Online Coaching – Zugang zu Lernplattform mit vorproduzierten Lernvideos

November 1, 2025

Online Coaching – Zugang zu Lernplattform mit vorproduzierten Lernvideos

Datum: 10.04.2025
Gericht: Landgericht Köln
Spruchkörper: 30. Zivilkammer
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 30 O 290/24


Urteil des Landgerichts Köln zu einem Coaching-Vertrag (30 O 290/24)

Worum ging es?

Das Urteil betrifft einen Rechtsstreit zwischen einem Kläger und einer Beklagten (einem Unternehmen), die einen Coaching-Vertrag über die Teilnahme an einem Programm zur Gründung eines profitablen Unternehmens im Bereich Z. P. (vermutlich Dropshipping oder Ähnliches) geschlossen hatten.

Der Kläger zahlte bereits 3.346,28 € an die Beklagte und verlangte dieses Geld zurück. Zudem wollte er gerichtlich feststellen lassen, dass der Vertrag ungültig (nichtig) sei und er keine weiteren Zahlungen leisten müsse. Die Beklagte hingegen sah den Vertrag als gültig an und verlangte die ausstehenden Raten.

Vertragsdetails und Klägerstandpunkt

  • Vertragsabschluss: 01.12.2021
  • Gesamtkosten: 7.616,00 € brutto.
  • Leistungen: Zugang zu einer Lernplattform mit vorproduzierten Videos, Zugang zu einer Messenger-Gruppe und die Möglichkeit zur Teilnahme an regelmäßigen Videokonferenzen mit mehreren Teilnehmern, sowie die Unterstützung durch „Experten“ beim Aufbau eines eigenen Unternehmens.
  • Klägerargument: Der Vertrag sei nichtig (ungültig). Hauptgrund: Er falle unter das Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (FernUSG). Da die Beklagte keine behördliche Genehmigung nach diesem Gesetz hatte, sei der Vertrag von Anfang an unwirksam. Der Kläger sah sich als Verbraucher, da er Angestellter war und keine unternehmerische Tätigkeit ausübte, als er den Vertrag schloss.

Standpunkt der Beklagten

  • Die Beklagte sah keine Notwendigkeit einer FernUSG-Genehmigung.
  • Ihre Leistung sei keine Online-Ausbildung, sondern eine Unternehmensberatung zum konkreten Geschäftsaufbau.
  • Sie argumentierte, es ginge nicht um Wissensvermittlung und es sei keine Lernerfolgskontrolle vorgesehen (was aber ein Merkmal des Fernunterrichts ist).
  • Der Kläger sei kein Verbraucher, da er mit unternehmerischer Absicht gehandelt habe.

Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Köln gab dem Kläger größtenteils Recht.

Rückzahlung der bereits gezahlten Beträge

Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung von 3.346,28 € an den Kläger (plus Zinsen).

Begründung: Diese Zahlungen erfolgten ohne Rechtsgrund, da der zugrundeliegende Vertrag nichtig (ungültig) war.

Online Coaching – Zugang zu Lernplattform mit vorproduzierten Lernvideos

Nichtigkeit des Vertrages

Das Gericht stellte fest, dass der Vertrag nichtig ist und der Kläger keine Zahlungsverpflichtung mehr hat.

Zentrale Begründung: Anwendung des FernUSG

Das Gericht sah den Vertrag als einen Fernunterrichtsvertrag im Sinne des FernUSG an, weil alle Voraussetzungen erfüllt waren:

  • Entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten: Dies liegt vor, da Teilnehmer praktische und theoretische Kenntnisse für den Aufbau eines Unternehmens erwerben sollten. Es spielt keine Rolle, ob ein ausgereiftes didaktisches Konzept vorlag.
  • Räumliche Trennung: Die Wissensvermittlung erfolgte per Videokonferenz und online, was eine räumliche Trennung zwischen Lehrenden und Lernenden darstellt. Das Gericht lehnte eine Ausnahme für moderne Videokonferenzen ab, da der Schutz der Teilnehmer (im Vergleich zu Präsenzveranstaltungen) hier besonders wichtig ist.
  • Lernerfolgsüberwachung: Schon die Möglichkeit, in der Messenger-Gruppe oder in den Videokonferenzen Rückfragen zu stellen, um das Gelernte zu überprüfen, erfüllt diese geringe Anforderung an die Lernerfolgskontrolle.
  • Verbraucherstatus des Klägers: Der Kläger wurde als Verbraucher angesehen, da er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Angestellter war und keine unternehmerische Tätigkeit ausübte, auch wenn er mit dem Coaching wirtschaftliche Absichten verfolgte.

Da die Beklagte unstreitig nicht über die erforderliche Genehmigung nach dem FernUSG verfügte, war der Vertrag gemäß § 7 Abs. 1 i. V. m. § 12 Abs. 1 FernUSG nichtig.

Außergerichtliche Anwaltskosten

Der Kläger hatte zusätzlich die Erstattung seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten von 800,39 € gefordert. Diesen Anspruch wies das Gericht ab.

Begründung:

Ein solcher Anspruch besteht nur, wenn der Anwalt zuerst nur außergerichtlich beauftragt wurde. Wenn der Mandant aber von vornherein den unbedingten Auftrag für das gerichtliche Verfahren erteilt hat (was oft der Fall ist, wenn der Anwalt zunächst außergerichtlich zur Vermeidung einer Klage tätig wird), entstehen bereits die Gerichtskosten, und eine zusätzliche Gebühr für die außergerichtliche Tätigkeit fällt weg. Der Kläger konnte nicht beweisen, dass er den Anwalt nur für die außergerichtliche Vertretung beauftragt hatte.

Ergebnis im Überblick (Tenor)

PunktEntscheidung des Gerichts
RückzahlungBeklagte muss 3.346,28 € an Kläger zahlen (plus Zinsen).
VertragDer Coaching-Vertrag ist nichtig; der Kläger hat keine weiteren Zahlungsverpflichtungen.
AnwaltskostenAnspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen.
KostenDie Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits (da sie größtenteils unterlag).

Fazit

Das Urteil ist ein wichtiges Beispiel dafür, dass viele der modernen, hochpreisigen Online-Coaching-Verträge, die Wissensvermittlung und Anleitung zum Geschäftsaufbau anbieten, als Fernunterricht im Sinne des Gesetzes gelten. Fehlt dem Anbieter die notwendige behördliche Genehmigung, ist der gesamte Vertrag ungültig (nichtig). Dies berechtigt den Kunden zur Rückforderung der geleisteten Zahlungen und befreit ihn von weiteren Zahlungsverpflichtungen.

RA und Notar Krau

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