OLG Schleswig 2 W 136/99

Juli 14, 2020

OLG Schleswig 2 W 136/99, Gesellschaft von Amts wegen gelöscht, nur dem Richter obliegt die Ernennung von Nachtragsliquidatoren

Kernaussage:

Das Oberlandesgericht Schleswig (OLG) hob einen Beschluss des Landgerichts Kiel auf, der die sofortige Beschwerde eines ehemaligen Gesellschafters gegen die Bestellung eines Nachtragsliquidators als unzulässig verworfen hatte.

Das OLG stellte klar, dass die Erstbeschwerde rechtzeitig per Telefax eingelegt worden war und somit zulässig war.

Zudem hob das OLG den Beschluss des Amtsgerichts auf, mit dem ein Nachtragsliquidator bestellt worden war, da dieser Beschluss von der Rechtspflegerin und nicht vom Richter erlassen wurde und somit unwirksam war.

Sachverhalt

OLG Schleswig 2 W 136/99

  • Die betroffene GmbH wurde 1995 von Amts wegen gelöscht.
  • Es stellte sich heraus, dass sie noch einen Gesellschaftsanteil an einer anderen GmbH hielt.
  • Das Amtsgericht bestellte 1998 den Beteiligten zu 1. zum Nachtragsliquidator, um diesen Anteil zu veräußern.
  • Die andere GmbH legte Beschwerde ein und beantragte die Bestellung von Frau A. als Nachtragsliquidatorin.
  • Das Amtsgericht hob den ersten Beschluss auf und bestellte Frau A. zur Nachtragsliquidatorin.
  • Der Beteiligte zu 1. legte sofortige Beschwerde ein, die das Landgericht als unzulässig verwarf, da der Schriftsatz verspätet eingegangen war.
  • Gegen diese Entscheidung legte der Beteiligte zu 1. sofortige weitere Beschwerde ein.

Entscheidungsgründe

OLG Schleswig 2 W 136/99

  • Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde:

    • Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, da die Erstbeschwerde erfolglos blieb und der Beteiligte zu 1. als abberufener Nachtragsliquidator unmittelbar betroffen ist.
    • Die Erstbeschwerde war rechtzeitig per Telefax eingelegt worden und daher zulässig. Das Landgericht hatte dies übersehen.
  • Unwirksamkeit des Amtsgerichtsbeschlusses:

    • Der Beschluss des Amtsgerichts vom 1.03.1999 ist unwirksam, da er von der Rechtspflegerin und nicht vom Richter erlassen wurde.
    • Nur der Richter ist zur Ernennung von Nachtragsliquidatoren befugt.
    • Zudem war die Rechtspflegerin nicht befugt, ihren ersten Beschluss vom 20.10.1998 zu ändern.
    • Der anderen GmbH fehlte die Beschwerdebefugnis gegen die Ernennung des ersten Nachtragsliquidators.

OLG Schleswig 2 W 136/99

  • Keine Notwendigkeit eines Nachtragsliquidators:

    • Die Beteiligte zu 2. (GmbH) hatte ihren Gesellschaftsanteil an der betroffenen GmbH bereits veräußert.
    • Diese Veräußerung wäre ein das Verfahren erledigendes Ereignis, jedoch ist sie unwirksam, da die Bestellung der Liquidatorin A. unwirksam war.
    • Auch der erste Bestellungsbeschluss war unwirksam, da er von der Rechtspflegerin erlassen wurde und kein Antrag eines Beteiligten vorlag.
    • Es ist nicht ersichtlich, dass weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind, die die Bestellung eines Nachtragsliquidators rechtfertigen würden.
    • Der Anspruch der Beteiligten auf Einsicht in Unterlagen ist nicht erloschen, sondern besteht gegen den Verwahrer der Unterlagen fort.
    • Die Durchsetzung dieses Anspruchs erfordert möglicherweise einen neuen Titel, rechtfertigt aber nicht die Bestellung eines Nachtragsliquidators.

OLG Schleswig 2 W 136/99

  • Hinweis an das Registergericht:

    • Das OLG weist das Registergericht darauf hin, dass bei Bedarf ein neuer, geeigneter Abwickler bestellt werden muss.
  • Kostenentscheidung und Wertfestsetzung:

    • Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da die Beteiligten keine gegensätzlichen Anträge gestellt haben.
    • Der Geschäftswert wird auf 3.000 DM festgesetzt.
    • Das OLG weist das Landgericht darauf hin, dass über den Geschäftswert die Kammer für Handelssachen in der Besetzung mit drei Mitgliedern entscheidet.

OLG Schleswig 2 W 136/99

Fazit:

  • Nur der Richter ist zur Ernennung von Nachtragsliquidatoren befugt.
  • Die Bestellung eines Nachtragsliquidators ist nur bei Vorliegen eines konkreten Abwicklungsbedarfs gerechtfertigt.
  • Eine wirksame Vertretung der Gesellschaft im Prozess ist auch nach Löschung im Handelsregister möglich, wenn zuvor eine wirksame Prozessvollmacht erteilt wurde.
  • Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde kann per Telefax eingelegt werden.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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