Passivlegitimation für Schäden bei „Corona“-Schutzimpfung
Gerne fasse ich das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 19. Juni 2024 (Az.: 3 U 119/23) zusammen.
Dieses Urteil befasst sich mit der Frage, wer haftet, wenn ein Patient nach einer Corona-Schutzimpfung in einer niedergelassenen Arztpraxis einen Impfsachaden geltend macht.
Der Kläger war der Ansicht, dass die impfende niedergelassene Ärztin (Beklagte) für angebliche Behandlungsfehler und unzureichende Aufklärung haftet, die zu einem schweren Gesundheitsschaden (Kardiomyopathie) geführt hätten. Die Kernfrage ist also: Haftet die Ärztin persönlich oder der Staat?
Der Kläger ließ sich im Dezember 2021 in der Praxis der Beklagten, einer niedergelassenen Allgemeinmedizinerin, gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Boosterimpfung mit „spikevax“) impfen.
Er behauptet, durch die Impfung eine schwere Herzerkrankung (dilatative Kardiomyopathie) erlitten zu haben, die eine Herztransplantation notwendig mache.
Er klagt auf Schmerzensgeld (in der Berufung 800.000 €) und die Feststellung, dass die Ärztin für alle weiteren Schäden haftet.
Das Landgericht Dortmund hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen. Es begründete dies damit, dass die Ärztin bei der Impfung nicht privat, sondern hoheitlich, also als „Beamter im haftungsrechtlichen Sinne“ gehandelt habe.
Das OLG Hamm bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies die Berufung des Klägers zurück.
Das Gericht stellte fest, dass die Ärztin und ihre Mitarbeiterin bei der Durchführung der Corona-Schutzimpfung im Dezember 2021 eine hoheitliche Aufgabe im Auftrag des Staates erfüllten und deshalb als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen sind.
Die Bundesregierung hatte die Corona-Schutzimpfung durch die CoronaImpfVO (Impfrechtsverordnung) zur hoheitlichen Aufgabe gemacht, um eine flächendeckende Impfung und damit die Eindämmung der Pandemie zu erreichen.
Anspruch: Jeder Bürger hatte einen gesetzlichen Anspruch auf die Impfung.
Die Organisation, Priorisierung (welche Gruppen wann geimpft werden) und vollständige Finanzierung (zunächst durch den Bund) waren staatlich geregelt.
Die Corona-Impfung unterschied sich von üblichen Schutzimpfungen, bei denen der Staat nur eine Empfehlung ausspricht und der Arzt als Privater haftet. Hier diente die Einbeziehung niedergelassener Ärzte nur als verlängerter Arm des Staates, um das staatliche Ziel zu erreichen.
Aus dieser Einordnung ergibt sich der entscheidende Punkt:
Wenn eine Person eine hoheitliche Aufgabe wahrnimmt und dabei einen Schaden verursacht, greift die sogenannte Staatshaftung nach Artikel 34 GG i.V.m. § 839 BGB.
Das bedeutet: Nicht die handelnde Person (die Ärztin), sondern der Staat (in diesem Fall das Land Nordrhein-Westfalen, da es um Landesrecht geht) haftet für etwaige Fehler.
Die Haftungsübernahme des Staates schließt Direktansprüche des Geschädigten gegen den impfenden Arzt persönlich aus.
Der Kläger muss sich daher an das zuständige Bundesland wenden, um Schadensersatz zu fordern, nicht an die Ärztin.
Das OLG Hamm hielt die Rechtsfrage aufgrund der Vielzahl der Impfungen und der unterschiedlichen Meinungen in der juristischen Fachliteratur für so grundsätzlich bedeutend, dass es die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen hat.
Der Kläger hat die Möglichkeit, beim BGH in die Revision zu gehen, um die höchstrichterliche Klärung der Frage herbeizuführen, ob niedergelassene Ärzte bei den Corona-Schutzimpfungen tatsächlich als „Beamte im haftungsrechtlichen Sinne“ gehandelt haben.
Wenn Sie glauben, durch eine Corona-Schutzimpfung, die 2021 in einer niedergelassenen Praxis durchgeführt wurde, geschädigt worden zu sein (und die Haftung des Arztes beweisen könnten), müssen Sie in Deutschland Ihre Ansprüche nicht gegen den Arzt persönlich, sondern gegen den Staat (das Bundesland) geltend machen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.