Organhaftung für ausgefallene Kredite Wirecard

Dezember 26, 2024

Organhaftung für ausgefallene Kredite Wirecard

LG München I 5 HK O 17452/21

Wirecard – Zusammenfassung des Teilurteils des LG München I vom 5.9.2024

RA und Notar Krau

Das Landgericht München I hat sich in einem umfangreichen Urteil vom 5.9.2024 mit der Frage der Organhaftung

für ausgefallene Kredite im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal auseinandergesetzt.

Im Fokus standen dabei die Haftung von Vorstandsmitgliedern und Aufsichtsräten für Schäden, die der Gesellschaft

durch die Vergabe von Darlehen und die Zeichnung von Schuldverschreibungen entstanden sind.

Kernaussagen des Urteils:

  1. Haftung des Vorstands:
    • Die Vergabe von Darlehen ohne Sicherheiten ist grundsätzlich pflichtwidrig, insbesondere wenn der Kreditnehmer finanzschwach ist. Dies gilt auch außerhalb des Bankensektors.
    • Jedes Vorstandsmitglied trägt die Verantwortung für die gesamte Geschäftsführung, auch wenn es eine Geschäftsverteilung gibt.
    • In Krisenzeiten, wie bei Wirecard, gelten verschärfte Anforderungen an die Sorgfalt der Vorstandsmitglieder.
    • Der Vertrauensgrundsatz gilt nicht uneingeschränkt, insbesondere wenn es in der Vergangenheit bereits zu Pflichtverletzungen kam.

Organhaftung für ausgefallene Kredite Wirecard

  1. Die Zustimmung zu einem Vertrag ohne Kenntnis des Wortlauts stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung dar.
  2. Auch eine zweckwidrige Verwendung der Darlehensvaluta durch ein anderes Vorstandsmitglied entbindet nicht von der Haftung.
  3. Im Vorfeld von Investitionsentscheidungen ist eine sorgfältige Aufklärung der Entscheidungsgrundlagen erforderlich, wozu auch die Durchführung einer Due Diligence gehört.
  4. Haftung des Aufsichtsrats:
    • Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen, wobei sich die Intensität der Überwachung nach der Lage der Gesellschaft richtet.
    • In Krisenzeiten muss der Aufsichtsrat seine Überwachungspflichten intensivieren.
    • Hat der Vorstand in der Vergangenheit Zustimmungserfordernisse missachtet, muss der Aufsichtsrat auf eine Verschärfung der Zustimmungserfordernisse hinwirken.
    • Eine Kausalität zwischen einer Pflichtverletzung des Aufsichtsrats und dem Schadenseintritt ist nicht immer gegeben.

Konkrete Fallgestaltung:

Im vorliegenden Fall ging es um die Haftung von drei ehemaligen Vorstandsmitgliedern (Bekl. zu 1, 3 und 4) und einem ehemaligen Aufsichtsratsmitglied (Bekl. zu 6) der Wirecard AG.

Der Insolvenzverwalter der Wirecard AG (Kl.) machte geltend, dass die Vorstandsmitglieder bei der Vergabe eines Darlehens über 100 Mio. EUR

an die O. sowie bei der Zeichnung von Schuldverschreibungen ihre Pflichten verletzt hätten.

Organhaftung für ausgefallene Kredite Wirecard

Der Aufsichtsrat habe seine Überwachungspflicht verletzt, indem er nicht auf eine Verschärfung der Zustimmungserfordernisse hingewirkt habe.

Entscheidung des Gerichts:

  • Das LG München I verurteilte die Bekl. zu 1, 3 und 4 als Gesamtschuldner zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 140 Mio. EUR.
  • Die Klage gegen den Bekl. zu 6 wurde abgewiesen.

Begründung:

  • Die Vorstandsmitglieder haben ihre Pflichten verletzt, indem sie das Darlehen ohne Sicherheiten vergeben und die Schuldverschreibungen ohne Due Diligence gezeichnet haben.
  • Der Aufsichtsrat hat seine Überwachungspflicht verletzt, indem er nicht auf eine Verschärfung der Zustimmungserfordernisse hingewirkt hat.
  • Eine Kausalität zwischen der Pflichtverletzung des Aufsichtsrats und dem Schadenseintritt konnte jedoch nicht festgestellt werden.

Fazit:

Organhaftung für ausgefallene Kredite Wirecard

Das Urteil des LG München I zeigt die strengen Anforderungen, die an die Sorgfalt von Vorstandsmitgliedern und Aufsichtsräten gestellt werden.

In Krisenzeiten gelten diese Anforderungen umso mehr.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Das Urteil befasst sich auch mit der Frage der Beweislastverteilung bei der Organhaftung.
  • Es geht zudem auf die Bedeutung der Geschäftsordnung des Vorstands und die Zustimmungserfordernisse des Aufsichtsrats ein.
  • Das Urteil ist für die Praxis relevant, da es wichtige Hinweise zur Vermeidung von Organhaftung gibt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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