OLG München 34 Wx 106/21

September 25, 2022

OLG München 34 Wx 106/21, Beschluss vom 31.05.2021 – Grundbuchbeschwerde – Forstrechte – Brennholzbenutzungsrecht

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 8. Februar 2021 aufgehoben.

Gründe OLG München 34 Wx 106/21

I.

Der Beteiligte ist im Grundbuch als Eigentümer von Grundbesitz eingetragen.

Im Bestandsverzeichnis sind unter Bezugnahme auf die Eintragung des Grundstücks unter lfd. Nr. X ein Almweiderecht, ein Kaserhaltungsrecht, ein Brennholzbenutzungsrecht und Forstrechte eingetragen. Das unter lfd. Nr. X eingetragene Grundstück ist nach Zerlegung neu vorgetragen worden unter BVNr. X und besteht nun aus zwei Flurstücken, nämlich X und Y.

Im Bestandsverzeichnis ist Flurstück X mit der Größe von 40.077 m² beschrieben als Gebäude- und Freifläche, Verkehrsfläche, Landwirtschaftsfläche, Flurstück Y mit einer Größe von 540 m² als Gebäude- und Freifläche.

Aus der vom Grundbuchamt erholten Flurkarte vom 26.11.20XX ist allerdings ersichtlich, dass Flurstück Y nicht bebaut ist.

Am 25.8.20XX beantragte der Beteiligte unter Vorlage einer notariellen Bestellungsurkunde für ein Vorkaufsrecht, die unter lfd. Nr. 20 im Bestandsverzeichnis eingetragenen Flurstücke jeweils unter einer eigenen laufenden Nummer zu buchen.

Mit Schreiben vom 3.9.20XX teilte das Grundbuchamt u.a. mit, dass auch die drittberechtigte Bank ihre Zustimmung erteilen müsse.

Diese Zustimmung legte der Beteiligte am 2.11.20XX vor, und teilte darin mit, dass das Grundstück Fl.Nr. X das berechtigte Grundstück der Herrschvermerke sein solle.

Mit weiterem Schreiben vom 29.1.20XX nahm der Beteiligte allerdings die Anträge vom 2.11.20XX zurück.

Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 8.2.20XX hat das Grundbuchamt den Beteiligten aufgefordert, eine Erklärung des Grundstückseigentümers vorzulegen, wer nach der Teilung des herrschenden Grundstücks Berechtigter der vier im Grundbuch eingetragenen Forstrechte sei.

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Das Grundbuch würde nämlich unrichtig, wenn Forstrechte zugunsten beider Teilgrundstücke eingetragen blieben.

Zudem sei die Zustimmung der drittberechtigten Bank vorzulegen, da die Forstrechte als Aktivvermerk im Grundbuch eingetragen seien.

Gegen diese Zwischenverfügung wendet sich der Beteiligte mit der Beschwerde.

Zutreffend sei, dass eine Erweiterung bestehender Forstrechte für andere herrschende Grundstücke oder gar eine Vermehrung wegen des Verbots der Neubestellung und Erweiterung in Art. 2 FoRG nicht möglich sei.

Für das Begehren gebe es allerdings keine Rechtsgrundlage.

Das Grundbuchamt könne von Amts wegen die Berechtigungslagen aus den Grundakten einschließlich dort einliegender Fortführungsnachweise und deren zugehörigen Lageplänen selbst ermitteln, um eine Grundbuchunrichtigkeit zu vermeiden.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

1. Die gegen die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO eingelegte Beschwerde ist nach § 11 Abs. 3 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO statthaft.

Sie ist vom Notar in zulässiger Weise (vgl. § 15 Abs. 2, § 73 GBO) namens des Urkundsbeteiligten eingelegt worden.

2. Die Beschwerde hat – zumindest vorübergehend – Erfolg, da zwar das vom Grundbuchamt genannte Hindernis, dass das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig würde, derzeit besteht.

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Das Grundbuchamt könnte dieses durch Löschung des Forstrechts im Hinblick auf Fl.Nr. Y auf Antrag des Beteiligten beheben. Da ein solcher jedoch zurückgenommen wurde, ist die Zwischenverfügung aufzuheben.

a) Sind zugunsten eines zu teilenden Grundstücks Forstrechte eingetragen, so kann nach Art. 2 FoRG das Recht nur auf einem der durch die Teilung entstehenden Grundstücke eingetragen sein.

Nach Art. 2 FoRG können Forstrechte nämlich regelmäßig nicht neu bestellt oder erweitert werden.

Der Neubegründung steht dabei die Teilung eines Forstrechts gleich (Beichele/Foag Bayerisches Forstrechtsgesetz S. 38). Zu einer solchen Teilung eines Forstrechts kommt es auch im Fall der Teilung eines berechtigten Anwesens (Beichele/Foag S. 39).

Da allerdings grundsätzlich die Haus- und Hofstatt des Anwesens der eigentliche Träger des Forstrechts ist, bleibt bei der Teilung eines berechtigten Anwesens regelmäßig das Recht mit dem Grundstück verbunden, auf dem die Haus- und Hofstatt steht.

Das abgetrennte Flurstück geht hingegen leer aus (Beichele/Foag S. 39).

Wird nur die Teilung des Grundstücks beantragt, würde das Grundbuch durch deren Eintragung allein unrichtig. Denn im Grundbuch würde sich der Herrschvermerk auf beide durch Teilung entstandenen Grundstücke beziehen (Meikel/Böttcher GBO 11. Aufl. § 9 Rn. 31).

Das Grundbuchamt muss nämlich bei Veränderungen von subjektivdinglichen Rechten gemäß § 7 Abs. 6 GBV in den Spalten 5 bzw. 7 auf die Nummer des von der Eintragung betroffenen Rechts verweisen.

Das Grundbuch würde nach der Teilung mithin verlautbaren, dass das Forstrecht nun zugunsten beider Grundstücke besteht. Tatsächlich ist materiellrechtlich nach Art. 2 FoRG nur das Anwesen mit Haus- und Hofstatt berechtigt.

b) Nach dem Legalitätsprinzip darf das Grundbuchamt Eintragungen nicht vornehmen, wenn es damit sehenden Auges das Grundbuch unrichtig machen würde (Demharter GBO 32. Aufl. Einl. Rn. 1).

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Daher ist das Grundbuchamt – entgegen der Ansicht des Beteiligten – gehindert, die Eintragung ohne gleichzeitige Löschung des Forstrechts auf dem nach Teilung nicht mehr herrschenden Grundstück vorzunehmen.

Eine Berichtigung nach § 9 Abs. 2 GBO von Amts wegen – wie vom Beteiligten vorgeschlagen – setzt voraus, dass ein subjektivdingliches Recht eingetragen ist, das eine Änderung oder Aufhebung erfahren hat. Zwar zählen Forstrechte zu subjektivdinglichen Rechten (Meikel/Böttcher § 9 Rn. 12).

Von einer Änderung wäre aber nur auszugehen, wenn sich der Inhalt des subjektivdinglichen Rechts geändert hätte (Bayer/Lieder in Bauer/Schaub GBO 4.Aufl. § 9 Rn. 21a). Davon kann auch auszugehen sein, wenn das Recht an einem Teil des belasteten Grundstücks aufgehoben und dies eingetragen wird (Demharter § 9 Rn. 12).

Eine (teilweise) Aufhebung der Forstrechte ist vorliegend nicht erfolgt.

Auch von einer Änderung im Sinne des § 9 Abs. 2 GBO kann nicht ausgegangen werden; wenn nämlich eine Grunddienstbarkeit nach § 1025 Satz 2 BGB im Hinblick auf den abgetrennten Teil des herrschenden Grundstücks erlischt, liegt keine Inhaltsänderung vor.

In den Fällen der Teilung des herrschenden Grundstücks wird nach allgemeiner Meinung die Berichtigung nach §§ 22, 29 GBO für nötig gehalten (vgl. Hügel/Wilsch GBO 4. Aufl. § 9 Rn. 61).

Ergibt sich aus den Grundakten nicht schon die mit der Teilung eintretende Unrichtigkeit des Grundbuchs nach § 29 GBO, hat das Grundbuchamt die beantragte Eintragung vorzunehmen.

In der Folge wird das Grundbuchamt ein Recht, das lediglich auf einem der abgeteilten Grundstücke lastet, im Hinblick auf die anderen belasteten Grundstücke nur zu löschen haben, wenn ein entsprechender Antrag nach §§ 13, 22, 29 GBO gestellt wird.

Stellt das Grundbuchamt allerdings beim Vollzug der Teilung aus den Eintragungsunterlagen und dem Inhalt der Grundakten fest, dass eine Dienstbarkeit mit der Teilung auf einem abzuschreibenden Grundstück erlischt, da dieser außerhalb des Bereichs der Rechtsausübung liegt, kann das Grundbuchamt die Übernahme des Herrschvermerks bei dem neuen Grundstück unterlassen (Bayer/Lieder in Bauer/Schaub § 9 Rn. 9b).

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Dieses Unterlassen stellt sich allerdings rechtlich als Löschung dar, selbst wenn mit der Teilung nicht auch eine Abschreibung des Grundstücks erfolgt (vgl. § 46 Abs. 2 GBO); denn es kommt zu einer Reduzierung des als berechtigt vermerkten Grundes.

Mangels Anwendbarkeit des § 9 Abs. 2 GBO ist eine solche Löschung nicht von Amts wegen, sondern nur als Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO zulässig, so dass grundsätzlich die Voraussetzungen nach §§ 13, 22, 29 GBO schon bei Eintragung der Teilung vorliegen müssen.

Daher kommt ein Unterlassen der Übernahme des Herrschvermerks nur in Betracht, wenn ein entsprechender Antrag auf Berichtigung dem Teilungsantrag durch Auslegung entnommen werden kann und die Unrichtigkeit aktenkundig ist, § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO.

Ist hingegen ein entsprechender Antrag auf Berichtigung nicht gestellt, ist das Grundbuchamt wegen des Legalitätsprinzips an der beantragten Eintragung unter gleichzeitiger Löschung des Rechts nach § 22 GBO im Hinblick auf den nicht (mehr) herrschenden Grundstücksteil gehindert.

c) Da die Forstrechte im Bestandsverzeichnis eingetragen sind und auf die konkreten Flurstücke Bezug nehmen, wäre folglich bei Teilung des Grundstücks das Forstrecht im Hinblick auf das nun nicht mehr berechtigte Grundstück auf Antrag zu löschen, wenn die Unrichtigkeit mit der Eintragung der Teilung für das Grundbuchamt auch ohne weiteren Nachweis nach § 29 GBO schon feststeht.

Dass sich das Forstrecht nur an Flurstück X fortsetzt, weil sich darauf die Haus- und Hofstatt befindet, ist vorliegend für das Grundbuchamt aus den amtlich erholten und in den Grundakten befindlichen Flurkarten des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung zu ersehen.

Mithin bedurfte es zur Löschung des Rechts – abgesehen von der Zustimmung von Drittberechtigten – nur noch des Antrags des Beteiligten als Eigentümer und damit zumindest formell Berechtigter.

d) Eine Zwischenverfügung soll es dem Antragsteller ermöglichen, Eintragungshindernisse vor einer endgültigen Zurückweisung des Antrags zu beheben (OLG Düsseldorf NJOZ 2012, 1394/1395; Demharter § 18 Rn. 29).

Es kann dahinstehen, ob der ursprüngliche Antrag konkludent auch den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs enthielt.

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Hier hat der Notar mit Schreiben vom 29.1.20XX erklärt, einen entsprechenden Antrag nicht (mehr) zu stellen.

Damit hat er ernsthaft und endgültig zu erkennen gegeben, dass der Beteiligte nicht gewillt ist, die Grundlage der Eintragung durch das Grundbuchamt zu schaffen und in einem der Rechtsauffassung des Grundbuchamts entsprechenden Sinne anzupassen.

In einem solchen Fall ist aber für eine Zwischenverfügung kein Raum, sondern über den Eintragungsantrag zu entscheiden (OLG Düsseldorf NJOZ 2012, 1394/1395).

2. Soweit das Grundbuchamt die Vorlage einer Zustimmung der drittberechtigten Bank fordert, liegt eine solche schon vor.

Durch die Rücknahme des Antrags der Eintragung eines Herrschvermerks auf dem Flurstück X seitens des Notars im Schreiben vom 29.1.20XX wurde nicht auch die vorgelegte Zustimmung widerrufen.

Zwar führt der Notar aus, dass ihm nicht erkennbar sei, weshalb eine Zustimmung hätte erteilt werden müssen.

Diese Erklärung enthält jedoch nicht auch den Widerruf der Zustimmung, zumal nicht ersichtlich ist, dass der Notar seitens der Bank dazu ermächtigt gewesen wäre.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich, da die Beschwerde zumindest vorübergehend Erfolg hat.

Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 31.05.2021.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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