OLG München 23 U 6510/19

Januar 23, 2022

OLG München 23 U 6510/19

Auslegung Anfechtungsfrist im Gesellschaftsvertrag OHG

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Oberlandesgericht München (OLG München) hat in seinem Beschluss vom 2. Februar 2021 entschieden, dass eine im Gesellschaftsvertrag einer offenen Handelsgesellschaft (OHG)

vereinbarte Anfechtungsfrist für fehlerhafte Beschlüsse dahingehend ausgelegt werden kann, dass eine Beschlussmängelklage

grundsätzlich gegen die Gesellschaft zu richten ist, unabhängig von den konkreten Anfechtungsgründen.

Sachverhalt:

In einer OHG wurden Beschlüsse gefasst, die der Kläger als Gesellschafter für fehlerhaft hielt.

Er erhob daraufhin Klage gegen die beiden anderen Gesellschafter, nicht jedoch gegen die Gesellschaft selbst.

OLG München 23 U 6510/19

Der Gesellschaftsvertrag sah eine Frist von einem Monat für die Anfechtung von Beschlüssen vor,

danach konnte nur noch innerhalb von zwei Monaten Klage gegen die Gesellschaft erhoben werden.

Das Landgericht wies die Klage ab.

Der Kläger legte Berufung ein, wobei er die Berufung gegen die Gesellschaft ausdrücklich nur hilfsweise

für den Fall der Erfolglosigkeit der Berufung gegen die anderen Gesellschafter einlegte.

Entscheidungsgründe:

  • Zulässigkeit der Klage: Das OLG München stellte zunächst fest, dass die Klage gegen die beiden anderen Gesellschafter unbegründet war, da der Gesellschaftsvertrag eine Beschlussmängelklage gegen die Gesellschaft vorsah. Diese Regelung galt auch für Beschlüsse, die gegen zwingendes Recht verstießen, wie im vorliegenden Fall die Verletzung des Teilnahmerechts des Klägers an der Gesellschafterversammlung.

OLG München 23 U 6510/19

  • Unzulässigkeit der hilfsweisen Berufung: Die Berufung gegen die Gesellschaft wurde als unzulässig verworfen, da sie ausdrücklich nur hilfsweise eingelegt worden war. Eine solche innerprozessuale Bedingung ist unzulässig, da sie zu einer unzumutbaren Unsicherheit im Verfahren führt.

Bewertung und Auswirkungen:

  • Klage gegen die Gesellschaft: Das Urteil verdeutlicht, dass bei einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Anfechtungsfrist eine Beschlussmängelklage grundsätzlich gegen die Gesellschaft zu richten ist, auch wenn der Gesellschaftsvertrag dies nicht ausdrücklich für alle Anfechtungsgründe vorsieht.
  • Hilfsweise Berufung: Eine Berufung, die ausdrücklich nur hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit der Berufung gegen andere Streitgenossen eingelegt wird, ist unzulässig.
  • Praxisrelevanz: Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung und Formulierung von Anfechtungsklauseln in Gesellschaftsverträgen. Gesellschafter sollten sich bewusst sein, dass eine solche Klausel dazu führen kann, dass eine Beschlussmängelklage ausschließlich gegen die Gesellschaft zu richten ist, unabhängig von den konkreten Anfechtungsgründen.

OLG München 23 U 6510/19

Fazit:

Das OLG München hat in dieser Entscheidung die Auslegung einer Anfechtungsfrist in einem Gesellschaftsvertrag einer OHG präzisiert.

Es hat klargestellt, dass eine solche Klausel dahingehend ausgelegt werden kann, dass eine Beschlussmängelklage grundsätzlich gegen die Gesellschaft zu richten ist.

Zudem hat es die Unzulässigkeit einer ausdrücklich hilfsweise eingelegten Berufung bekräftigt.

Das Urteil hat somit Bedeutung für die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen und die Prozessführung in Beschlussmängelverfahren bei OHGs.

RA und Notar Krau

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