OLG Nürnberg 14 U 352/23 Rückforderung Verluste Online-Glücksspiele

Dezember 7, 2024

OLG Nürnberg 14 U 352/23 Rückforderung Verluste Online-Glücksspiele

Beschluss vom 03.11.2023

RA und Notar Krau

Hintergrund

Der Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg vom 03.11.2023 befasst sich mit der Rückforderung von Verlusten aus Online-Glücksspielen,

die bei einem in Deutschland nicht lizenzierten Anbieter getätigt wurden.

Der Kläger hatte über mehrere Jahre hinweg an Online-Glücksspielen der beklagten maltesischen Gesellschaft teilgenommen und dabei erhebliche Verluste erlitten.

Nach der Liberalisierung des deutschen Glücksspielmarktes im Jahr 2021 forderte der Kläger die Rückzahlung seiner Verluste,

da die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum nicht über die erforderliche deutsche Lizenz für die Veranstaltung von Online-Glücksspielen verfügte.

OLG Nürnberg 14 U 352/23 Rückforderung Verluste Online-Glücksspiele

Kernaussagen des Beschlusses

Das OLG Nürnberg wies die Berufung der Beklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Ansbach zurück, das dem Kläger die Rückzahlung seiner Verluste zugesprochen hatte.

Der Beschluss stützt sich im Wesentlichen auf folgende Argumente:

  • Keine Verjährung des Anspruchs: Das Gericht stellte fest, dass der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung seiner Verluste nicht verjährt war. Die Verjährungsfrist beginnt erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Im vorliegenden Fall war dem Kläger die Rechtswidrigkeit des Angebots der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum nicht bekannt, und es wurde ihm auch nicht als grob fahrlässig angelastet, diese nicht erkannt zu haben. Das Gericht betonte die unsichere Rechtslage in der Vergangenheit, in der selbst in der öffentlichen Diskussion die Rechtmäßigkeit von Online-Glücksspielangeboten ohne deutsche Lizenz nicht eindeutig geklärt war.
  • Kein Verstoß gegen Unionsrecht: Das OLG Nürnberg sah in dem Verbot von Online-Glücksspielen ohne deutsche Lizenz keinen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit im EU- Binnenmarkt. Es folgte der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach die Kohärenzprüfung beschränkender Maßnahmen im Glücksspielsektor Sache der nationalen Gerichte ist.
  • Keine Aussetzung des Verfahrens: Das Gericht lehnte den Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einem ähnlichen Fall ab. Es sah keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten wäre.

OLG Nürnberg 14 U 352/23 Rückforderung Verluste Online-Glücksspiele

Bedeutung des Beschlusses

Der Beschluss des OLG Nürnberg bestätigt die Rechtsprechung anderer Gerichte zur Rückforderung von Verlusten aus Online-Glücksspielen bei nicht lizenzierten Anbietern.

Er stärkt die Rechte von Spielern, die in der Vergangenheit auf illegalen Plattformen gespielt haben und unterstreicht die Bedeutung

des deutschen Glücksspielstaatsvertrags zum Schutz der Spieler und zur Bekämpfung von Spielsucht.

Der Beschluss verdeutlicht auch die Anforderungen an die Kenntnis des Spielers von der Rechtswidrigkeit des Angebots im Zusammenhang mit der Verjährung.

Die bloße Teilnahme an Online-Glücksspielen reicht nicht aus, um den Verjährungsbeginn auszulösen.

Es müssen weitere Umstände hinzukommen, die dem Spieler die Illegalität des Angebots bewusst machen oder ihm die Kenntnisnahme hiervon als grob fahrlässig anlasten.

Detaillierte Analyse

OLG Nürnberg 14 U 352/23 Rückforderung Verluste Online-Glücksspiele

Der Beschluss des OLG Nürnberg befasst sich mit mehreren zentralen Aspekten im Zusammenhang mit der Rückforderung von Verlusten aus Online-Glücksspielen:

  • Verjährung: Das Gericht legt dar, dass die Kenntnis des Klägers von den den Anspruch begründenden Umständen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraussetzt, dass ihm die Erhebung einer Klage erfolgversprechend erscheint. Hierzu gehört auch die Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Angebots. Das Gericht betont, dass das Risiko der fehlerhaften rechtlichen Bewertung eines Sachverhalts grundsätzlich beim Anspruchsinhaber liegt. Nur in Ausnahmefällen, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben.
  • Unsichere Rechtslage: Das OLG Nürnberg stellt fest, dass im streitgegenständlichen Zeitraum eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage hinsichtlich der Rechtmäßigkeit von Online-Glücksspielangeboten ohne deutsche Lizenz bestand. Dies begründet das Gericht unter anderem mit der offensiven Werbung der Beklagten für ihr Angebot, der bis heute vertretenen Auffassung der Beklagten, ihr Angebot sei erlaubt gewesen, und der Berichterstattung in den Medien, die die Rechtslage nicht eindeutig darstellte.
  • Kohärenzprüfung: Das Gericht folgt der Rechtsprechung des BGH, wonach die unionsrechtliche Kohärenzprüfung beschränkender Maßnahmen im Glücksspielsektor im Einzelfall Sache der nationalen Gerichte ist. Es sieht keine Notwendigkeit, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorzulegen.
  • Kein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit: Das OLG Nürnberg stellt fest, dass das Verbot von Online-Glücksspielen ohne deutsche Lizenz im streitgegenständlichen Zeitraum kein unionsrechtswidriges Verhalten der Behörden darstellt. Es betont, dass das Totalverbot von Online-Glücksspielen ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Instrument zur Erreichung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags war.

Fazit

Der Beschluss des OLG Nürnberg ist ein wichtiger Beitrag zur Rechtsprechung im Bereich des Online-Glücksspiels.

Er stärkt die Rechte der Spieler und unterstreicht die Bedeutung des Glücksspielstaatsvertrags.

Der Beschluss dürfte auch in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Beurteilung von Rückforderungsansprüchen im Zusammenhang mit Online-Glücksspielen spielen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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