Online Coaching – Schulung Unternehmer im Steuerrecht
Datum: 29.07.2025
Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 10. Zivilsenat
Entscheidungsart: Hinweisbeschluss
Aktenzeichen: 10 U 42/25
Vorinstanz: Landgericht Düsseldorf, 9 0 111/24
Zusammenfassung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Az.: 10 U 42/25) vom 29.07.2025
Dieser Fall betrifft eine Klage einer Anbieterin von Steuer-Coachings (der Klägerin) gegen einen Betreiber einer IT-Agentur (den Beklagten). Die Klägerin forderte vom Beklagten die Zahlung einer Vergütung in Höhe von 11.896,43 € für ein angeblich gebuchtes Coaching-Programm namens „A.-Gold“ sowie Nebenkosten (Mahn-, Inkasso- und Auskunftskosten) in Höhe von insgesamt 680,40 €.
Der Beklagte bestritt den Vertragsschluss und machte geltend, der Vertrag sei nichtig, da die Klägerin nicht die erforderliche Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) besitze.
Das Landgericht wies die Klage der Coaching-Anbieterin ab.
Das Landgericht sah es als nicht bewiesen an, dass der Beklagte das Coaching tatsächlich gebucht hatte. Die vorgelegten Dokumente (Buchungsbestätigung und „Abschlusszertifikat“ mit digitaler Signatur) wurden als unzureichender Beweis angesehen, da eine qualifizierte elektronische Signatur fehlte und der konkrete Inhalt der Leistung nicht eindeutig feststellbar war.
Die Klägerin legte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung ein. Das OLG Düsseldorf hat durch einen Hinweisbeschluss mitgeteilt, dass es beabsichtigt, die Berufung der Klägerin einstimmig als unbegründet zurückzuweisen.
Ein Hinweisbeschluss bedeutet, das Gericht möchte die Berufung ohne mündliche Verhandlung ablehnen, weil es diese für aussichtslos hält. Die Klägerin erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme.
Das OLG teilt die Meinung der Vorinstanz, dass der Klägerin der Anspruch auf Vergütung nicht zusteht. Auch wenn bereits Zweifel am Zustandekommen des Vertrages bestünden, ist der Dienstleistungsvertrag über das Coaching nach Ansicht des OLG jedenfalls nichtig – und zwar wegen eines Verstoßes gegen das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG).
Das Gericht begründet die Nichtigkeit des Vertrages damit, dass es sich bei dem Coaching um Fernunterricht im Sinne des Gesetzes handelt und die Klägerin unstreitig nicht über die dafür erforderliche staatliche Zulassung verfügt (§§ 12, 7 Abs. 1 FernUSG).
Für die Anwendung des FernUSG müssen laut OLG folgende Merkmale des Coachings erfüllt sein:
Dies wurde bejaht. Der Schwerpunkt des A.-Gold-Programms liegt klar auf der Wissensvermittlung (Online-Module, Videos, Kompendium, Checklisten) und nicht primär auf persönlicher, individueller Beratung.
Dies wurde ebenfalls bejaht. Der Kern der Wissensvermittlung erfolgt über Online-Module und Videos, bei denen keine direkte Kontaktaufnahme möglich ist. Auch wenn Live-Webinare und Präsenztage angeboten werden, ist die Wissensvermittlung überwiegend asynchron (zeitlich und räumlich getrennt).
Auch dieses Merkmal sieht das OLG als gegeben an. Das Gesetz ist hier weit auszulegen, um den Verbraucherschutz zu stärken. Obwohl keine ausdrückliche Lernkontrolle im Vertrag stand, ergibt sich der Anspruch nach Ansicht des Gerichts aus der Gesamtauslegung des Angebots.
Das Angebot eines Premium-Supports mit der Möglichkeit, inhaltliche Fragen zu stellen, wird als ausreichend angesehen, um eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs durch den Teilnehmer herbeizuführen.
Die Bezeichnung der Klägerin als „Online Akademie“ und die Vergabe eines Zertifikats am Ende des Kurses bestärken diese Auslegung.
Das Gericht bestätigt, dass das FernUSG auch für Unternehmen (wie den Beklagten als Betreiber einer IT-Agentur) gilt, nicht nur für private Verbraucher. Dies ist eine wichtige Klarstellung, die das OLG in Anlehnung an ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs trifft.
Da der Vertrag über das Coaching mangels der gesetzlich vorgeschriebenen Zulassung nichtig ist, besteht kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Vergütung oder der Nebenforderungen.
Fazit
Das Urteil des OLG Düsseldorf bestätigt die Relevanz des Fernunterrichtsschutzgesetzes für Online-Coaching-Anbieter, deren Programme überwiegend auf Wissensvermittlung basieren. Auch wenn ein Vertrag als „Coaching“ bezeichnet wird, kann es sich rechtlich um „Fernunterricht“ handeln. Fehlt die erforderliche staatliche Zulassung für solchen Fernunterricht, ist der Vertrag ungültig (nichtig), und der Anbieter hat keinen Anspruch auf Bezahlung.
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