OLG Oldenburg zu verstorbenem Hengstfohlen – Gesellschafter müssen Behandlungskosten teilen
Zwei Parteien gründeten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), um ein junges Hengstfohlen gemeinsam zu fördern. Die Hoffnungen waren groß: Das Pferd sollte später als Deckhengst und im Dressursport für Erfolge sorgen.
Die getroffenen Vereinbarungen waren:
Die eine Gesellschafterin (die spätere Beklagte) brachte das Fohlen als Eigentümerin in die GbR ein.
Das andere Mitglied (das klagende Gestüt) übernahm die laufenden Unterhaltskosten für das Tier und stellte der Eigentümerin einen Radlader mit Zubehör zur Verfügung.
Nachdem das Fohlen einige Monate auf dem Gestüt verbracht hatte, erkrankte es schwer. Beim Tier wurde eine hochgradige Ataxie (eine schwere Bewegungsstörung) festgestellt. Ein Tierarzt riet zur Einschläferung, da die Lage aussichtslos schien.
Die Eigentümerin holte das Tier daraufhin vom Gestüt ab und ließ es noch von mehreren Tierärzten behandeln. Trotz einer Operation in Belgien verstarb das Fohlen kurz darauf.
Mit dem Tod des Pferdes wurde die GbR beendet und ein Streit um die Abwicklung der gegenseitigen Ansprüche entfachte:
Das Gestüt forderte: Die Herausgabe des Radladers, den es der Eigentümerin zur Verfügung gestellt hatte.
Die Eigentümerin weigerte sich: Sie forderte im Gegenzug die Erstattung ihrer Tierarztkosten in Höhe von fast 7.000 Euro und zusätzlich Schadensersatz in beträchtlicher Höhe. Sie begründete dies damit, dass ihrer Meinung nach die Haltungsbedingungen auf dem Gestüt für die Krankheit und den Tod des Fohlens verantwortlich gewesen seien.
Das Landgericht gab zunächst dem Gestüt recht: Der Radlader sei nach dem Tod des Tieres zurückzugeben. Die Tierarztkosten musste das Gestüt nicht tragen, da die Eigentümerin das Pferd eigenmächtig von dort entfernt hatte. Auch ein Schadensersatzanspruch wurde abgewiesen, da ein Fehlverhalten des Gestüts nicht bewiesen werden konnte.
Das OLG Oldenburg sah den Fall in mehreren Punkten anders und korrigierte das Urteil.
Das Gericht zog einen Sachverständigen hinzu. Dieser stellte fest, dass das Fohlen an einer angeborenen Fehlbildung der Halswirbelsäule (CVM) litt. Diese Fehlbildung konnte die Ataxie unabhängig von den Haltungsbedingungen ausgelöst haben. Damit war eine Verantwortung des Gestüts für den Tod des Tieres ausgeschlossen, und der Eigentümerin stand kein Schadensersatz zu.
Das OLG bestätigte, dass durch den Tod des Fohlens die GbR beendet war. Es stellte jedoch klar: Einzelne Ansprüche (wie die isolierte Forderung nach dem Radlader) können nach Beendigung einer GbR nicht einfach eingeklagt werden. Stattdessen müssen alle Forderungen und Schulden (wie der Wert des Radladers, die Unterhaltskosten und die Tierarztkosten) in einer sogenannten Auseinandersetzungsbilanz verrechnet werden. Nur der daraus resultierende abschließende Saldo kann am Ende verlangt werden. Die Herausgabepflicht für den Radlader ist zwar grundsätzlich gegeben, muss aber in dieser Bilanz berücksichtigt werden.
Das OLG entschied, dass die GbR auch nach der Mitnahme des Pferdes durch die Eigentümerin formal weiterbestand. Da die Behandlungen vorgenommen wurden, um das GbR-Vermögen (das Fohlen) zu erhalten, mussten die Gesellschafter die dafür entstandenen Kosten gemeinsam tragen.
Das Gestüt muss sich an den Behandlungskosten des Fohlens hälftig beteiligen. Es muss der Eigentümerin 3.500 Euro der angefallenen Tierarztkosten erstatten.
Das Urteil macht damit deutlich, dass Gesellschafter einer GbR die Kosten zur Erhaltung des Gesellschaftsvermögens (hier: des Tieres) grundsätzlich auch dann teilen müssen, wenn nur ein Partner die Kosten verauslagt hat und das gemeinsame Projekt kurz darauf scheitert (Urteil vom 15.01.2025, Az. 5 U 55/22).
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