konnte nicht als höhere Gewalt im Sinne der AGB des Ferrari-Händlers angesehen werden. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte dies den Kläger nicht daran gehindert, vom Vertrag zurückzutreten.
  • Angemessene Nachfrist: Die vom Kläger gesetzte Nachfrist war angemessen. Sie musste zwar kurz bemessen sein, da dem Liefertermin bereits eine lange “unechte Nachfrist” vorausgegangen war. Angesichts der Umstände des Falls, insbesondere des hohen Kaufpreises und der unklaren Lieferperspektive, war die Fristsetzung aber nicht zu beanstanden.
  • Kein Schadensersatzanspruch des Beklagten: Da der Kläger wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten war, hatte der Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz.

OLG München 18 U 343/24 – Emoji bei WhatsApp als Willenserklärung

Fazit:

Das OLG München stärkte mit diesem Urteil die Rechte von Käufern im Falle von Lieferverzögerungen.

Es stellte klar, dass auch bei unverbindlichen Lieferterminen eine angemessene Nachfrist gesetzt werden muss, bevor der Käufer vom Vertrag zurücktreten kann.

Die Verwendung von Emojis in WhatsApp-Nachrichten kann nicht ohne Weiteres als Zustimmung zu einer Fristverlängerung ausgelegt werden.

Zusätzliche Anmerkungen:

Das Urteil befasst sich auch mit der Frage, ob WhatsApp-Nachrichten bei einer vertraglich vereinbarten Schriftformklausel die Anforderungen an die Schriftform erfüllen.

Das OLG München bejaht diese Frage, sofern es sich um Textnachrichten oder Anhänge in Form von Textverarbeitungs- oder PDF-Dateien handelt.

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Sprachnachrichten oder Video- und Audioanhänge genügen den Anforderungen an die Schriftform hingegen nicht.

Das Urteil ist ein wichtiger Beitrag zur Rechtsprechung im Bereich des Online-Handels und der digitalen Kommunikation.

Es zeigt, dass auch im digitalen Zeitalter die allgemeinen Regeln des Vertragsrechts gelten.

Die Verwendung von Emojis in der Kommunikation kann zwar relevant sein, muss aber immer im Kontext der jeweiligen Nachricht interpretiert werden.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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